Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit sind nun gesetzlich verboten. Steinmetze aus der Region fordern, dass das Verbot für die gesamte Natursteinbranche gelten soll.

Leonberg - Es ist ein Thema, das seit vielen Jahren immer wieder aufkocht. Doch erst im Januar 2021 stimmte der Landtag für ein Gesetz, dass auf baden-württembergischen Friedhöfen Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit verboten werden sollen.

 

Jede Kommune in Baden-Württemberg kann nun selbst entscheiden, ob sie ein Verbot dieser Grabsteine einführt. Der Leonberger Gemeinderat hat kürzlich die geltende städtische Friedhofsordnung aus dem Jahr 2017 dahingehend mit einem entsprechenden Passus ergänzt. „Die Stadtverwaltung nimmt das Thema Kinderarbeit im Zusammenhang mit Grabsteinen grundsätzlich sehr ernst“, sagt Leonbergs Pressesprecher Sebastian Küster. „Fakt ist aber auch, dass die Steine immer häufiger aus dem Internet bezogen werden und wir zunächst Erfahrungen mit diesem Thema und den Zertifikaten sammeln müssen.“

Was bedeutet „frei von Kinderarbeit“?

Sollte sich herausstellen, dass die Kriterien nicht ausreichen, werde die Verwaltung prüfen, ob und wie nachgeschärft werden könne. „Menschenrechtsverletzungen, Schuldknechtschaft oder unzureichender Gesundheitsschutz in den Lieferketten sind aus Sicht der Stadtverwaltung ebenfalls sehr wichtige Themen, auf die mehr Aufmerksamkeit gerichtet werden sollte“, sagt Küster.

Steine, die nachweislich aus dem europäischen Wirtschaftsraum oder aus der Schweiz stammen, gelten als frei von Kinderarbeit. Wer Materialien aus anderen Herkunftsländern bezieht, muss dies durch bewährte Gütesiegel nachweisen können. Ist ein solches Zertifikat nicht vorhanden, muss der Steinmetz versichern können, dass die verwendeten Steine etwa aus China, Indien, den Philippinen oder Vietnam in der gesamten Wertschöpfungskette ohne Einsatz schlimmster Formen der Kinderarbeit hergestellt wurden.

Geisselhardt: Das bringt eine Rechtssicherheit

Katja und Andreas Geisselhardt leiten das seit vier Generationen bestehende Handwerksunternehmen am Leonberger Waldfriedhof. Schon der Vater, Klaus Geisselhardt, legte 1971 den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die Gestaltung von eigenen, handwerklich oder maschinell hergestellten Grabzeichen.

Andreas Geisselhardt, der zudem als erfolgreicher Bildhauer seine Werke im In- und Ausland ausstellt, übernahm im Jahr 1999 den elterlichen Betrieb. Diesen erweiterte er um eine neu gebaute Werkstatt, Ausstellung und ein Atelier. „Das Thema kenne ich seit vielen Jahren, und ich finde es sehr wichtig, dass das Gesetz nun nachgeschärft wurde. Das sorgt für eine Rechtsverbindlichkeit“, sagt der 47-Jährige.

Foto: Jürgen Bach

Grundsätzlich arbeite er mit allen Materialien, die seine Kunden wünschen, also auch mit internationalen – zertifizierten – Natursteinen. „Wir sind natürlich immer bemüht, alles transparent zu machen“, sagt er beim Rundgang durch seine Werkstatt, in der schwerpunktmäßig heimische Natursteine verarbeitet werden. „Im Fichtelgebirge gibt es tollen Granit, im Schwarzwald Sandstein und Granit, Jura auf der Schwäbischen Alb, den man auch gerne im Gartenbau verwendet.“ Das Material eines anderen Grabsteines bekam er aus dem Elsass geliefert.

„Materialien aus der Region zu beziehen, das bedeutet für mich Wertschätzung und Nachhaltigkeit“, sagt Geisselhardt. Er könne es aber auch vertreten, fair gehandelte Natursteine aus anderen Ländern zu beziehen. „Am Ende ist es aber eine Frage der Gewichtung. Wir jedenfalls sind bemüht, mit heimischen Materialien zu arbeiten.“

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Andreas Geisselhardt wünscht sich, dass das Nischen-Handwerk der Steinmetze mit der Änderung des Bestattungsgesetzes als Beispiel für andere Branchen dient. „Es gibt viele Missstände auf der Welt, beispielsweise auch in der Bekleidungsbranche. Aber auch die Produktion von Pflastersteinen kann man bislang schwer kontrollieren“, so der 47-Jährige. Pauschalität sei hier fehl am Platz. Die gesamten Wertschätzungsketten sollten jedoch in allen Bereichen nachvollziehbar sein. Wichtig sei zudem, das individuelle Konsumverhalten zu überdenken. „Jeder kann besser werden, jeder sollte sich bemühen, Lösungen zu finden“, meint Geisselhardt.

Eine gesetzliche Verankerung

Stefan Machmer, der Obermeister der Steinmetze in den Kreisen Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr, betont, dass er in seinem eigenen Betrieb in Ditzingen ebenfalls möglichst heimische Natursteine verarbeitet. „Damit sind wir selbst aus der Diskussion raus.“ Wichtig sei ihm, dass das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit nun auch gesetzlich verankert und machbar geregelt ist. „Wir stehen da definitiv dahinter“, sagt Machmer, der Vorstandsmitglied des Landesinnungsverbandes ist, und beschreibt die Vorgehensweise in Ditzingen.

Jedes Grabmal müsse von der Stadt genehmigt werden. In diesem Zug bezeugen die Steinmetze die Herkunft der Grabsteine aus fairem Handel. Wie sein Handwerkskollege Andreas Geisselhardt fordert er ein größeres Denken: „Wir Steinmetze sind nur eine kleine Nische in der Natursteinbranche, in allen anderen Bereichen müsste das auch geregelt werden.“