Das wütende Treiben des russischen Präsidenten Wladimir Putin nehmen auch die hiesigen Firmen-Verantwortlichen mit Bestürzung und Betroffenheit auf.

Altkreis Leonberg - Die ganze Welt schaut auf die eskalierende Lage in der Ukraine. Dort tobt seit Ende Februar der Krieg. Keiner weiß, wie lange Russlands Präsident Wladimir Putin in dem Land noch wüten und so viel Leid und Elend verursachen wird. Auch hiesige Firmen sind alarmiert. Welche Auswirkungen hat der Krieg auf die Wirtschaft?

 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges auf das Leonberger Unternehmen Geze möchte Heike Holfelder, die Teamleiterin Corporate Marketing, im Augenblick gar nicht kommentieren. „Wir sind in Gedanken bei den Menschen vor Ort in der Ukraine und deren Schicksale.“ Der Spezialist für Produkte, Systemlösungen und Dienstleistungen rund um Türen und Fenster beschäftigt weltweit über 3000 Mitarbeiter. Produziert wird am Stammsitz in Leonberg sowie in Tianjin (China), Zrenjanin (Serbien) und in der Türkei. Das Unternehmen hat 37 Tochtergesellschaften, darunter jeweils eine in der Ukraine und in Russland. Zuletzt hatte Heike Holfelder am Montag Kontakte in die Ukraine. „Ansonsten wissen wir das, was wir aus den Medien erfahren.“

Freundschaftliche Beziehung mit den baltischen Staaten

Permatrade aus Leonberg-Höfingen, eines der führenden Unternehmen für Wassertechnik, hat zwar keine direkten geschäftlichen Beziehungen in der Ukraine oder in Russland, pflegt aber seit Jahren freundschaftliche Beziehungen mit den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. „Wir haben etwa Vertriebspartner in Estland, die unsere Produkte verkaufen, beim Handel nach Russland herrscht dort gerade Stillstand“, sagt Oliver Zander, der Prokurist bei Permatrade. „Ich weiß, dass die drei kleinen Länder schon immer Sorge haben.“ Ziemlich bedrohlich sei die nahe Lage zu Russland.

Was dem Chef der Leonberger CDU nicht erst in Zeiten von Corona und des Russland-Ukraine-Krieges deutlich wird, ist die Tatsache, wie groß die wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von China und Russland ist. „Das höchste Gebot sollte doch sein, unabhängig zu bleiben. Es kann nicht sein, dass mehr als 50 Prozent der Gaslieferungen aus Russland kommen.“

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Auch in der Automobilindustrie verschärft sich die Lage. „Der Krieg in der Ukraine wirkt sich bei Volkswagen unter anderem auf die Produktion von Elektroautos aus“, sagt Susan Winkler, die Geschäftsführerin von Autohaus Holzer in Korntal. Wichtige Kabelbäume würden in der Ukraine gefertigt und könnten nicht mehr geliefert werden. So ruht beispielsweise im Werk Zwickau, dem wichtigsten Standort der Wolfsburger für die Fertigung der E-Autos, teilweise die Arbeit.

Und nicht nur dort komme es zu „Produktionsanpassungen“, wie es in einem Schreiben von VW heißt. Einschränkungen und Verzögerungen in der Fahrzeugfertigstellung und -auslieferung sowie der Versorgung der Originalteile seien die Folge. „Schon seit der Coronapandemie müssen sich Neuwagen-Kunden auf eine einjährige Lieferzeit einstellen“, sagt Susan Winkler.

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Der VW-Konzern habe mit großer Bestürzung und Betroffenheit die Nachrichten über den Krieg in der Ukraine aufgenommen. Er hoffe weiterhin auf eine Einstellung der Kampfhandlungen und eine Rückkehr zur Diplomatie. Das Leid der Betroffenen zu lindern, habe oberste Priorität. Volkswagen hat daher in einem ersten Schritt eine Million Euro an seinen langjährigen Partner, die UNO-Flüchtlingshilfe, gespendet.

Die Spedition hilft mit dem Transport der notwendigen Güter

Die Spedition Benzinger, die unter anderem in Friolzheim und Tiefenbronn ansässig ist, hat in den vergangenen Tagen einen Ukraine-Krisenstab eingerichtet. „Damit wollen wir klären, wo und wie wir am effektivsten mit unseren Fahrzeugen helfen und unterstützen können“, sagt der Geschäftsführer Andreas Kempf, der zahlreiche Anfragen sowohl von Einzelpersonen als auch von Hilfsorganisationen bekommt.

Das Unternehmen führt für eine Organisation aus Mallorca als Unterstützung einen Transport mit einem 40-Tonnen-Lastwagen ab Mallorca bis an die ukrainische Grenze mit Hilfsgütern durch. In dieser Woche kam eine Bitte, ob die Spedition einen Transporter für den Transport ab Pforzheim an die Grenze stellen kann. Nun werden Hilfsgüter verladen und auf der Rückfahrt ukrainische Bürger mit nach Pforzheim gebracht.

„Sollten hier Menschen ankommen und keine Unterkünfte haben, kümmern wir uns um Unterkünfte“, sagt Andreas Kempf. Zudem verlädt das Unternehmen Benzinger einen 40-Tonnen-Lastwagen in Pforzheim beim Internationalen Bund mit Hilfsgütern. Dieser wird dann Hilfsgüter nach Krakau in Polen befördern.

Fahrten nach Russland eingestellt

Die Spedition Benzinger wurde im Jahr 1971 gegründet, ist international tätig und hat Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Spanien (Mallorca) und Polen. „Heute sind wir froh, dass wir seit zehn Jahren kein operatives Geschäft mehr in Russland machen“, sagt Andreas Kempf.

Bis zum Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges seien hingegen noch wöchentlich mehrere Lastwagen der Firma nach Russland unterwegs gewesen. „Das wurde eingestellt, denn wir schließen uns der politischen Meinung aller europäischer Länder an“, so der Geschäftsführer.