Mehr Wachstum birgt Konflikte. Das muss ehrlich diskutiert werden.

Leonberg - Die Stadt wächst. Das ist an sich eine gute Nachricht. Doch das Wachstum hat seinen Preis. Je mehr junge Familien sich rund um den Engelberg ansiedeln, desto höher ist der Bedarf an der sogenannten Infrastruktur: Kindergärten, Betreuungseinrichtungen, Schulen, Geschäfte, Sporthallen, Busse und, und, und...

 

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Das kostet nicht nur Geld, sondern wird aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann auch nicht mehr gebraucht. Die Kinder werden erwachsen, die Gebäude, die heute dem neuesten Stand entsprechen, sind in 15 Jahren überaltert und nicht mehr wirklich zu gebrauchen. Kein Wunder also, dass auch der Oberbürgermeister darüber nachdenkt, ob das Aneinanderreihen von Baugebieten auf lange Sicht eine gute Lösung ist.

Klar ist: Aus jetziger Sicht ist der Bedarf an Wohnungen und Häusern ungebrochen hoch, sowohl was den sogenannten bezahlbaren Wohnraum betrifft, als auch an Immobilien im gehobenen Segment. Ebenso offensichtlich ist, dass Leonberg gerade für Familien mit mittlerem bis besserem Einkommen eine attraktive Adresse ist. Hier ist es dann doch ein Stück günstiger als in Stuttgart.

Und doch ist eine angenehme Urbanität vorhanden, sowohl was das Angebot an Handel, Gastronomie und Freizeitmöglichkeiten betrifft, wie auch bei den schon eingangs erwähnten Schulen und Tagesstätten. In Leonberg gibt es alle Schulformen, und Kita-Plätze sind zwar auch hier ein rares Gut, aber die Lage ist immer noch besser als in der benachbarten Landeshauptstadt. In die übrigens, was ebenfalls ein Standortvorteil ist, alle Viertelstunde die S-Bahn fährt. Last not least sind trotz dieser städtischer Strukturen Wald und Wiesen direkt vor der Haustür.

Was machen Leonbergs Nachbarn?

Es gibt also viele gute Gründe, warum die Menschen gerne zwischen Eltingen und Höfingen wohnen. Und genau das macht es der Kommunalpolitik ja so schwer. Letztlich steht Leonberg im Wettbewerb mit etlichen Kommunen im Umland. Ob Rutesheim, Renningen, Ditzingen oder Sindelfingen: Die Nachbarstädte schlafen nicht.

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Es ist daher richtig, wie dringend nötig, dass sich der Gemeinderat nun ernsthaft Gedanken macht, welche Schwerpunkte in den nächsten zwei Jahrzehnten gesetzt werden sollen. Politik nach Prioritäten hatten sich die Stadträte ja ohnehin angesichts der immer knapper werdenden Finanzmittel schon vor einem guten Jahr vorgenommen. Die Anfangsbegeisterung indes hat den Mühen der Ebene wieder Platz gemacht.

Es muss eine ehrliche Diskussion geführt werden

Doch der Konflikt zwischen dem Streben nach Wachstum – und dem Schaffen der Voraussetzungen dafür – kann nur dann gelöst werden, wenn eine ehrliche Diskussion geführt wird, was in den kommenden Jahren realistisch ist und was eben nicht.

Das bedeutet aber keinesfalls, dass die gerade in Gang gekommenen Aktivitäten für mehr Lebensqualität in der Stadt nun ausgebremst werden sollen. Das Gegenteil ist der Fall: Qualität ist keine Frage der Quantität, sondern eher eine Frage des Wohlfühlens.