Weil er 100 Euro aus dem Spind eines Kollegen geklaut hat, während der unter der Dusche stand, wird ein 30-jähriger Weil der Städter zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt.

Leonberg - Ein 30-Jähriger will einen dunkel gekleideten Mann mit Mütze gesehen haben, wie sich dieser am Spind seines Arbeitskollegen zu schaffen gemacht hat. „Reine Schutzbehauptung“, befindet die Richterin am Leonberger Amtsgericht und verdonnert den Weil der Städter wegen Diebstahls zu einem saftigen Bußgeld.

 

Es schien, als konnte er es kaum abwarten, bis der Staatsanwalt am Ende der Anklageschrift angekommen war. „Der Vorwurf ist komplett an den Haaren herbeigezogen“, sagte der Weil der Städter über den Vorfall im vergangenen Februar und schüttelte dabei den Kopf. Damals soll er seinem Arbeitskollegen in einer Renninger Firma zwei 50-Euro-Scheine aus dem Geldbeutel in dessen Spind gestohlen haben, als dieser nach seiner Schicht unter der Dusche stand. Doch dem angeklagten Produktionsmitarbeiter zufolge handele es sich um eine Verwechslung. Denn nicht er habe das Geld gestohlen, sondern ein dunkel gekleideter Unbekannter. „Als ich mich für die Frühschicht umgezogen habe, habe ich im Augenwinkel einen Schatten wahrgenommen“, sagte der 30-Jährige vor Gericht, der sich an eine schwarze Mütze und eine dunkelblaue Jacke erinnern will. Wer durch den schmalen Gang mit ihrer Spindreihe gelaufen sei, habe ihn nicht sonderlich interessiert. „Morgens um sechs ist man mit sich selbst beschäftigt“, erklärte der Mann und beteuerte weiter seine Unschuld.

Gemeinsame Suche bleibt erfolglos

Viel mehr sei ihm daran gelegen gewesen, der Sache auf den Grund zu gehen. „Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen die Umkleideräume abgesucht“, berichtete der Weil der Städter. Doch von dem vermeintlichen Dieb sei weit und breit nichts zu sehen gewesen. Am Ende habe er sogar vorgeschlagen, die Polizei zu rufen, was sein Arbeitskollege aber abgelehnt habe. Nach einem Gespräch mit dem Vorgesetzten habe der 30-Jährige nichts mehr von ihm gehört. „Dann aber kam der Strafbefehl mit der Post“, sagte der Angeklagte.

Für seinen Arbeitskollegen war es eine klare Sache. „Als ich aus der Dusche kam, stand er direkt vor meinem geöffneten Spind!“, sagte der 60-Jährige. Auf seine Frage hin, was er denn da zu suchen habe, habe der Angeklagte dann die Geschichte mit dem Unbekannten aufgetischt. „Beim Schichtwechsel sind wir morgens schon mal bis zu 150 Leute in der Umkleide, aber in die Firma kommt man nur mit einer Chipkarte rein“, sagte der Mann aus Calw.

Die Vorsitzende Amtsrichterin Jasmin Steinhart hielt die Aussage des Angeklagten für eine „reine Schutzbehauptung“. „Ihre Geschichte mit dem Unbekannten ist völlig unglaubwürdig“, befand sie. „Sie wurden vor dem Spind fast in flagranti erwischt.“ Mit der angebotenen Hilfe, die Umkleide abzusuchen, habe er lediglich über seine Beteiligung hinwegtäuschen wollen. 40 Tagessätze zu je 30 Euro lautete am Ende das Strafmaß für den Langfinger. Dass die Richterin ihm kein Glauben schenkte, lag nicht zuletzt auch daran, dass der Mann schon einmal wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt worden war.

Angeklagter ist einschlägig vorbestraft

Das Gericht ging damit über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus – diese hatte nur für eine Geldbuße in Höhe von 900 Euro plädiert. Der Anwalt des 30-jährigen Weil der Städters hatte einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert. „Es steht Aussage gegen Aussage“, erklärte dieser in seinem Schlusswort. Zugleich bemängelte er, dass die Polizei am Tatort keine Spurensicherung durchgeführt habe. „Diese Ermittlungsfehler kann man meinem Mandanten nicht zur Last legen“, befand er.

Übrigens: Der Beklaute hat aus der Geschichte seine Lehre gezogen: Nach 26 Jahren Betriebszugehörigkeit schließt der Mann eigener Aussage nach jetzt immer ordnungsgemäß seinen Spind ab.