Weg vom Plastik: Der neue Unverpackt-Laden in Renningen hat schon viele Freunde gefunden. Doch um sich langfristig zu tragen, müssen die Zahlen besser werden.

Wir haben schon einen treuen kleinen Kundenstamm, der richtig dankbar ist, dass es uns gibt, das macht dann besonders viel Spaß“, sagt Christine Berg, die Initiatorin des neuen Unverpackt-Ladens in Renningen. „Da gibt es schöne Gespräche und auch viele Anregungen, das motiviert einen richtig“, fügt sie hinzu. Doch der Blick auf die Zahlen stimmt sie auch nachdenklich.

 

Wie viel Herzblut in dem Projekt steckt, das merkt man im Gespräch mit Christine Berg sofort. Seit etwa fünf Monaten gibt es den Laden an der Hauptstraße, direkt neben der Drogerie Müller. Betrieben wird das Geschäft von einer Genossenschaft, die sich aktuell noch in der Gründung befindet. 30 Mitglieder arbeiten am Start mit.

Es geht ums bewusstere Einkaufen

Das Konzept eines Unverpackt-Ladens besteht darin, dass auf Verpackungen, besonders aus Plastik, in großen Teilen verzichtet wird. Viele Lebensmittel und andere Produkte befinden sich lose in großen Behältnissen, sodass die Kunden sie eigenständig in mitgebrachte Gläser, Tupperdosen oder Tüten füllen können. „Das kommt auch gut bei den Leuten an, dass sie die Menge individuell bestimmen können“, sagt Berg.

Gerade bei Neukunden, die zum ersten Mal einen Blick in den Laden werfen, muss da schon mal das eine oder andere Missverständnis aufgeklärt werden. „Für manche ist das zunächst ein Hemmschuh, wenn sie denken, dass sie für alles eigene Gläser mitbringen müssen und Plastik verboten ist“, erzählt Christine Berg. „Uns geht es aber nicht darum, Plastik völlig zu verdammen.“ Es gehe ums bewusstere und ums nachhaltigere Einkaufen und darum, Dinge, gerade Verpackungen, mehrfach zu verwenden. Eben weg vom Einweg. „Die Leute können genauso Taschen, Tüten oder Tupperdosen mitbringen, das muss kein Glas sein.“ Wer gar nichts dabei hat, der kann sich im Laden auch Mehrwegbehältnisse kaufen. „Und wir sind ja auch nicht völlig ,unverpackt‘.“ Es gibt durchaus Produkte, die bereits abgefüllt wurden. Dafür gibt es oft Pfandgläser.

Die Zahlen müssen besser werden

Trotz der Freude über die feste Kundschaft und die neuen Gesichter, die sich immer wieder in dem kleinen Laden blicken lassen, bleibt die Feststellung: Die Resonanz ist noch viel zu gering, um das Geschäft zu tragen. So könne man den Laden langfristig leider nicht halten. „Wir werden auf jeden Fall weiter dranbleiben“, verspricht Berg. „Wir sind schließlich alle Überzeugungstäter‘ und glauben an das Konzept.“ Aber jahrelang draufzuzahlen, das könne sich von den Beteiligten keiner leisten. Nach einem Jahr wird daher ein Kassensturz gemacht und geschaut, wie sich der Laden etabliert hat und ob er weiter betrieben werden kann.

Mit diesen Schwierigkeiten ist der Renninger Laden nicht allein, weiß Christine Berg. Vor allem kleine, inhabergeführte Geschäfte habe die Coronakrise hart getroffen, da sind die Unverpackt-Läden ganz vorne mit dabei. Die Eröffnung in dieser Zeit war ein mutiger Schritt. Hergen Blase, der einen Unverpackt-Laden in Ludwigsburg betreibt, musste Ende August seinen Zweitladen in Stuttgart schließen. Bei Tante M. in Stuttgart-Sillenbuch und selbst bei Schüttgut im Stuttgarter Westen wurde das Personal zum Teil drastisch reduziert. Auch das Unternehmen Fridi, das Läden in Tübingen und Reutlingen betreibt, fürchtet um die Existenz.

Veranstaltungen und Workshops im Café

Als zusätzlichen Anreiz für Besucher organisieren die Akteure in Renningen Aktionen und Veranstaltungen im Laden. Unter anderem gab es bereits ein paar Lesungen für Kinder und Erwachsene sowie eine Info-Veranstaltung der Hilfsorganisation „Hoffnung für Niger“, die in einer der ärmsten Regionen des Kontinents Hilfe zur Selbsthilfe betreibt.

Die Resonanz dabei sei möglicherweise wegen der Platzierung in den Pfingstferien sehr verhalten ausgefallen. Davon lassen sich die Akteure aber nicht entmutigen. Weitere Veranstaltungen sind bereits geplant. Das in den Laden integrierte Café ist mittlerweile auch weiter ausgebaut worden. „Wir hoffen, dass das als gemütlicher Treffpunkt auch für diejenigen attraktiv ist, die mit dem Unverpackt-Laden selbst vielleicht noch nicht so viel anfangen können.“ Außerdem sind noch Workshops in Planung, zum Beispiel zum Selbermachen von Seife oder Deo. „Uns ist wichtig, dass wir das Lebensgefühl, das dahintersteht, glaubhaft vorleben und zeigen, dass das auch Spaß machen kann.“

Geöffnet Der Unverpackt-Laden liegt an der Hauptstraße 26 in Renningen. Die Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag von 9 bis 13 Uhr, zusätzlich Dienstag und Donnerstag von 15 bis 18.30 Uhr. Freitags ist durchgehend von 9 bis 18.30 Uhr geöffnet.

Von Konzerten bis zur Solarberatung

Mehr als einkaufen
 Im Renninger Unverpacktladen gibt finden immer wieder Veranstaltungen statt, darunter Vorlesungen, Workshops und Konzerte.

Was ist Pois?
 Der Unverpacktladen ist eine von etwa 40 Pois-Abholstellen in Süddeutschland. Verkauft werden fair gehandelte Waren von kleinbäuerlichen Erzeugern aus Portugal und den Azoren. Matthias Kästner, Gründer von Pois, informiert am Mittwoch, 7. September, um 19 Uhr über das Projekt.

Konzert
Das deutsch-argentinische Musikerduo Viviéndola verbindet südamerikanisches Temperament mit deutschem Chanson. Am Sonntag, 11. September, um 17 Uhr, treten Inga Bachmann und Lalo Martínez in Renningen auf.

Vorlesung
 Am Mittwoch, 14. September, wird von 16.30 bis 18.30 Uhr aus Cornelia Funkes Roman „Drachenreiter“ gelesen.

Klimakrise
 Eine „Psychologist for future“ spricht am Mittwoch, 21. September, um 19 Uhr über die Psychologie der Klimakrise. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Solarberatung
 Am Freitag, 24. September, 19.30 Uhr, stellt sich die neue ehrenamtliche Bürgersolarberatung Renningen vor. Sie ist aus dem AK Klimaschutz der Renninger Agenda hervorgegangen. Die Mitglieder wollen unabhängig und neutral über Photovoltaikanlagen informieren und zeigen, was man bei der Anschaffung beachten sollte.