Die Freude der Pädagogen ist durch die geöffneten Fenster des Großen Sitzungssaales zu hören. Vor wenigen Minuten hat an diesem Dienstagabend der Gemeinderat der August-Lämmle-Schule (ALS) den Weg als Gemeinschaftsschule geebnet.

Leonberg - Die Freude der Pädagogen ist durch die geöffneten Fenster des Großen Sitzungssaales zu hören. Vor wenigen Minuten hat an diesem Dienstagabend der Gemeinderat der August-Lämmle-Schule (ALS) den Weg als Gemeinschaftsschule geebnet. Die Lehrer, die die Zuschauerbänke gut gefüllt hatten, verlassen den Ratssaal, um draußen ihre Genugtuung auszuleben.

 

Denn dass die im Ramtel ansässige Werkrealschule tatsächlich das Rennen um die erste Leonberger Gemeinschaftsschule macht, war im Vorfeld keineswegs ausgemacht. Auch die Gerhart-Hauptmann-Realschule hatte sich um diesen Status beworben. Ihr Argument: bei uns können die Schüler direkt Abi machen.

Zuletzt gab es in der Kommunalpolitik starke Kräfte, die eine Entscheidung erst nach den Sommerpause treffen wollten. Erst müssten weitere Direktiven aus dem Kultusministerium kommen, welche genauen Kriterien denn nun für eine Gemeinschaftsschule gelten würden.

Der Oberbürgermeister plädiert im Rat ebenso für ein späteres Votum. Ausgerechnet die zu Auswahl stehenden Schulen haben derzeit keinen Direktor, erklärt Bernhard Schuler. „Deshalb ist es nicht ratsam, die einzige Haupt- und Realschule in eine Gemeinschaftsschule umzuwandeln.“

Axel Röckle liefert weitere Argumente, die aus seiner Sicht für eine spätere Entscheidung sprechen. Zwar haben beide Schulen ein Konzept, sagt der Fraktionschef der Freien Wähler, die Landesregierung aber nicht. „Die große Politik sagt uns nicht, was sie will. Die Zusatzkosten und der Platzbedarf sind völlig unklar. Die Schulleiterstellen sind vakant.“ Ohne diese Punkte geklärt zu haben, könne man kein Urteil treffen, meint Röckle. „Und für politische Experimente sind uns unsere Kinder zu schade.“

Ähnlich sieht es sein FDP-Kollege Dieter Maurmaier. „Kluge Entscheidungen können nur bei ausreichender Kenntnis über deren Auswirkungen getroffen werden“, sagt der Liberale und sieht keinen Grund zur Eile: „Ein Votum ist problemlos Ende September möglich.“ Denn erst im Oktober muss die Stadt die Gemeinschaftsschule beim Land beantragen. Maurmaier sieht ein ganz anderes Defizit in der Leonberger Schulpalette: ein G 9-Gymnasium fehlt.

Doch all diese Argumente können die Befürworter einer Gemeinschaftsschule nicht umstimmen. „Wir wollen ein zusätzliches Angebot schaffen, das hilft unseren Kindern“, erklärt Christa Weiß. Die Vorsitzende der SPD-Fraktion bekennt sich klar zur August-Lämmle-Schule, deren Lehrer schon jetzt mit hoher Motivation ein integratives Konzept verfolgen würden, das längeres gemeinsames Lernen enthalte.

„Diese Motivation müssen wir erhalten“, sagt die Sozialdemokratin. „Wir wollen nicht aussitzen, sondern entscheiden.“ Ihre Fraktion beantragt, dass die ALS zum Schuljahr 2014/15 den Status einer Gemeinschaftsschule erhält.

Lobende Worte für die pädagogische Arbeit im Ramtel hat auch Elke Staubach. „Wir wollen, dass die August-Lämmle-Schule die Chance bekommt, ihr Konzept als Gemeinschaftsschule weiter auszubauen“, erklärt die Chefin der CDU-Fraktion. „Eine breite Mehrheit von uns wird daher den SPD-Antrag unterstützen.“

Trotzdem findet die Christdemokratin kritische Worte für die Schulpolitik der grün-roten Landesregierung. Dadurch, dass Eltern den weiteren Weg ihrer Kindern nach der Grundschule nun selbst bestimmen könnten, werde der Zulauf auf die Gymnasien immer größer. Gut laufende Realschulen und auch Berufliche Gymnasien geraten in Staubachs Augen in echte Existenznöte. „Es wäre schade, wenn die ALS dem Ganzen zum Opfer fällt.“

Bernd Murschel widerspricht der Befürchtung, dass durch eine jetzige Entscheidung unverrückbare Fakten geschaffen werden. „Hier wird nicht das Wohl und Wehe der Schüler zementiert“, sagt der Chef der Gabl-Fraktion. „Aber wir wollen ein attraktives Angebot für unsere Stadt schaffen. Wir wollen Bildungschancen ermöglichen, die unabhängig von der sozialen Herkunft und vom Geldbeutel sind.“

Am Ende entscheidet sich der Gemeinderat recht deutlich mit 22 Stimmen für eine Gemeinschaftsschule in der ALS. Sieben sind dagegen, vier enthalten sich.

Die Stadtverwaltung muss die Gemeinschaftsschule und deren finanzielle Förderung spätestens im Oktober beim Regierungspräsidium beantragen.

„Die Kollegen hier sind sehr enttäuscht“, sagt Bernd Schneider, der stellvertretende Leiter der unterlegenen Gerhart-Hauptmann-Realschule. „Aus meiner Sicht ist der Prozess schlecht gelaufen, die Umfrage bei den Eltern wurde ignoriert.“

Ob seine Schule im kommenden Jahr erneut einen Antrag stellen wird, lässt Schneider momentan offen. Sicher ist er sich jedoch mit einer Sache: „Die ALS wird es schwer haben, genug Schüler zu finden.“

Im Ramtel ist die Freude groß: „Die Lehrer haben sich untereinander per SMS aktuell informiert. Wir sind sehr glücklich über die Entscheidung“, sagt ALS-Schulleiter Philipp Steinle. „Das Votum bringt uns großes Vertrauen entgegen.“