Nach 50 Jahren ist Schluss: Sport Krauss schließt im August seine Türen für immer. Einen Nachfolger konnten die Inhaber nicht finden.

Reges Treiben herrscht im Renninger Traditionsgeschäft Sport Krauss. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rücken die gesamte Ware noch einmal ins beste Licht, haben die insgesamt 700 Quadratmeter große Ladenfläche für eine große Verkaufsaktion hergerichtet, die noch bis zum 30. Juli dauern wird. Alles muss raus.

 

Die Stimmung ist gut, es wird viel gelacht. Doch zum Feiern ist keinem zumute. Eigentlich würde bei dem familiär geführten Unternehmen in diesem Jahr das 50-Jahr-Jubiläum anstehen. Das Fest findet aber nicht statt. Stattdessen ist großer Ausverkauf angesagt. Der Inhaber Alexander Krauss-Clausen schließt die Tür. Für immer. Er gibt das Geschäft, an dem all sein Herzblut hängt, auf. Nicht aus wirtschaftlichen Gründen. „Wir stehen auf gesunden Beinen“, sagt der 43-Jährige. In einem halben Jahrhundert hat sich das Sportgeschäft einen treuen Kundenstamm weit über Renningen hinaus erarbeitet.

Die Gesundheit geht vor

Was nicht mitspielt, ist die Gesundheit des Geschäftsführers. Die ist seit vielen Jahren nicht die beste. Alexander Krauss-Clausen hatte sie in der Öffentlichkeit nie zum Thema gemacht, seine Probleme lieber mit sich selbst ausgemacht. Doch zuletzt war es schwierig für ihn, die täglichen Geschäfte zu führen. Seine Mitarbeiter hatten ihn entlastet, wo es ging, schickten ihn schon mal früher nach Hause.

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Dass er sein Geschäft aufgibt, „war die bisher schwerste Entscheidung meines Lebens, weil nicht nur ich davon betroffen bin, sondern auch andere Familien“, sagt er. Den Entschluss hatte er im vergangenen Herbst endgültig gefasst, und dann seine Mitarbeiter darüber informiert. „Alle haben in der Zwischenzeit was Neues gefunden“, sagt ihr Noch-Chef und ist unendlich glücklich darüber. „Wir hatten so ein tolles Klima, beim Endspurt packen alle kräftig mit an, und ich habe das Gefühl, sie sind noch enger zusammengerückt.“

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Vater Hans Krauss, mittlerweile fast 80 Jahre alt, baute den Laden in jungen Jahren auf, machte damit sein Hobby zum Beruf. Ursprünglich absolvierte er eine Ausbildung in einem örtlichen metallverarbeitenden Betrieb und arbeitete dort noch einige Jahre weiter, auch als er 1972 das kleine Sportgeschäft mit nur wenigen Quadratmetern Verkaufsfläche in der Renninger Hindenburgstraße eröffnete.

In der Freizeit spielte er mit großer Leidenschaft Fußball. Der Offensivmann schaffte es Mitte der 1960er-Jahre sogar zu den Amateuren des VfB Stuttgart. „Er hatte zwei Bundesligaeinsätze“, sagt der Sohn. Und auch Tennis spielte er in höheren Ligen. Es brauchte seine Zeit, bis sich das Sportgeschäft auch finanziell rechnete und Hans Krauss seinen eigentlichen Beruf nicht mehr als Sicherheit brauchte. „Anfangs hat er sogar selbst mal eine Sporthose gekauft, damit Umsatz in die Kasse kommt“, sagt Maaike Clausen, die Ehefrau von Alexander Krauss-Clausen.

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Diese Tricks brauchte er einige Jahre später nicht mehr, als er in die Bahnhofstraße zog und sein Sportgeschäft auf zwei Ebenen erweiterte. 2003 folgte der nächste Schritt. Hans Krauss, nun schon seit mehr als 30 Jahren Sportartikelkaufmann, nahm einen Kredit auf und baute im Gewerbegebiet in der Benzstraße sein neues Geschäft auf dem Fundament eines stillgelegten Supermarktes auf. Ab sofort präsentierte er seine Waren auf 700 Quadratmetern. Die Kooperation mit Intersport, einer Leistungsgemeinschaft selbstständiger Sportfachhändler, machte es ihm möglich, auch die angesagten Marken zu beziehen.

In den Fußstapfen des Vaters

Die Kinder von Hans Krauss wuchsen bei den Eltern im Sportgeschäft auf, waren in den örtlichen Sportvereinen verwurzelt. Während die Schwester ihren eigenen beruflichen Weg einschlug, war für Alexander Krauss klar, dass er mal in die Fußstapfen seines Vaters treten wird. Vor einigen Jahren hat sich der Vater aus dem Geschäft zurückgezogen. 2016 eröffnete Alexander Krauss-Clausen ein zweites Sportgeschäft in der Leonberger Maybachstraße. „Das hat sich wirtschaftlich nicht getragen. Zum Glück haben wir 2019 noch vor Corona zugemacht, sonst hätte auch das Renninger Geschäft nicht überleben können“, sagt er heute. Zumal er auch dort Geld für die Modernisierung reingesteckt hat.

So schlimm und so ungewiss die drei Phasen des Corona-Lockdowns waren, so groß die Sorgen, wie es weitergehen würde: Durch das „Herunterfahren“ seiner Kräfte ging es ihm gesundheitlich besser als in den vielen Jahren zuvor. Und er hatte Zeit, nachzudenken, wohin die Reise gehen könnte. Da kam ihm erstmals der Gedanke, das Geschäft zu schließen, alles auf „Reset“ zu drücken und dem Körper eine Auszeit zu gönnen.

Von seiner Frau Maaike Clausen – die Tochter von Els Clausen, der 2019 viel zu früh verstorbenen ehemaligen Präsidentin des örtlichen Sportvereins SVR – und von seiner Familie bekam er volle Unterstützung. „Die Gesundheit geht vor“, sagt Clausen, Intensivmedizinerin in Sindelfingen im Klinikum Südwest. Auch sie hilft im Laden mit, wenn sie gebraucht wird. Vor allem jetzt während des Ausverkaufs.

Es gibt keinen Nachfolger

Beide haben versucht, einen Nachfolger im Sportbereich zu finden. Ohne Erfolg. „Das wäre die optimale Lösung gewesen, dann hätten auch meine Mitarbeiter bleiben können.“ Jetzt hat sich ein Mietinteressent aus einem anderem Geschäftsbereich gefunden. Die Immobilie ist noch nicht abbezahlt. Mit den Mieteinnahmen bekommt er das aber gut hin. Für Krauss-Clausen wird es nicht leicht sein, die Tür ein letztes Mal zu schließen. „Für mich ist das der richtige Weg.“