Die Kämmerei hat für die kommenden Jahre einen beträchtlichen Schuldenberg vorausgesagt, falls die Weichen nicht neu gestellt werden.

Renningen - Die Ankündigung der Renninger Kämmerei, dass die Stadt auf rund 40 Millionen Euro Schulden zusteuert, wenn in Zukunft nicht neue Priorisierungen erfolgen und selbst wünschenswerte Projekte aufgeschoben oder gar gestrichen werden, hat bei den Gemeinderäten einen tiefen Eindruck hinterlassen. Auch wenn es in den Haushaltsreden der Renninger Räte und Fraktionen schon fast eine Tradition ist, sich weniger mit dem aktuellen Haushalt, sondern mehr mit allgemeinen Anreizen und Perspektiven für die Zukunft auseinanderzusetzen, bestimmte das Damoklesschwert der drohenden Verschuldung diesmal umso mehr die Vorträge der Redner. Manches Vorhaben wurde infrage gestellt. Von anderen wiederum möchten die Fraktionen keinesfalls abrücken.

 

Alle stehen für Klimaschutz

Fast geschlossen stellen sich die Fraktionen und Redner hinter das Voranbringen des Klimaschutzes. „Es ist Zeit, alles, was wir schon haben, mit dem zu ergänzen, was wir noch brauchen“, formuliert es Resi Berger-Bäuerle von den Frauen für Renningen (FfR). Vor allem die Grünen zeigen sich in dem Zusammenhang enttäuscht, dass dieses Thema bislang noch viel zu stiefmütterlich behandelt wurde. Renningen sei die letzte Kommune im Kreis Böblingen, die ein Klimaschutzkonzept überhaupt entwickelt habe, moniert Monika Breitweg von den Grünen. 20 000 Euro sind für dieses Konzept 2021 im Haushalt vorgesehen – dafür ganze 30 000 für die Weihnachtsbeleuchtung. „Insgesamt fürchten wir, dass diese Größenordnungen die Wertschätzung der Themen durch die Verwaltung widerspiegeln.“

Vielfaches Nein zum Gewerbegebiet

Ein klares Nein senden mehrere Fraktionen in Richtung eines neuen Gewerbegebiets Süd, angedacht zwischen der B 295 und den Bahngleisen. Die Verwaltung rät schon länger zu einer Umsetzung, umso mehr, seit die finanzielle Lage der Stadt absehbar ist. Denn ein Gewerbegebiet brächte Einnahmen durch Grundstücksverkäufe und Gewerbesteuer. Oliver Schmiedeberg (FDP) spricht sich daher auch klar für das Gewerbegebiet aus.

Damit steht er jedoch weitgehend allein. Die Freien Wähler wiederholen ihre Absage an die Pläne. Der Grunderwerb würde die Stadt um die neun Millionen Euro kosten, „finanziert über Schulden“, so Marcus Schautt. Dabei gelinge es seit Jahren kaum, „selbst sogenannte Filetgrundstücke im bestehenden Gewerbegebiet zu veräußern“. Die Grünen sehen es genauso. Die SPD stellt sogar den Bedarf der damit zusammenhängenden Südrandstraße infrage: Man müsse prüfen, „ob sie verkehrspolitisch nicht die falschen Anreize setzt“, sagt Jan Hambach.

Rathaus und Sporthalle

Mit mehreren neuen Kitas und Schulsanierungen und -erweiterungen hat Renningen viele Großprojekte vor sich. Das neue Rathaus auf dem Areal der Volksbank und die neue Sporthalle bilden deshalb eine Besonderheit, da sie keine Pflichtaufgabe für die Stadt darstellen.

Der Kauf des Volksbankgebäudes ist bereits unter Dach und Fach, am Bau des neuen Rathauses kann kein Ratsmitglied mehr rütteln. An der Tragweite dagegen schon: SPD und Freie Wähler möchten den geplanten Anbau mit einem Sitzungssaal noch einmal aufschieben. Die CDU schlägt außerdem vor, Wege für weitere Kostensenkungen zu suchen, zum Beispiel durch intelligente Raumkonzepte, „Arbeitsplatz-Sharing“, Energieeffizienz und dergleichen. Allein die Grünen, die von Anfang an gegen den Kauf des Gebäudes waren, stellen das Gesamtprojekt weiter infrage, „da es sich um ein sanierungsbedürftiges Gebäude handelt. Die Folgekosten werden uns noch sehr lange beschäftigen“, glaubt Monika Breitweg.

Lesen Sie hier: Aus zehn werden 13 Millionen Euro

Die mehr als 13 Millionen Euro teure Sporthalle spaltet weiterhin die Gemüter. Grüne, SPD, Frauen für Renningen und die FDP sprechen sich trotz der jüngsten Kostenschätzung weiter für eine Umsetzung aus. „Dass die Rankbachhalle in die Jahre gekommen ist und auf Sicht irgendwann einmal saniert werden muss, würde die Not der Schulen und Vereine noch deutlich vergrößern“, argumentiert Oliver Schmiedeberg (FDP). Die Freien Wähler möchten als einzige „das Sporthallenprojekt als Ganzes nochmals auf den Prüfstand stellen“, so Schautt. Man wolle dem Projekt zwar gerne zustimmen. Aber nur, „wenn wir uns die Halle trotz der nackten Zahlen verantwortungsvoll und ohne Finanz-Harakiri leisten können“.

Anträge sind die Ausnahme

Mit Anträgen halten sich die Fraktionen diesmal zurück, vor allem mit solchen, die zusätzliches Geld und Zeit beanspruchen. Beispielsweise möchte die SPD eine förderungsfähige Personalstelle für zwei Jahre einrichten, um ein Präventionsnetzwerk Kinderarmut zu schaffen. Kostenpunkt für ein Jahr: 20 000 Euro.

Die Frauen für Renningen fordern die Erfassung des Sanierungsbestandes der städtischen Gebäude noch in diesem Jahr, um die finanziellen Auswirkungen besser abschätzen zu können. Außerdem: Sollten die Jugend- und Schulsozialarbeiter feststellen, dass aufgrund der Pandemie die Probleme von Schülern signifikant zugenommen haben, „sollten wir kurzfristig personell aufstocken“, so Resi Berger-Bäuerle.

Zugleich gibt es mehrere Anregungen für Kosteneinsparungen: Die Grünen beantragen die Streichung der zusätzlichen Stelle im Gemeindevollzugsdienst für Geschwindigkeitsüberwachung. Und die CDU möchte überprüfen lassen, ob während der Sanierungsarbeiten an der Realschule ein Auszug der Schüler nicht sinnvoll wäre, um Synergieeffekte zu erzeugen und die Schüler besser zu schützen.