Fünf Läden des Einkaufszentrum Leo-Center erhalten Fairtrade-Urkunden, weil die fair gehandelten Kaffee, Tee oder Kleidung verkaufen. Doch die Kunden bemängeln Transparenz der Siegel.

Leonberg - Hier gibt es die goldigsten Fairtrade-Artikel.“ Der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid ist entzückt, als ihm Petra Franke, die Filialleiterin von Buch Röhm im Leo-Center, eine Kuschelpuppe zeigt. Der graue Hase ist aus fair gehandelter Baumwolle hergestellt. „Hier wird man schon in der Wiege mit der Thematik konfrontiert“, sagt Vonderheid. Der Erste Bürgermeister ist im Leo-Center unterwegs und verteilt Fairtrade-Urkunden an fünf Geschäfte. Neben Buch Röhm sind dies Edeka Baisch, das Reformhaus Godel, Tee Gschwender und die Coffreez Coffeebar. „Sie haben alle dazu beigetragen, dass Leonberg 2013 Fairtrade-Stadt wurde“, sagt Vonderheid.

 

Dafür müssen die Geschäfte mindestens zwei Produkte mit anerkanntem Siegel im Sortiment führen. Bei Edeka Baisch gibt es etwa fair gehandelte Rosen, Kaffee, Trinkschorle oder auch den Brotaufstrich mit dem Namen „It’s my life“. Auch im Reformhaus Godel reichen zwei Hände nicht aus, um die insgesamt 20 bis 30 fair gehandelten Produkte zu zählen. Hier reicht das Angebot von verschiedenen Kokosprodukten bis hin zu den Klassikern Kakao, Schokolade und Kaffee. Der Betreiber der Coffreez Coffeebar, Joachim Wezel, hat sich auf Eigeninitiative bei der Steuerungsgruppe gemeldet. Der Fairtrade-Aktivist beschäftigt sich schon lang mit dem Thema und bietet Kaffee, Tee und Schokolade aus fairem Handel an.

„Viele denken, dass Fairtrade-Sachen künstlich teuer sind. Doch man muss sich nur das Beispiel Kaffee anschauen. Das sind unfassbar viele Arbeitsschritte, bis der in unseren Kaffeetassen landet“, merkt der Erste Bürgermeister an. „Wenn man beispielsweise das Gehalt eines Kaffeebohnenpflückers verdoppelt, kostet uns das hier bei einem Pfund Kaffee höchstens zehn Cent.“Es sei wichtig, dass die Leute, die am Beginn einer Wertschöpfungskette stehen, auch den entsprechenden Lohn bekommen. Das sei der Fairtrade-Gedanke. „Viele sympathisieren mit dem Mindestlohn. Und der heißt ja auch nichts anderes, als gerechten Lohn für vernünftige Arbeit zu erhalten.“

Begleitet wird Vonderheid bei seinem Rundgang durch das Leo-Center von Maria Zundel vom Eine-Welt-Laden, Jutta Metz und Rüdiger Beising als Vertreter des Gemeinderats und Center-Manager Lukas Rottmann. Dieser freut sich über die vielen Urkunden. „Dem Fairtrade-Gedanken stehen wir sehr offen gegenüber und wollen ihn weiterverfolgen. „Wir sind sehr stolz, dass es fünf Mieter geschafft haben, das Siegel zu erhalten“, sagt Rottmann. Auch Gerlinde Mundinger von Tee Gschwender verkauft bereits seit etwa drei bis vier Jahren sozial und ökologisch nachhaltig hergestellte Produkte. Eine der zwei für das Siegel ausschlaggebenden Teesorten ist ein Grüntee aus Indien. „Die Nachfrage ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, meint Mundinger.

Doch stimmt das wirklich? Und wie denken die Leonberger wirklich über Fairtrade? Die 53-jährige Claudia Mayer, eine Kundin des Leo-Centers, achtet bei ihrem Kauf besonders auf die Siegel. „Mir ist wichtig, dass die Leute für ihre Arbeit einen fairen Lohn bekommen“, sagt sie. Den etwas teureren Preis nimmt sie dafür gerne in Kauf. Wenn es in einem Laden jedoch nichts aus dem fairen Handel zu kaufen gebe, greife sie aus Gewohnheit auch auf andere Waren zurück.

Dieter Henssler, 65 Jahre, ist mit dem Produktangebot in Leonberg und Eltingen zufrieden. Gemeinsam mit seiner Frau kauft er oft Fairtrade-Produkte wie Kaffee oder Schokolade. Das Thema sei aber sehr umstritten, meint er. „Man weiß nicht, ob das Geld wirklich bei den richtigen Leuten ankomme.“

Auch Nadja Tjukov ist skeptisch. Die Ungewissheit, ob das Geld auch wirklich bei den armen Kakaobauern und sonstigen Beschäftigen landet, hält die 48-Jährige davon ab, zu diesen Produkten zu greifen. Der Preis ist also selbst bei den sparsamen Schwaben nicht das größte Hindernis, sondern vielmehr die Unsicherheit durch zu wenig Transparenz hinsichtlich des Produktionsweges.