Die Harfenspielerin Jule Beck aus Ebersbach-Roßwälden, ist die JUMP-Preisträgerin, den der Förderverein „Jugend Musik Preis Leonberg“ zum fünften Mal vergibt. Sie wird im November in der Stadthalle musizieren.

Leonberg/Ebersbach - Sie hat Kopf, Hals, Knie und Füße. Kann wundervolle Naturstimmungen heraufbeschwören, säuseln wie der Wind oder perlen wie sanftes Wassergetröpfel. „In ihren höchsten Tönen kann sie uns mit feinem, kristallhellem, herrlich frischem Klang die süßesten Geheimnisse holder Melodien ins Ohr flüstern“, hat Hector Berlioz einmal über die Harfe gesagt, während die tiefen Saiten mit ihrem geheimnisvollen, umschleierten Ton die Nachtseite der Seele repräsentierten.

 

Jule Beck spielt Harfe. So schön, dass sie 2014 beim Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“ den ersten Preis gewonnen hat. So schön, dass sie vom Förderverein „Jugend Musik Preis Leonberg“ zur Preisträgerin auserkoren wurde. Am 13. November spielt die junge Harfenistin bei der Preisverleihung in der Stadthalle.

Jule Beck hat sich schon als kleines, sieben Jahre altes Mädchen bei einem Konzert in dieses so schöne wie sperrig-schwere Instrument verliebt. Sofort wollte die Schülerin, die in Ebersbach-Roßwälden unweit von Göppingen mit ihren Eltern und zwei Schwestern lebt, Harfenunterricht. Die Eltern hatten indes Einwände. „Mein Papa, der gern ACDC oder Pink Floyd hört, fand, Harfen seien Oma-Instrumente“, erinnert sich Jule schmunzelnd, „und meine Mama hat sich Gedanken wegen des teuren Instruments und des Unterrichtsorts gemacht.“ Deswegen hatte Jule, die nächstes Jahr ihr Abitur an der Schorndorfer Waldorfschule macht, zunächst zwei Jahre lang Unterricht auf der kleineren Leier.

Mit zehn Jahren fängt sie an zu spielen

Den ersten richtigen Harfenunterricht bekam Jule mit zehn Jahren bei Eva Maria Bredl. Bei ihr hat sie bis zu ihrem ersten Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“ im Jahr 2011 gelernt. Zunächst auf der keltischen Hakenharfe, die ihr Vater ihr eigens gebaut hatte. Dann auf einem Einfach-Pedal-Instrument und schließlich auf der 47-saitigen Konzertharfe, einem Doppelpedal-Instrument. Seit 2011 wird Jule von Gisèle Herbet an der Hochschule für Musik in Würzburg als Jungstudentin unterrichtet. Dorthin ist sie seither jeden Samstag mit dem Zug gefahren – allein die Fahrt dauert mit Hin- und Rückweg sieben Stunden.

Von Anfang an hat die 19-Jährige Preise eingeheimst: Etwa den ersten Platz beim Kirchheimer Musikpreis 2009 sowie beim Internationalen Wettbewerb der Harp Academy in Bremen 2010 und 2011. Außerdem wurde die Harfenistin, wie es offiziell heißt, vom Bundesbildungsministerium zweimal zum „Tag der Talente“ nach Berlin eingeladen. Sie durfte vor zwei Jahren gemeinsam mit einigen ausgewählten Musikern des Landesjugendorchesters Baden-Württemberg in Stuttgart bei der Feier zum Tag der Deutschen Einheit vor der Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten spielen. Sie war gefragt für die Filmmusik des Berlinale-Kurzfilms „War is over“.

Im Radio und im Konzertsaal

Man hat Jule Becks Harfenspiel schon im SWR 2 hören können, in der Stuttgarter Liederhalle und bei Hochschulkonzerten. „Die sind besonders aufregend, weil da immer so furchtbar viele Professoren da sind“, findet Jule, die moderne Harfenstücke nicht schätzt. Zwei Jahre lang hat sie im Landesjugendorchester gespielt, jetzt „nur“ noch in der Jungen Waldorf-Philharmonie und dem Christophorus-Orchester. Schließlich musiziert Jule Beck auch noch häufig bei Vernissagen, Hochzeiten, Firmenfesten – und auf der Straße.

Schon als 13-Jährige versuchte Jule ihr Glück mit der Straßenmusik. „Mir war als Kind wenig peinlich, und ich wollte ein bisschen Geld verdienen“, erzählt sie. Den Papa und sein großes Auto brauchte die junge Musikerin zwar dazu, weil sie selbst ihre „kleine“ Hakenharfe, mit der sie gern irische Weisen spielt, nicht alleine transportieren konnte. Besonders als sie noch ein Kind war, erinnert sich Mama Kerstin Beck, sei der „Süßfaktor“ bei der Straßenmusik schnell zum Tragen gekommen. So ein süßes kleines Mädchen! Und so schöne Töne! Das brachte Geld in die Kasse. Geld für ein sehr teures Instrument.

Den Kredit dafür zahlt Jule selbst von ihren Einnahmen ab. Auch Taschengeld hat sie von ihren Eltern noch nie eingefordert, ebenso wie ihre Zwillingsschwester Inken und die kleine Rieke.

„Ich kann viel aushalten“

Die Mutter Kerstin Beck ist der stressige, vollgestopfte Alltag von Jule, die täglich zwei Stunden musizieren sollte, manchmal unheimlich. „Ich denke oft, ihr Pensum würde bei einem Erwachsenen zum Burn-out führen“, sagt sie. Aber Jule will es so: „Ich bin ehrgeizig, beiße gern, will alles so gut wie möglich machen und kann viel aushalten.“ Vor einiger Zeit hat sie sich zwischen Harfenspiel und Karatesport entscheiden müssen, weil beides zeitlich nicht mehr ging. Sie hat sich vom Kampfsport verabschiedet, in dem sie es auch schon recht weit gebracht hatte. Wie es mit der Musik weitergehen soll, weiß Jule Beck nicht. Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihrer großen Liebe zur Harfe und dem Wissen, dass Musiker oft ziemlich kleine Brötchen backen müssen.

Ob sie Musik studieren wird? Sie weiß es nicht. Den Vorschlag ihrer Mutter, das Harfe spielen nur noch als schlichtes Hobby zu betreiben, hat sie jedenfalls ebenso wenig angenommen wie jenen ihrer Professorin, sich ohne Abitur ganz in die Musik zu stürzen. Jule Beck will alles. Und bekommt jetzt erst einmal den Jugend-Musik-Preis Leonberg überreicht.