Die Entscheidung ist gefallen – gegen den Zusammenschluss der beiden Leonberger Vereine TSG Leonberg und TSV Eltingen. Sowohl bei der Mitgliederversammlung der TSG als auch bei der Delegiertenversammlung des TSV wurden die 75 Prozent der Stimmen, die für eine Fusion notwendig gewesen wären, nicht erreicht. Eine Chronologie des Scheiterns.

Leonberg - Die Entscheidung ist gefallen – gegen den Zusammenschluss der beiden Leonberger Vereine TSG Leonberg und TSV Eltingen. Sowohl bei der Mitgliederversammlung der TSG als auch bei der Delegiertenversammlung des TSV wurden die 75 Prozent der Stimmen, die für eine Fusion notwendig gewesen wären, nicht erreicht. Eine Chronologie des Scheiterns. 19.30 Uhr (Leonberg) Von einem pünktlichen Beginn ist man bei der TSG Leonberg in der Jahnturnhalle weit entfernt. Parkende Autos stehen auf beiden Seiten der Strohgäustraße mehrere hundert Meter entlang, noch immer strömen die Mitglieder in den Saal, zusätzliche Stühle werden aufgestellt. 19.43 Uhr (Eltingen) Hartmut Müller, Vorsitzender des TSV Eltingen, begrüßt nach einer kleinen Verspätung die Delegierten, Mitglieder sowie Vertreter des Gemeinderates im voll besetzten Nebenzimmer der Vereinsgaststätte. 78 von 83 stimmberechtigen Delegierten sind anwesend. 19.48 Uhr (Leonberg) Der TSG-Vorsitzende Harald Hackert – mit grünem Hemd und grüner Krawatte in den Farben der Hoffnung gekleidet – begrüßt die zahlreichen Mitglieder. Leonbergs Oberbürgermeister Bernhard Schuler appelliert in seinem Grußwort, an die Zukunftsfähigkeit des Vereins zu denken. „Ich wünsche Ihnen, dass Sie in zehn Jahren sagen können, diese Entscheidung war richtig“. 19.51 Uhr (Eltingen) Der TSV arbeitet die Regularien einer Delegiertenversammlung ab. Matthias Groß, stellvertretender Vorsitzender, präsentiert das abgeschlossene Projekt Stadionsanierung in Höhe von rund 500 000 Euro. Schatzmeister Manfred Buck bescheinigt dem Verein Einnahmen in Höhe von rund 427 600 Euro und genau so viele Ausgaben. Allerdings sind die Kosten der Rundlaufbahn noch nicht in vollem Umfang mitinbegriffen. Vorstandsassistent Matthias Merthen erklärt einen leichten personellen Zuwachs um 29 auf 2677 Mitglieder. 20.06 Uhr (Leonberg) Schatzmeister Klaus-Michael Schwörer erläutert das Geschäftsjahr 2013 der TSG: „Wir sind mit dem Einkommen ausgekommen“, fasst er zusammen. Obwohl den Einnahmen von rund 170 000 Euro Ausgaben von rund 250 000 Euro gegenüberstehen, kommt er dank eines außerordentlichen Aufwandes von knapp 98 000 Euro zu einem Überschuss von fast 18 000 Euro. Die anstehenden Wahlen der zweiten Vorsitzenden Michaela Feller und Klaus-Michael Schwörer dauern keine fünf Minuten. 20.23 Uhr (Eltingen) Vier Delegierte aus der Leichtathletikabteilung stimmen gegen die Entlastung des Vorsitzenden Hartmut Müller – bei der Planung des Projektes Rundlaufbahn seien sie als Hauptnutzer der Anlage außen vor gewesen, erklären sie später. 20.30 Uhr (Eltingen) Beim Tagesordnungspunkt Beratung und Aussprache über die Verschmelzung des TSV Eltingen und der TSG Leonberg gibt es keine Wortmeldungen. Anschließend erläutert Hartmut Müller die Inhalte des Verschmelzungsvertrages. Im Falle einer Fusion sollte diese am 1. Januar 2015 wirksam werden. 20.45 Uhr (Eltingen) Ein Antrag auf geheime Wahl wird gestellt. Anschließend werden die Wahlzettel verteilt und die Delegierten stimmen ab. Müller verkündet dann eine Pause von 15 Minuten, in dieser Zeit werden die Stimmen in einem Nebenraum unter notarieller Aufsicht ausgezählt. 21.22 Uhr (Leonberg ) Harald Hackert liest den Anwesenden den Verschmelzungsvertrag vor und bekommt dafür donnernden Applaus. Er ermuntert zu Fragen, wo Unklarheiten seien. Dabei kristallisiert sich die Angst heraus, dass die TSG Vermögen in den neu zu gründenden Verein einbringe, der TSV Eltingen aber nur Schulden. Schatzmeister Klaus-Michael Schwörer kann dies anhand von Zahlen widerlegen und weist darauf hin, dass „die Vermögenswerte in einen Topf gehen und wir Mitglied dieses Topfes werden“.

