Die Umgestaltung des Weissacher Friedhofs dauert an. In einigen Einzelfällen bedeutet das für Angehörige: Warten auf die Beerdigung.

Weissach - Wenn eine Weissacherin ihren verstorbenen Ehemann besuchen will, dann fährt sie nicht zum Friedhof – sie fährt zum Bestatter. Dort wird die Urne aufbewahrt. Unter die Erde kann die Urne auf dem Friedhof in Weissach nicht, bis dieser umgestaltet wurde. Die Beerdigung muss warten. Von einer Handvoll Fällen wie diesem berichtet Thomas Nonnenmann, Pfarrer der evangelischen Kirche der Porsche-Gemeinde. „Es sind nicht viele, aber für die, die es betrifft, ist es schlimm.“ Eine Beerdigung, der Besuch des Grabes: wichtige Schritte im Trauerprozess eines Menschen. „So kann man einfach keinen Abschied nehmen.“

 

Zum Trauern zum Bestatter

Einige Bestatter im Altkreis bewahren nun also die Urnen der betroffenen Angehörigen auf, bis es auf dem Weissacher Friedhof weitergeht. Das bestätigt auch Michael Berthold, Geschäftsführer des Bestattungsinstitutes Berthold aus Leonberg, das auch einen Standort in Weissach betreibt. „Wir haben Urnen“, sagt er – wie viele genau, möchte er aber nicht preisgeben.

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Grund für die nicht verfügbaren Erdurnengräber auf dem Weissacher Friedhof ist eine Neukonzipierung der Friedhofsflächen, die der Gemeinderat im April vergangenes Jahres beschlossen hatte. Nötig war diese Umgestaltung allemal: Weil das Gelände am Hang liegt, waren Teile des Friedhofs wenig barrierefrei. Und auch an Weissach ziehen Entwicklungen bei Bestattungsbräuchen nicht vorbei. Die traditionelle Erdbestattung erlebt einen Rückgang, Urnenbestattungen sind seit Jahren auf dem Vormarsch.

Es braucht mehr Platz für Erdurnengräber

Im Bericht über die Gemeinderatssitzung im April sprach die Gemeinde außerdem davon, dass sich das Urnengemeinschaftsgrab weniger gut entwickle als geplant. Heißt: Für die individuellen Erdurnengräber musste mehr Platz her. Einfach umgesetzt ist die Umgestaltung eines Friedhofs aber nicht – oft können ganze Grabflächen erst bearbeitet werden, wenn sich dort keine Gräber mehr befinden, abgelaufene Gräber aber auch nicht neu besetzt werden.

„Es war nötig, dass es einen größeren Umbau gibt“, sagt Pfarrer Nonnenmann, betont auch, dass die Urnengräber auf dem Weissacher Friedhof schlecht lägen und er eine Umgestaltung ausdrücklich begrüßt. Trotzdem: Für die betroffenen Menschen, die auf die Bestattung ihrer Angehörigen warten müssen, wünscht er sich eine andere Zwischenlösung.

Andere Arten der Urnenbestattung weiterhin möglich

Dass Urnenbestattungen auf dem Weissacher Friedhof überhaupt nicht mehr möglich sind, heißt das aber nicht. Wegen der ausstehenden Umgestaltung der Friedhofsfläche sind aktuell nur die Bestattungen in individuellen Urnengräbern eingeschränkt. Eine Bestattung in der Urnengemeinschaftswand sowie in der Urnengemeinschaftsanlage ist weiterhin möglich, betont auch die Gemeinde. Verhinderungsmöglichkeiten, die eine Bestattung gar nicht ermöglichen würden, würden nicht vorliegen, schreibt die Gemeinde auf Anfrage unserer Zeitung.

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Wer sich aber nicht für die Alternativen – Urnenwand oder Gemeinschaftsanlage – entscheiden möchte, der muss nun also abwarten. Und das teilweise länger als gedacht: Denn trotz Gemeinderatsbeschluss im April ist auf dem Friedhofsgelände noch nicht viel in Sachen Umgestaltung passiert. Eine Woche nach einer ersten Anfrage der LKZ zum Thema erklärt die Gemeinde im Amtsblatt die Verzögerung mit einer angespannten Marktlage und teuren Materialpreisen. Drei Ausschreibungen habe es insgesamt gegeben, aber die wenigen Angebote, die überhaupt auf dem Rathaus eingetroffen waren, seien deutlich zu teuer gewesen.

Umgestaltung geht nicht voran

Dass sich die Umgestaltung des Friedhofs zieht, bestätigt auch Gemeinderat Horst Klink (Unabhängige Liste), der als Mitglied des Technischen Ausschusses in dem für die Sache zuständigen Gremium sitzt. „Es passiert einfach nichts“, sagt er. Ihn haben nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen einige Anrufe von Angehörigen erreicht, die von den Verzögerungen betroffen seien.

Wie lange die Einschränkung bei der Urnenbestattung noch anhält, hat die Gemeinde auf mehrfache Nachfrage unserer Zeitung nicht beantwortet. Antworten für betroffene Bürgerinnen und Bürger gibt es dafür im Mitteilungsblatt: Über das Ergebnis der dritten Ausschreibung soll der Gemeinderat im März entscheiden. Stimmt der Gemeinderat dem Angebot zu, könnten die Arbeiten laut Gemeinde zügig starten. Die Bauzeit wird auf etwa 15 Wochen geschätzt. Für die Betroffenen bedeutet das zunächst etwas mehr Gewissheit – und, wenn alles gut läuft, eine Bestattung noch im Jahr 2022.