Die Höfinger Spezialisten für Wassertechnik haben mehr Personal eingestellt und das Lager erweitert. Denn das Lebensmittel Nummer eins wird nicht nur getrunken.

Leonberg - Das Wehklagen über die pandemiebedingte Krise kann Michael Sautter nicht so ganz nachvollziehen. Zumindest dann nicht, wenn es um sein eigenes Unternehmen geht. „Vor Corona hatten wir 75 Mitarbeiter, jetzt sind es 120“, erzählt der Chef von Permatrade. „Auch unsere Lagerflächen haben wir in den vergangenen Monaten verzweieinhalbfacht. Wir mussten ja lieferfähig sein.“

 

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Selbst in Leonberg wissen nur die wenigsten, was auf dem Betriebsgelände am nördlichen Rande des Stadtteils Höfingen gemacht wird. Hinter dem Namen Permatrade verbirgt sich ein Spezialunternehmen für Wassertechnik. Kunden sind sowohl Privatpersonen wie auch Fachbetriebe aus dem Sanitär- und Heizungsbereich.

Das Portfolio der Höfinger reicht vom Wasserfilter für den Hausanschluss, über Kalkschutz, Trinkwasserfilter, Korrosionsschutz bei Rostwasser bis hin zur Heizungswasserbehandlung. Themen, die nicht im großen Blickpunkt stehen, gleichwohl im heutigen Alltag unerlässlich sind.

Zwei neue Firmen gegründet

Dass viele Menschen die coronabedingten Zwangspausen genutzt hatten, um Dinge im eigenen Haus anzugehen, die schon länger der Erledigung geharrt hatten, ist Permatrade indirekt zugute gekommen. Aber dem Zufall haben der Geschäftsführer Sautter und sein Prokurist Oliver Zander das nicht überlassen. „Wir haben in dieser Zeit zwei neue Firmen gegründet, um das Marketing und den Onlinehandel voranzubringen“, berichtet der Chef. Mit Erfolg: „Die Kurzarbeit ging nur eine Woche. Wir hatten einfach zu viel zu tun“, sagt Michael Sautter. „Es ging in die andere Richtung: nach oben.“

30 Vertriebsmitarbeiter mussten zwar von zu Hause die Geschäfte am Laufen halten. Damit aber möglichst viele im Betrieb in der Röntgenstraße arbeiten konnten, wurde dort eine Fiebermessstation eingerichtet. Getestet wird nach wie vor jeden Tag.

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Wasser, das zentrale Lebensmittel, bietet einen breiten Raum für Innovationen: „Die deutsche Trinkwasserverordnung schreibt hohe Qualität vor“, betont der Permatrade-Chef. „Damit diese eingehalten werden kann, dafür sind auch wir da.“ Dabei geht es längst nicht um das klassische Trinkwasser. „Das meiste Wasser wird in der Dusche, der Toilette oder beim Putzen verbraucht“, weiß Michael Sautter. Was nicht bedeutet, dass dies einen niedrigeren Qualitätsstandard haben darf. Darüber hinaus ist richtig aufbereitetes Heizungswasser für die Leonberger Spezialisten ein großes Thema.

Wobei Permatrade nur eines von mehreren Unternehmen ist, das in dieser besonderen Branche unterwegs ist. Die Konkurrenzbetriebe sind oft größer. Die Leonberger gehen im Wettbewerb mit Qualität und Kreativität ins Rennen: „Man muss immer wieder etwas Neues erfinden und über den Tellerrand schauen“, erklärt der Chef mit Blick auf 24 angemeldete Patente.

Permatrade arbeitet mit Atrio zusammen

Ein wichtiges Element in der Permatrade-Philosophie ist die Zusammenarbeit mit der Behindertenwerkstatt Atrio. Die ist eher aus einem Zufall heraus entstanden. Eine Familie mit einem behinderten Kind war in die Nachbarschaft der Familie Sautter gezogen. Daraus entwickelte sich ein Kontakt, der in einem erfolgreichen Geschäftsmodell mündete.

Anfangs waren es kleinere Arbeiten, etwa das Falten von Prospekten, mittlerweile sind die Angehörigen in der Atrio-Werkstatt in die Permatrade-Fertigung voll eingebunden. Und das erfordert Präzision: „Unsere Produkte bestehen zum Teil aus 98 Einzelteilen“, erklärt Sautter. „Wenn man da nur eines vergisst, steht der Heizungskeller unter Wasser.“ Aber auf das Atrio-Team ist Verlass.

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Neben der technischen Zusammenarbeit ist der Firmenleitung die soziale Komponente wichtig. „Unsere Mitarbeiter kommen so mit beeinträchtigten Menschen in Berührung“, sagt Oliver Zander. „Man begegnet sich auf Augenhöhe. In diesem Bereich können wir uns als Pioniere bezeichnen.“

Ralph Brinkhaus ist beeindruckt

Sichtlich beeindruckt von der fachlichen wie auch sozialen Kompetenz des Höfinger Unternehmens zeigte sich jetzt ein Gast aus der großen Politik. Ralph Brinkhaus hatte einen Termin in Stuttgart genutzt, um in Leonberg vorbeizuschauen. „Das ist gelebte Verantwortung“, lobte der Chef der CDU-Bundestagsfraktion die Kooperation mit Atrio. Auch das flexible Agieren auf dem Markt gefiel dem prominenten Gast, der vom heimischen Abgeordneten Marc Biadacz und der Leonberger CDU-Fraktionschefin Elke Staubach begleitet wurde.

Doch nicht nur das Geschäftliche beeindruckte den Westfalen. Bei schwäbischen Butterbrezeln und Hefezopf erinnerte sich Brinkhaus gerne an seine Zeit während seiner Ausbildung zurück, die ihn in den Altkreis Leonberg geführt hatte: „Ich habe drei Jahre in Gerlingen gelebt und hier erfolglos Fußball gespielt.“

Immerhin hatte Brinkhaus so nicht nur Leonberg und Mönsheim kennengelernt, sondern war auch einmal ins 18 Grad kalte Waldfreibad im Krummbachtal gesprungen. Selbst an schwäbischen Spezialitäten wie Linsen und Spätzle hatte der CDU-Mann Gefallen gefunden: „Allein bei Kuddeln habe ich mich gefragt, was das überhaupt ist.“ Heute weiß er es und bevorzugt Rostbraten.