Den Vorständen fallen Steine vom Herzen: Mit sehr deutlichen Mehrheiten machen die Mitglieder beider Klubs den Weg frei für einen Großverein.

Leonberg - Es ist kurz vor 22 Uhr, als Harald Hackert von der Bühne im großen Saal der Stadthalle geht und von seiner Mutter umarmt wird. „Es ist überwältigend“, sagt der Vorsitzende der Turn- und Sportgemeinschaft Leonberg, einem Verein, den es eigentlich in diesem Moment schon gar nicht mehr gibt.

 

Haben doch eine Stunde zuvor 252 der 292 anwesenden Mitglieder für eine Fusion mit dem TSV Eltingen gestimmt. Nur 34 waren dagegen, fünf haben sich enthalten, eine Stimme war ungültig. Damit haben 88,1 Prozent Ja zum neuen Großverein gesagt, der am 1. Januar 2018 als SV Leonberg/Eltingen zu existieren beginnt.

Die Vereine tagen zeitgleich

Denn auch beim TSV Eltingen sind zeitgleich die Weichen gestellt worden. Von den 76 Delegierten, die sich im kleineren Saal treffen, stimmen 72 für die Fusion. Das sind 94,7 Prozent. Damit haben beide Vereine die nötige Dreiviertel-Mehrheit deutlich überschritten.

Während der TSV-Chef Michael Hager nach dem Abstimmungs-Coup zufrieden lächelnd die Glückwünsche entgegennimmt, ist seinem TSG-Kollegen die Anspannung noch anzumerken. Mussten er und seine Stellvertreterin Michaela Feller noch ein weiteres Basisvotum überstehen: die Zustimmung, das angestammte Vereinsgelände in der Strohgäustraße verkaufen zu dürfen. Auch hier gibt es mit 85,9 Prozent ein überraschend eindeutiges Ergebnis. Hackert räumt ein: „So klar hatte ich es nicht erwartet.“

Kritik an den Kritikern

Zum Auftakt hat der TSG-Vorsitzende freilich alles dran gesetzt, um die Mitglieder auf Fusionskurs zu bringen. Er würdigt das Engagement beider Vorstände, das „bis an die Schmerzgrenze“ gegangen sei. Und er verteidigt die Absicht, für den Großverein ein modernes Sportzentrum zu bauen, das nach jetzigem Stand rund elf Millionen Euro kosten wird: „Unsere Sportler dürsten nach einer modernen Sportstätte, auch für die Nachfolgegenerationen.“

Dann rechnet Hackert mit seinen Kritikern ab: Einem Vereinsaktiven, der sich in zwei Leserbriefen negativ zur Fusion und dem Bauvorhaben geäußert hatte, wirft der Vorsitzende vor, „in Heckenschützenmanier Halbwahrheiten“ verbreitet zu haben. Die Vorstände hätten vielmehr „Anspruch auf Respekt“. Und dass hauptamtliche Vereinsmitarbeiter beleidigt worden seien, sei „inakzeptabel“. Die Basis quittiert die Attacken mit verhaltenem Beifall.

„Die TSG wird verschwinden“

Harald Hackert versichert, dass sich durch den Zusammenschluss weder für die Mitglieder noch für die Partner etwas ändern würde. Alle Verträge würden übernommen, die Gaststätten bis zu einem möglichen Verkauf des Vereinsgeländes weitergeführt: Der Sportbetrieb laufe normal. Auch der Status der Ehrenmitglieder bleibe. Da der mitgliederstärkere TSV Eltingen in der Übergangsphase der aufnehmende Verein sei, gelte dann das dortige Delegiertensystem. Werde aber die Fusion scheitern, so prophezeit Hackert ein düsteres Szenario: „Einige unserer Abteilungen werden zum TSV abwandern. Die TSG wird aus der Sportlandschaft verschwinden.“

In einem wissenschaftlich anmutenden Fachvortrag versucht der Schatzmeister Klaus-Michael Schwörer die Kritik zu entkräften, dass die TSG der reichere Verein sei, der eine Fusion nicht nötig habe. Der TSV (2910 Mitglieder) hat 566 000 Euro Schulden, dafür ein Anlagen- und Barvermögen von knapp 1,6 Millionen Euro. Bei der kleineren TSG (1588 Mitglieder) liegen die Schulden bei 288 000 Euro, das Haben bei 771 000 Euro. An der Verschuldung pro Mitglied (TSG 181, TSV 194 Euro) sei erkennbar, dass die Vereine entsprechend ihrer Größenordnung auf Augenhöhe sind.