Nach einer Unterschriftenaktion und einer erneuten Kampfabstimmung im Gemeinderat bekommt der Kotzenbach einen Übergang bei der Apotheke. CDU und Freie Wähler halten das für falsch und ärgern sich über den Bürgermeister Jürgen Troll.

Heimsheim - Damit hätte kaum noch jemand gerechnet: Die Brücke über den Kotzenbach, die bei der geplanten Offenlegung abgerissen wird, soll nun doch wieder aufgebaut werden. Noch im Oktober hatte der Gemeinderat anders entschieden – nach vielen Protesten wurde nun der Fußgängersteg für gut 30 000 Euro knapp mit 8:7 Stimmen doch noch beschlossen. CDU und FWV sind verstimmt ob der erneuten Abstimmung und melden rechtliche Bedenken an.

 

Unstrittig ist, dass der teils unterirdische Kotzenbach freigelegt werden soll. Einerseits, weil es für das Ortsbild schöner ist, aber auch um bei starkem Regen Hochwasser vorzubeugen. Der alte Steg, der vor allem früher viel genutzt wurde, als es in der Stadtmitte noch einen Lebensmittelmarkt gab, würde wegfallen.

Der Weg ist bei den Anwohnern weiterhin beliebt

Inzwischen steht dort eine Apotheke, der Weg ist weiterhin ziemlich beliebt. Daher haben sich Bürger des dahinterliegenden Wohnviertels zusammengetan und 85 Unterschriften gesammelt. „Es sind unglaublich viele Menschen auf mich zugekommen“, erklärt die Initiatorin Heidrun Kolodziej. Auch Margot Ritz vom Stadtseniorenrat hat sich eingeschaltet, zuletzt kamen noch zehn Unterschriften aus dem nahen Kindergarten. Die SPD-Rätin Renate Niehaus hatte das Thema im Oktober erneut in den Gemeinderat gebracht. Damals wurde es bei Stimmengleichheit abgelehnt, Walter Gommel von der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) hatte sich enthalten.

Nun hat der Bürgermeister Jürgen Troll das Thema erneut in den Gemeinderat gebracht. „Mir ist wichtig, die Kosten transparent zu machen“, erklärte er. Sein Ortsbaumeister Paul Moch rechnete vor, dass ein einfacher Steg 30 000 Euro kosten würde. „Das wäre ein wichtiges Zeichen für eine fußgänger- und seniorenfreundliche Stadt“, erklärte Hannah Moritz (SPD).

Bei CDU und FWV stößt dieses Verfahren auf Verärgerung. „Jetzt stimmen wir zum dritten Mal darüber ab“, erklärte etwa Ralf Rüth (CDU), „wir bleiben dabei.“ Seine Fraktion lehne es ab, so viel Geld auszugeben, damit die Fußgänger 50 Meter Weg sparen könnten. Zudem sei nicht garantiert, dass der Anschluss über ein Privatgrundstück immer offen sei: „Wir bauen dann eine Brücke in die Sackgasse.“ Auch der CDU-Fraktionschef Uwe Braun machte rechtliche Bedenken geltend. Man erschließe öffentlich ein privates Grundstück, für den Zugang liege nur eine mündliche Zusage vor. „Was passiert, wenn der Eigentümer es verkauft?“, fragte Braun. Zudem sei die Räum- und Streupflicht ungeklärt. Der FWV-Fraktionschef Bernd Schönfelder sprach gar von einer „Verschwendung von Steuergeldern“. Der Vize-Bürgermeister Walter Müller (FWV) wandte ein: „Das ist nur ein Trampelpfad, der sich mit der Zeit gebildet hat.“

Bürgermeister Troll sorgt selbst für die Mehrheit

Entscheidend war der Meinungswandel von UWV-Rat Walter Gommel, er stimmte letztlich doch für den Steg, ebenso wie der Bürgermeister. „Wir finden es befremdlich, dass Herr Troll erneut den Antrag stellt und selbst für die Mehrheit sorgt“, erklärt Uwe Braun danach. Troll weist das zurück: „Die CDU selbst hat wegen unklarer Kosten das Thema vertagt.“ Der Bürgermeister könne zudem jederzeit Themen aufgreifen.

Zudem könne er mit seiner Stimme keine Mehrheit bei 15 Räten organisieren: „Das stimmt schon mathematisch nicht.“ Der Weg werde seit Jahrzehnten genutzt, daher seien rechtliche Fragen geklärt.

Kommentar

Leicht gereiztes Klima

Stadtpolitik
Noch herrscht ein respektvoller Umgang, aber im Gemeinderat ist eine gewisse Blockbildung erkennbar. Das muss aber kein Schaden sein. Von Rafael Binkowski

Heimsheim - Der Streit um eine Brücke im Wert von 30 000 Euro ist symptomatisch für die Arbeit im Heimsheimer Gemeinderat. Bei vielen Themen verläuft die Debatte entlang der Blöcke: Hier CDU und Freie Wähler einerseits, die häufig auch kritisch gegenüber dem Bürgermeister Jürgen Troll und der Verwaltung auftreten, die Liste „Bürger für Heimsheim“, SPD und häufig die unabhängige UWV auf der anderen Seite. Das zeigt sich beim Streit um die Kinderbaustelle, die zum Bedauern des Bürgermeisters geräumt werden muss, aber auch bei einer Diskussion, wie viel Geld die Schule bekommen soll.

Nun ist dies in anderen Städten häufig Alltag, wenn auch eher in größeren. Es ist durchaus sinnvoll, wenn der Gemeinderat nicht nur abnickt, sondern genau hinschaut, die Verwaltung kontrolliert und kritische Fragen stellt. Insofern sind die Diskussionen Ausdruck einer lebendigen Demokratie auf lokaler Ebene.

Allerdings sollte die Debatte auf der Sachebene bleiben. Seit der verhinderten Wahl von Gaby Wulff zur Vize-Bürgermeisterin eben durch CDU und FWV ist das Klima im Rat leicht gereizt, auch wenn sich alle bemühen, die Lage nicht eskalieren zu lassen. Vielleicht wäre die Klausurtagung im Januar ein Anlass, darüber zu reden. Denn die Gefahr besteht schon, dass sich die Fronten verhärten und der Streit irgendwann persönlich wird. Das würde den an sich positiven Neuanfang nach der Zeit mit Rupp doch ein wenig eintrüben.

Rafael Binkowski