Pädagogische Fachkräfte sind in vielen Kitas Mangelware. Wie kommt es an, dass Korntal-Münchingen und Ditzingen eine Zulage zahlen?

Was muss eine Kommune tun, um für Erzieherinnen und Erzieher attraktiv zu sein? Diese Frage treibt Korntal-Münchingen schon lange um. Eine Antwort ist die Social-Media-Kampagne, die Anfang 2023 starten soll. Mit dem 20 000 Euro teuren Projekt will die Stadtverwaltung neues Personal gewinnen und bestehendes halten.

 

Geld ist nur ein Faktor

Deshalb beteiligen sich an dem Kommunikationskonzept auch die Kita-Leitungen und Mitarbeitenden. „Geld ist ebenso wichtig wie Atmosphäre und Teamkultur“, sagt Catharina Vögele, die Leiterin des Fachbereichs Familie, Bildung und Soziales.

Monetäre Anreize bezeichnet Vögeles Amtskollege Jörg Henschke als „umstritten und hochproblematisch“. Sie könnten dazu führen, dass sich die Kommunen gegenseitig übertrumpfen. Die Städte und Gemeinden im Kreis Ludwigsburg seien sich einig, nicht in eine „Geldspirale“ einsteigen zu wollen. Und es sei klar, dass man in finanzieller Hinsicht nicht mit der Landeshauptstadt Stuttgart mithalten könne. „Wir möchten andere Anreize schaffen, um attraktiv zu sein“, sagt Jörg Henschke. Zum Beispiel sei denkbar, pädagogischen Fachkräften ein Sabbatical zu ermöglichen. Das Sabbatjahr ist ein längerer, unbezahlter Sonderurlaub.

Zulage soll finanziellen Anreiz nicht verstärken

Einen finanziellen Vorteil aber haben die Fachkräfte, die aktuell im Ganztag arbeiten: Sie bekommen seit 2015 eine übertarifliche Schichtzulage von 100 Euro im Monat. Die Bedingungen damals waren eine Mindestöffnungszeit von 45 Stunden pro Woche und die regelmäßige Arbeit im Schichtdienst. Damit wollte die Stadtverwaltung die Arbeit in Ganztagseinrichtungen ansprechender gestalten.

Von September an bieten diese Kitas mangels Personal allerdings nur noch maximal 42,5 Wochenstunden an. Das und um den finanziellen Anreiz nicht zu verstärken, wie Jörg Henschke es formuliert, sind die Gründe, warum der Gemeinderat jetzt Änderungen beschlossen hat.

Neue Fachkräfte erhalten künftig nur die halbe Zulage. „Wir wollen vermeiden, dass das Bestandspersonal beim Einkommen plötzlich schlechter dasteht und geht“, sagt Jörg Henschke. Zwar rücke der Ganztag bei der Schließzeit näher an die anderen Betreuungsarten heran, trotzdem wolle man ihn abheben. Laut Vögele ist der Unterschied zwischen dem Gehalt mit Schichtzulage und dem in Nicht-Ganztagskitas gering. Die Zulage, die nun Ganztagszulage heißt, wird unterschiedlich bewertet.

Eltern leiden unter dem Personalmangel

Der CDU-Fraktionschef weist darauf hin, dass die Stadt dennoch Personalnot habe. Oliver Nauth fordert eine gerechte Bezahlung für alle. Von „Kannibalisierung“ spricht der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU), seine Gemeinde Hemmingen zahlt eine Zulage „bisher nicht“. Täten Kommunen dies, bringe das „natürlich Kommunen, die dies noch nicht machen, in Zugzwang“.

Von der Personalnot betroffene Eltern finden die Kürzung falsch. „Das führt zu großem Unmut und zu großer Unzufriedenheit und signalisiert, das Bestandspersonal sei wichtiger als neues Personal“, sagt Andreas Brommer, Vater von zwei Kitakindern, bei der Bürgerfragestunde. Auch würden gerade in der Spätschicht Erzieher fehlen. „Der Personalmangel ist für Familien ein echtes Problem“, sagt der Korntaler aus Erfahrung. Ihm fehle das Vertrauen, dass mit Nachdruck nach Fachkräften gesucht werde.

Stipendium für Azubis

Exklusiv hat Korntal-Münchingen die Zulage nicht mehr: Ditzingen hat jüngst ein Maßnahmenpaket verabschiedet, um im pädagogischen Bereich Personal zu gewinnen und zu binden. Es gilt bis Ende 2025. So erhalten die Beschäftigten für Tätigkeiten in Randzeiten einen Zeitzuschlag von 20 Prozent, Schülerinnen und Schüler der pädagogischen Fachschulen Stipendien von 200 Euro monatlich – wie in Stuttgart auch.

In Videos stellen sich die Bereiche vor, es gibt das Jobrad, ein Jobticket, eine Radprämie, eine leistungsorientierte Bezahlung: Nach Ansicht der Stadtverwaltung tue sie viel, damit sie ein attraktiver Arbeitgeber ist. „Wir werden weiter kreativ sein“, versichert der Erste Beigeordnete Alexander Noak und betont: „Andere Kommunen ziehen nach.“