 

21.25 Uhr (Eltingen) Beim TSV kehren die Vorstandsvorsitzenden mit versteinerter Miene von der Auszählung unter notarieller Aufsicht zurück. Hartmut Müller verkündet das Ergebnis. Von 78 Delegierten haben 48 für die Verschmelzung gestimmt (59 wären notwendig gewesen), 29 waren dagegen, hinzu kommt eine Enthaltung. Das sind unterm Strich 62 Prozent. 21.28 Uhr (Eltingen) Peter Pfitzenmaier, der Ehrenratsvorsitzende des TSV, ist Leiter der anstehenden Wahlen. Hartmut Müller, seine beiden Stellvertreter Reiner Heinz und Matthias Groß, Schriftführerin Nicole Beier und die Referentin „Frauen im Sport“, Margarete Häfele, stellen sich nur noch für ein Jahr zur Verfügung. „Das wird ein schweres Jahr für den TSV und ich gehe davon aus, dass von denjenigen, die nicht für die Fusion gestimmt haben, entsprechende Personalvorschläge kommen“, so ein zutiefst enttäuschter Peter Pfitzenmaier, der sich nicht mehr in den Ehrenrat wählen lässt und anfügt: „Ich halte das Ergebnis für grottenfalsch und werde keine Funktion mehr im TSV übernehmen.“ 21.35 Uhr (Leonberg) Bei der TSG beginnt die geheime Abstimmung. 21.40 Uhr (Leonberg) Dank sozialer Medien hat es sich bei den Vorstandsmitgliedern bereits herumgesprochen, dass beim TSV Eltingen das notwendige Quorum von 75 Prozent Zustimmung verfehlt wurde. 21.48 Uhr (Eltingen) Hartmut Müller schließt sichtlich gezeichnet die Sitzung und dankt allen Anwesenden für ihr Kommen. Matthias Groß sagt später: „Drei Jahre und hunderte Stunden an Arbeit sind in den Sand gesetzt.“ 21.58 Uhr (Leonberg) Harald Hackert kehrt ans Mikrofon zurück: „Falls Sie schwarzen oder weißen Rauch erwartet haben, muss ich Ihnen mitteilen, dass es in beiden Fällen schwarzer Rauch ist“, sagt er in Anspielung auf Papstwahlen. Bei der TSG wurde die Drei-Viertel-Mehrheit nur um eine einzige Stimme verfehlt: 137 Ja- und 46 Nein-Stimmen bedeuten eine Mehrheit von 74,86 Prozent. Ein lang anhaltendes Raunen geht durch den Saal. 22.02 Uhr (Leonberg) Der TSG-Vorsitzenden macht aus seinen Empfindungen keinen Hehl. „Wir haben eine Riesenchance vergeben, ich bin enttäuscht und ernüchtert.“ Bei der TSG könne es so wie bisher nicht weiter gehen, das Ehrenamt sei bereits jetzt ein Halbtagsjob. „Meine Zeit als Vorsitzender dauert noch ein Jahr, was danach kommt, lasse ich ausdrücklich offen.“ 22.35 Uhr (Leonberg) Alexander Rilling, der für seine langjährigen Verdienste in der Handballabteilung geehrt wird, nutzt die Gelegenheit, seinen Zorn zum Ausdruck zu bringen – und er braucht dafür nicht einmal ein Mikrofon: „Dieses Ergebnis ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich monatelang für die Fusion eingesetzt haben“, sagt er und moniert vor allem, dass sich im Vorfeld der Abstimmung kaum ein Kritiker offen zu Wort gemeldet hat. „Ich hoffe, dass das heute nicht das letzte Wort in dieser Sache war“, schließt Rilling – und erntet dafür tosenden Applaus.