Der Investor Strabag will doch kein Hotel bauen. Stattdessen sollen mehr Wohnungen und Büros geschaffen werden.

Leonberg - Corona hat so einiges auf den Kopf gestellt. Auch die Neubebauung des Postareals Leonberg hat jetzt ein Corona-Opfer zu verzeichnen: das geplante Hotel für längere Aufenthalte (Boarding House). Da man davon ausgeht, dass die Pandemie nachhaltig das Geschäftsleben verändert – also Tagungen und Seminare öfter virtuell abgehalten werden und die Arbeit im Homeoffice verstärkt beibehalten wird – hat der Investor Strabag die Pläne für das Postareal geändert. Statt dem Boarding House soll es nun entweder mehr Büroflächen oder ein Ärztehaus geben.

 

Dies betrifft das geplante Gebäude an der Ecke Eltinger und Lindenstraße. Aber auch im Kerngebiet des Postareals, in dem ein Drogeriemarkt und ein Vollsortimenter sowie Cafés oder Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte geplant sind, soll es mehr Wohnungen geben. Dafür sollen Flächen genutzt werden, die etwa für ein Fitnessstudio vorgesehen waren.

5,1 Millionen Euro für zusätzliches Etage in der Tiefgarage

In einer Stadt, in der es eine hohe Nachfrage nach Wohnraum gibt, ist das per se erst einmal eine gute Nachricht. Durch die Umplanungen fehlen nun aber je nach Variante 38 bis 60 Stellplätze für Autos. Laut Strabag können auf dem Postareal, wie es bisher geplant ist, nur 270 Parkplätze für Wohnungen und Einzelhandel geschaffen werden.

Würde man die geplante Tiefgarage auf dem Gelände um ein weiteres Stockwerk mit 80 Plätzen nach unten vergrößern, würde dies Mehrkosten von 5,1 Millionen Euro bedeuten. Diese hohe Summe ergibt sich auch durch den felsigen Untergrund. Selbst wenn die neu geschaffenen Stellplätze zu einem ortsüblichen Preis verkauft würden, bliebe man am Ende auf drei Millionen Euro Mehrkosten sitzen, rechnet die Strabag vor.

Anfrage an Stadt

Das Unternehmen, das 2019 als Sieger aus dem Investorenauswahlverfahren hervorgegangen war, ist daraufhin mit einer Anfrage an die Stadt herangetreten, wo man sonst noch die nötigen Stellplätze herbekommen oder schaffen könnte. Darüber informierten Baubürgermeister Klaus Brenner und die Leiterin des städtischen Planungsamtes, Sabine Haupert, den zuständigen Planungsausschuss.

Blick von der Steinstraße auf das geplante Postareal. Foto: Strabag
Die Stadtverwaltung hat daraufhin eine Machbarkeitsstudie beauftragt, bei der drei Varianten für einen Parkhausneubau in der Nähe untersucht wurden: Erstens ein Parkhaus am Rathaus plus Verwaltungsanbau, zweitens den alten Teil des Rathaus-Parkplatzes mit einem Parkhaus zu bebauen. Und drittens die Tiefgarage des Johannes-Kepler-Gymnasiums durch einen Neubau zu ersetzen. So könnten zwischen 200 und 210 neue Stellplätze geschaffen werden.

Verwaltung favorisiert Neubau des JKG-Parkhauses

„Die Verwaltung schlägt vor, das Parkhaus am JKG neu zu bauen“, sagte Haupert. „Wir würden damit etwas ersetzen, das ohnehin sanierungsbedürftig ist.“ Schon jetzt wird das obere Parkdeck im Winter geschlossen, um möglichst wenig Streusalz einzutragen und die Struktur damit nicht noch weiter zu beschädigen.

Zudem ist es nach vorläufigen Planungen die günstigste Variante. Die Erweiterung der Rathaus-Tiefgarage würde etwa 9,4 Millionen Euro kosten, ein Parkhaus auf dem alten Rathaus-Parkplatz etwa 6,4 Millionen und ein neues Parkhaus am JKG rund sechs Millionen Euro. Die Strabag würde dann am Ende die nötige Zahl an Stellplätzen kaufen. Veranschlagt sind dafür etwa 2,5 Millionen Euro.

Externer Gutachter begleitet Verfahren

Das Verfahren insgesamt ist nicht unkompliziert. „Wir schaffen damit einen Präzedenzfall, wenn wir der Strabag zu Hilfe eilen“, mahnte Gudrun Sach (Grüne). Es sei eine Einladung an jeden Bauträger, an die Stadt heranzutreten und zu sagen: „Wir können nicht genug Stellplätze bauen, könnt ihr die uns nicht bauen?“

Dem widersprach der Baubürgermeister. „Das dürfen wir gar nicht. Die Strabag darf uns auch keine Baukosten zahlen, sondern muss die Stellplätze am Ende zum Verkehrswert abkaufen“, erklärte Brenner. Damit dabei auch alles rechtens sei, werde ein externer Gutachter hinzugezogen. Wolfgang Schaal (Freie Wähler) zeigte sich verärgert. „Der Gemeinderat hat der Strabag bereits vor einem Jahr grünes Licht gegeben. Und jetzt kommt man wieder mit etwas Neuem daher“, sagte er.

Über das Postareal wird weiter diskutiert

Schaal sieht darin auch eine Finte des Unternehmens: So seien ursprünglich mehr als 100 Wohnungen angedacht gewesen. Dies habe man später zugunsten von mehr Büros auf 76 Wohneinheiten reduziert, da man die nötigen Stellplätze nicht auf dem Gelände unterbringen könnte. Nun habe man wieder erhöht und wolle externe Parker. Dennoch stehe man dem Parkhaus-Neubau hinterm Rathaus offen gegenüber, aber nur aus zwei Gründen: „Wir sind für mehr Wohnungen, und wir wollen, dass es auf dem Postareal weiter geht.“

Willi Wendel (CDU) sprach sich gegen den Vorschlag der Strabag aus, den Stellplatzschlüssel von 1,5 Parkflächen je Wohneinheit auf 1 zu reduzieren für Wohnungen, die kleiner als 60 Quadratmeter sind. „Wir dürfen das nicht tun, nur damit es reicht“, sagte er.

Der Gemeinderat befasst sich in seiner nächsten Sitzungsrunde erneut ausführlich mit dem Postareal. Dabei wird es unter anderem um die Zufahrtssituation gehen, aber auch um das vorgeschlagene Parkhaus beim JKG.