Die Spedition Benzinger aus Friolzheim verteilt an Weihnachten in der Region kleine Pakete mit Schokolade an Lastwagen-Fahrer.

Heimsheim - Der Wind weht eisig über den Autobahn-Parkplatz Heckengäu, der zwischen Heimsheim und Rutesheim an der A 8 liegt. Ohne Mütze, aber mit FFP2-Maske stapft David Moll zum nächsten Lastwagen. Dessen Fahrer hat soeben den Vorhang im Fenster beiseite geschoben. Stören ist nun „erlaubt“.

 

Ein Mann um die 50 Jahre öffnet. Wortlos reicht David Moll eine kleine Tüte mit Weihnachtssüßigkeiten nach oben. Viel erklären muss er nicht, die Geste ist klar. Eine Verständigung ist ohnehin schwierig. Der Fahrer stammt aus Osteuropa, spricht weder Englisch noch Deutsch. Für ein „Danke“ reicht es aber noch. Schnell macht er die Tür wieder zu. Schließlich ist es bitterkalt.

Seit sechs Jahren sind die Weihnachtsengel unterwegs

David Moll ist Bereichsleiter Lagerlogistik bei der Friolzheimer Spedition Benzinger und am ersten Feiertag in wahrlich weihnachtlicher Mission unterwegs. „Wir möchten mit der Aktion Danke sagen“, erklärt Sarah Schmeissing, die ihn beim Verteilen begleitet. Sie hat die Weihnachtspäckchen-Aktion vor sechs Jahren ins Leben gerufen. „Ich habe das damals auf Social Media gesehen und bin mit der Idee bei unserer Geschäftsleitung auf offene Ohren gestoßen“, berichtet die Mitarbeiterin der Personalabteilung.

Seitdem packen die Azubis des Transportunternehmens in den Tagen vorm Fest die kleinen Pakete mit Schokolade, Keksen, Nüssen und Bonbons. „Mittlerweile ist es zu einer richtigen Tradition geworden“, sagt Sarah Schmeissing. Am ersten Feiertag selbst sind dann einige Mitarbeiter auf den Autobahnen von Karlsruhe bis Ulm unterwegs und verteilen die Tütchen an Brummi-Fahrer, die an den Raststätten und Autohöfen über die Feiertage festsitzen.

Fahrer sind auch an Weihnachten im Dienst

„Es kommt tatsächlich eher selten vor, dass es jemand nicht rechtzeitig aus Deutschland heraus schafft, bevor das Lkw-Fahrverbot an Feiertagen greift“, erklärt die Mitarbeiterin der Spedition. Meist sei die Pause schon eingeplant. „Die Fahrer sind unterwegs zum nächsten Auftrag und opfern dafür ihr Weihnachtsfest“, berichtet sie. Andere befördern Lebensmittel oder andere lebenswichtige Waren und sind vom Fahrverbot nicht betroffen, aber dafür eben auch an den Feiertagen unterwegs. Manche von ihnen seien wochen- oder gar monatelang nicht zuhause. „Und das alles, damit wir am Montag wieder etwas zu essen auf dem Tisch haben“, sagt Sarah Schmeissing.

Ein paar Meter weiter stehen drei kleinere Lastwagen dicht beieinander. Auch hier klopfen die beiden Benzinger-Mitarbeiter. Zwei Männer steigen aus und nehmen die Tüten dankbar an. Einer läuft zum nächsten Wagen und klopft, ein dritter Mann gesellt sich dazu. Die Kennzeichnen sind polnisch, doch sie seien Ukrainer, sagen sie. Weit weg von daheim, aber zumindest nicht allein. 350 Pakete haben die Azubis der Spedition gepackt.

Lkw-Fahrer haben es seit Corona schwer

„Unsere Mitarbeiter sind an der A 5, A 6, A 7 und A 8 unterwegs“, berichtet Sarah Schmeissing. Von den sieben Standorten der Firma beteiligen sich fünf an der Aktion. Die Helfer haben sich freiwillig gemeldet. In den Vorjahren hätten sie zumeist die Päckchen auf dem Weg zum Familienfest verteilt. Aber wie vieles ist auch das diesmal anders.

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Und für die Brummi-Fahrer ist vieles in diesem Jahr viel schwieriger gewesen. „Ich war teilweise schockiert, was unsere Mitarbeiter mir im Frühjahr berichtet haben“, sagt Schmeissing, die in der Personalabteilung arbeitet. An Raststätten und Autohöfen waren Toiletten und Duschen geschlossen. Auch bei Unternehmen, bei denen die Fahrer Waren abholten oder abluden, wurden sie nicht mehr hereingelassen, um die Toilette zu benutzen oder sich kurz frisch zu machen. Nun im zweiten Lockdown kommt auch das wieder vor.

Mehr Menschlichkeit auf Deutschlands Straßen

„Man muss sich das immer vor Augen halten. Wir können jeden Abend heim und duschen gehen“, sagt die Benzinger-Mitarbeiterin. „Deshalb ist es uns besonders wichtig, auf die Situation der Lkw-Fahrer aufmerksam zu machen“, sagt Sarah Schmeissing, die auch die Social-Media-Auftritte ihres Arbeitgebers betreut. Für die Aktion hat sie den Hashtag „#fürmehrmenschlichkeitaufdeutschlandsstrassen“ gewählt.

An zwei Lastern, deren Rollos unten sind, stellen Sarah Schmeissing und David Moll noch je ein Tütchen auf die Trittstufen. Dann brechen sie auf. Zwei Kartons mit Päckchen sind noch im Auto und wollen verteilt werden. „Ich schätze, ich komme sicher noch bis Sindelfingen oder Herrenberg“, meint Sarah Schmeissing.

Das Weihnachtsfest daheim mit Familie kann die kleine Aufmerksamkeit der Benzinger-Mitarbeiter zwar nicht ersetzen. Aber dennoch ein kleines bisschen Freude in die lange, kalte und oft einsame Wartezeit bringen.