Der Chef eines nicht gerade homogenen Landkreises wird am heutigen Freitag 60 Jahre alt. Ein Blick auf das Wirken Roland Bernhards aus der Altkreis-Perspektive.

Leonberg/Böblingen - Es mutet schon wie die sprichwörtliche Ironie des Schicksals an, wenn Roland Bernhard ein Projekt verteidigen muss, von dessen Sinnhaftigkeit der Landrat vor drei Jahren selbst nicht überzeugt war. Doch dass Christopher Hermann, der Chef der baden-württembergischen AOK, die Sanierungen der Krankenhäuser in Leonberg und Herrenberg öffentlich in Frage stellt, sie gar mit „Wald- und Wiesenkliniken“ vergleicht, das will sich Bernhard nicht bieten lassen.

 

„Ich brauche keine klugen Ratschläge“

„Ich brauche keine vermeintlich klugen Ratschläge“, giftet Bernhard an die Adresse Hermanns. Ist doch der AOK-Chef nicht etwa Mediziner, sondern so wie Bernhard Jurist. Und daher zumindest qua Ausbildung nicht unbedingt prädestiniert, die medizinischen und wirtschaftlichen Qualitäten eines einzelnen Krankenhauses kompetent zu beurteilen.

Da hat Bernhard schon den größeren Einblick: „Leonberg ist ein leistungsfähiger Versorger im Ballungsraum“, lobt er die medizinischen Erfolge der jüngsten Zeit, die durch zusätzliche Patienten auch die Zahlen besser aussehen lassen.

Das war nicht immer so. Noch vor knapp vier Jahren vertrat Bernhard mit Verve das sogenannte Teamplan-Konzept für den Klinikverbund, das nahezu alle medizinischen Leistungen in einem Klinikneubau in Böblingen bündeln wollte. Die Standorte Herrenberg und Leonberg wären demnach bessere Notfallpraxen gewesen.

Demos und Unterschriften fürs Krankenhaus

Der drohende Wegfall von ganzen Abteilungen einschließlich ihrer Chefärzte stieß nicht nur in Leonberg, sondern im ganzen Altkreis auf heftigen Widerstand. Vor drei Jahren gab es Demos, die Patientin Martina Gerhold sammelte quasi im Alleingang gut 30 000 Unterschriften für die Klinik.

In der politischen Auseinandersetzung setzte sich der Oberbürgermeister an die Spitze der Bewegung. Das nie spannungsfreie Verhältnis zwischen Bernhard Schuler und Roland Bernhard kühlte zusehends ab. Der OB drohte gar mit einem Ausstieg des Krankenhauses aus dem Klinikverbund. Das Robert-Bosch-Krankenhaus war am Standort Leonberg sehr interessiert.

Persona non grata am Engelberg

Bernhard geriet am Engelberg zur persona non grata. Fuhr er beim Pferdemarktumzug stets auf der Kutsche des OB mit, so musste er vor drei Jahren mit dem Wagen des Ersten Bürgermeisters vorlieb nehmen. Selbst dass Bernhard aufs Wengerterfest eingeladen wurde, stieß auf Kritik.

Hinter den Kulissen wurde derweil heftig um die Zukunft des Krankenhauses gerungen. Zwei Chefarztstellen waren 2014 vakant. Die Leonberger Kommunalpolitiker kämpften mit Unterstützung der Kollegen aus dem Umland für deren Wiederbesetzung. Tatsächlich wurden mit Michael Sarkar und Barbara John zwei versierte Chefärzte für die Unfallchirurgie und die Gastroenterologie gefunden.

Der in und um Leonberg so ungeliebte Landrat nutzte die Verpflichtung der beiden Topmediziner als Beleg für sein Engagement für den Standort. Forthin warb er allerorten für ein starkes Krankenhaus in Leonberg, freilich nie, ohne sein großes Ziel, ein Zentralklinikum auf dem Böblinger Flugfeld, aus den Augen zu verlieren.

Landrat für große Sanierung

Die dennoch andauernde Skepsis legte sich erst, als sich Bernhard vor zwei Jahren für eine 69 Millionen Euro umfassende Sanierung des Krankenhauses ausgesprochen hatte – fast doppelt so viel, wie eigentlich geplant. Diese Summe wurde zwar um rund zehn Millionen Euro reduziert, die Sanierungsstandards bleiben aber.

Zugute gehalten wird dem Landrat auch, dass er im vergangenen Sommer mit den Weg für ein neues Strahlentherapiezentrum freigemacht hat, das in diesem Jahr direkt neben dem Krankenhaus gebaut wird. Mittlerweile ist sogar von einem Medizincampus in Leonberg die Rede.

Die Klinikdebatte ist nicht das einzige, aber ein zentrales Thema des Landrats. Aus der Perspektive des Altkreises sicherlich das wichtigste. Dagegen sind die Verkehrsthemen vergleichsweise konfliktarm. Und im Streit um die Hermann-Hesse-Bahn sehen die Bürgermeister aus Renningen und Weil der Stadt Bernhard weitgehend an ihrer Seite. Selbst die vom Leonberger OB kritisierte Kreisumlage wird gesenkt.

Die klare Wiederwahl Bernhards im Juli im Kreistag ist ebenfalls ein Hinweis auf eine Entspannung. Ob die von Dauer ist, hängt vor allem vom Landrat selbst ab. Hält er seine Standort-Bekenntnisse für Leonberg durch, dürfte er künftig ein gern gesehener Gast sein. Doch viele befürchten nach wie vor, dass der Bestand einer starken Klinik längst noch nicht gesichert ist.