Ein brennender Christbaum hat den schrecklichen Brand am Dreikönigstag in einem Wohnhaus am Nordhang des Engelbergs verursacht. Das bestätigten Polizei und Staatsanwaltschaft auf Nachfrage unserer Zeitung.

Leonberg - Im Wengert, am Tag danach. Dort wo der Eingang des Hauses war, versperrt ein Gitterzaun den Weg. Auch der Garten ist mit provisorischen Absperrungen umringt. Die abgebrochenen Teile des Daches sind mit einer Plastikplane geschützt. Die Sonne scheint, die Stimmung könnte beinahe friedlich genannt werden.

 

Gut 24 Stunden zuvor wütete hier ein Feuer, für das der Begriff Inferno vielleicht überzogen ist, das gleichwohl aber in seiner Intensität besonders heftig war.

Vom Erdgeschoss breiteten sich am Morgen des Dreikönig-Tages die Flammen in Windeseile aus. Ein Ehepaar, das dort zur Miete wohnt, rettete sich in Schlafkleidung ins Freie. Auch dem 82-jährigen Hauseigentümer, der offenbar in der Küche war, gelang die Flucht nach draußen.

Frau erstickt an den giftigen Dämpfen

Seiner Frau konnte er nicht mehr helfen. Die Feuerwehrmänner fanden die 79-Jährige im Obergeschoss leblos neben ihrem Bett. Erstickt an giftigen Dämpfen, wie sich später herausstellte.

Fast pausenlos haben die Rettungskräfte am Feiertag gearbeitet: Die Feuerwehren aus Leonberg und Gerlingen, Helfer des Roten Kreuzes. Sogar das Technische Hilfswerk musste anrücken. War doch nicht auszuschließen, dass das durch Flammen und Löschwasser stark beschädigte Gebäude in sich zusammenbricht.

THW schleppt Balken zur Brandstelle

„Gemeinsam mit den Kameraden von den Feuerwehr haben wir beschlossen, die Decken des Erdgeschosses komplett abzustützen“, berichtet der THW-Zugführer Stefan Neininger. Keine leichte Aufgabe. Die kleine Straße am Nordhang des Engelbergs war für die Transporter zu eng. Die 16 THW-Leute mussten die jeweils fünf Meter langen Stützbalken zu Fuß zum Unglücksort bringen. Bei den Arbeiten im Haus hatten sie Gasmasken auf.

Dass der Brand sich in einer derartigen Geschwindigkeit ausbreiten konnte, ist für die Leonberger Feuerwehrführung auch am Mittwoch ein Rätsel. Nur sieben Minuten hatten der Einsatzleiter Marcus Kucher und seine 65 Leute gebraucht, nachdem am Dienstag um 7.49 Uhr der Alarm ausgelöst wurde. Doch da stand das Erdgeschoss schon lichterloh in Flammen.

„Ein Vollbrand in solch einer kurzen Zeit ist wirklich unverständlich“, sagt der Gesamtkommandant der Leonberger Feuerwehr, Wolfgang Zimmermann.

Der 82-jährige Hausbesitzer hat am Dienstagmorgen die echten Wachskerzen am Weihnachtsbaum entzündet, um sie herunterbrennen zu lassen. Danach ist er offenbar in die Küche gegangen. In dieser Zeit muss der Baum Feuer gefangen haben. Die Flammen hatten sich in rasender Geschwindigkeit ausgebreitet.. „Das Feuer muss sich derart schnell ausgebreitet haben, dass er keine Chance mehr hatte, zu seiner Frau vorzudringen“, sagt Zimmermann. Doch die hätte sich theoretisch auch selber retten können. Die Balkontüre war nur vier Meter vom Bett entfernt. Eine Strecke, die selbst ein gehbehinderter Mensch schaffen kann.

Dass die 79-Jährige wach war, steht für den Feuerwehr-Chef außer Frage. Noch eine halbe Stunde vorher, so berichtet Zimmermann, hatte eine Mitarbeiterin der Sozialstation die alte Dame versorgt.

„Offenbar muss sie von den Flammen im Erdgeschoss nichts mitbekommen haben“, erklärt Zimmermann. „Ein Rauchmelder hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Leben gerettet.“ Nicht umsonst wirbt die Leonberger Feuerwehr seit Langem für Rauchmelder.

Wer bezahlt?

Trotz der in Baden-Württemberg geltenden Rauchmelder-Pflicht: negative Auswirkungen auf die Schadensregulierung hat ein fehlendes Alarmgerät nicht. „Beim Rauchmelder geht es darum, Schäden von Menschen abzuwenden“, erklärt eine Sprecherin der HDI-Versicherung auf Anfrage. „Die Hausratversicherung hat damit nichts zu tun.“ Freilich komme es darauf an, in welcher Form das Haus und die Einrichtung versichert sind. Bei einem entsprechenden Vertrag, so erläutert die Versicherungsfachfrau, sind auch mögliche Unterbringungskosten abgedeckt, wenn ein Haus nicht mehr bewohnbar ist.

Im Falle des Anwesens in der Straße Im Wengert dürfte das der Fall sein. „Da ist nicht mehr viel zu machen“, urteilt der Feuerwehr-Kommandant Zimmermann. „Das Haus muss wohl abgerissen werden.“

Umso dringlicher stellt sich für die Geretteten die Unterkunftsfrage. Der betagte Hausbesitzer ist nach Angaben der Stadtverwaltung bei Verwandten untergekommen. Und das Ehepaar, das Im Wengert zur Miete gewohnt hat, hat bei Freunden ein Obdach gefunden. Der städtische Sozialdienst will ihnen eine Übergangswohnung anbieten. „Darauf haben sie einen Anspruch“, sagt Jürgen Rein von der Stadt.

Wohnung war frisch saniert

Erst im vergangenen Jahr waren sie in die frisch renovierte Wohnung eingezogen. Alle Ersparnisse hatten sie in das Mobiliar investiert. Zu den Vermietern hatten die beiden einen guten Kontakt, gingen ihnen in Haus und Garten zur Hand. Fast schien ein Traum in Erfüllung gegangen zu sein.

Hilfe bei der Haus- und Gartenarbeit

„Jetzt sind sie mit den Nerven völlig am Ende“, beschreibt Gunter Schulte den Gemütszustand des Ehepaares. Der Freund hat sie aufgenommen und will bei der Suche einer neuen bis zu 90 Quadratmeter großen Wohnung helfen. „Vielleicht ergibt sich eine Situation wie bisher, bei der ein älterer Vermieter bei der Haus- und Gartenarbeit unterstützt wird.“ Könnte das Paar doch angesichts der anstehenden Belastungen durch die Brandschäden nicht mehr als 700 Euro Miete aufbringen. Interessenten können sich bei Gunter Schulte, Telefon 01 51 / 61 52 48 26, melden.