Die Steuereinnahmen bleiben konstant, doch die Ausgaben sind hoch. Deshalb muss die Stadt an ihr Tafelsilber gehen, den Etat auszugleichen.

Leonberg - Es gibt gute und schlechte Nachrichten rund um den Leonberger Haushalt des Jahres 2022. Die guten zuerst: Die Steuern bleiben unverändert. Auch dass die Stadt rund 14,5 Millionen Euro in Kinderbetreuung und Schulen investiert, darf inhaltlich als gute Botschaft verstanden werden.

 

Die schlechte Nachricht: Die geplanten Schulden drohen im kommenden Jahr die 100-Millionen-Euro-Latte zu reißen. Die Verschuldung könnte bis 2025 sogar bei 128,58 Millionen Euro liegen. „Sparen bleibt eine Tugend“ mahnt denn auch die Finanzbürgermeisterin Josefa Schmid (FDP). Gemeinsam mit Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) hat sie den Haushaltsentwurf mit einem Gesamtvolumen von rund 220 Millionen Euro am Dienstagabend im Gemeinderat vorgestellt und damit die Etatberatungen eröffnet. Hier eine Übersicht, was dies im Einzelnen bedeutet.

Steuern

Wichtigste Position ist für die Stadt ihr Anteil an der Einkommensteuer: Die steigt im Vergleich zum Vorjahr um gut zwei Millionen auf 35,1 Millionen Euro. Der zweitwichtigste Posten ist die Gewerbesteuer, bei der auch ein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnen ist: Sie spült im kommenden Jahr 24,5 Millionen Euro, 2023 sogar 25,7 Millionen Euro in die Stadtkasse.

Leonberg ist eine Stadt der Häuslebesitzer: Jeweils knapp 10,3 Millionen Euro bringen die Grundsteuern A und B für landwirtschaftlich und privat genutzte Flächen ein. Auch die Vergnügungssteuer, die Betreiber von Glückspieleinrichtungen zu zahlen haben, ist eine kontinuierliche Einnahmequelle: Immerhin 1,8 Millionen Euro erwartet die Kämmerei-Leiterin Elke Gräter im kommenden Haushalt, 2021 noch 1,5 Millionen Euro.

Ob es an Corona liegt, dass sich immer mehr Menschen einen Hund zulegen? Die Steuereinnahmen lassen das vermuten - gehen sie doch seit vier Jahren kontinuierlich nach oben. Gut 196 000 waren es 2017, im auslaufenden Jahr erwartet die Kämmerei gut 214 000 Euro, für das Jahr 2022 rund 220 000 Euro, im Folgejahr noch 10 000 Euro mehr. Der Besitz eines Hundes kostet durchschnittlich 132 Euro Steuern.

Hebesätze

„Wir sind relativ gut unterwegs“, beurteilt Martin Georg Cohn die Einnahmesituation. Deshalb können die Steuersätze mit 300 bei der Grundsteuer A, 445 bei der Grundsteuer B und 380 bei der Gewerbesteuer konstant gehalten werden – und das seit nunmehr 16 Jahren. Ob dies allerdings auch dauerhaft so bleibt, will der Oberbürgermeister nicht versprechen: „Das wird die künftige Finanzlage zeigen.“ Die Wassergebühren müssten schon jetzt „moderat“ erhöht werden.

Kreisumlage

Die Leonberger Bürgerschaft hat eine hohe Steuerkraft, die sich weiter nach oben entwickelt. Sie lag 2014 bei gut 55 Millionen, liegt jetzt 77 Millionen und im kommenden Jahr bei mehr als 82 Millionen. Dies wiederum ist bedeutsam für die Bemessung der Kreisumlage, also jene Abgabe, die die Kommunen an den Landkreis zahlen müssen.

Beim früheren Oberbürgermeister Bernhard Schuler war die Kreisumlage ein dauerhaftes Ärgernis, ging sie in den vergangenen Jahren konstant nach oben. Erst angesichts der coronabedingten Einnahmeausfälle vieler Kommunen hatte der Kreistag die Umlage 2020 auf 29,9 Prozentpunkte gedrückte. Ursprünglich sollte sie 2022 auf 32 Punkte steigen, doch da die Krise längst noch nicht bewältigt ist, belässt es Landrat Roland Bernhard bei den knapp 30 Prozentpunkten.

Verbesserungen

Im Leonberger Rathaus wird das mit Freude registriert: „Das bringt uns eine Verbesserung von 1,9 Millionen Euro“, sagt Finanzbürgermeisterin Schmid. Die sollen in die Schuldentilgung gesteckt werden. Deshalb ist der Oberbürgermeister auch nicht vollends überzeugt, dass Ende 2022 die 100-Millionen-Euro-Schuldenmarke wirklich überschritten wird. „Bisher haben wir es immer vermeiden können“, sagt Cohn. „Es ist ja auch nicht sicher, ob alle geplanten Investitionen umgesetzt werden.“ Das würde den Haushalt auch entlasten.

Ausgaben

Womit wir bei den Ausgaben wären. Insgesamt 32,6 Millionen Euro hat Leonberg im Haushaltsentwurf für Kinderbetreuung und Bildung veranschlagt. Dazu zählen die Schulen, die Jugendmusikschule, die VHS und die „allgemeine Förderung junger Menschen“, für die zwei Millionen Euro vorgesehen sind. Wichtig sind dem Oberbürgermeister zudem 1,8 Millionen Euro für die Abwasserbeseitigung und mehr als 2,2 Millionen Euro für die Stadtentwicklung, öffentliche Grünflächen und Landschaftsbau: „Damit investieren wir in die Lebensqualität unserer Stadt.“

Fazit Finanzdezernentin

„Wegen der hohen Investitionen reicht die eigene Kraft des Haushalts für ein ausgeglichenes Ergebnis nicht aus“, analysiert die Finanzbürgermeisterin. „Der Etat ist auf Kante genäht. Deshalb muss der Priorisierungsprozess, in dem Ausgaben-Schwerpunkte festgelegt werden, unbedingt weitergeführt werden.“ Dass der Haushalt vom Regierungspräsidium dennoch genehmigt werden dürfte, liegt in den Augen von Josefa Schmid maßgeblich an den guten Rücklagen der Stadt und dem Erlös aus Grundstücksverkäufen, dem viel zitierten Tafelsilber.

Fazit Oberbürgermeister

Leonberg wächst. Doch mit zusätzlichen Einwohnern wächst auch der Bedarf an einer entsprechenden Infrastruktur: Schulen, Kindergärten, Nahversorgung, Freizeitmöglichkeiten. „Deshalb müssen wir uns überlegen, ob es noch zielführend ist, ungebremst weitere Wohngebiete auszuweisen“, mahnt Martin Georg Cohn. „Auf einen Schlag haben wir einen höheren Bedarf an Kitas und Schulen. Dieser Bedarf wird wieder abflachen.“ Dann, so befürchtet der OB, könnten die eilends gebauten Einrichtungen ungenutzt brach liegen.

Cohn plädiert daher für eine „kluge Flächenpolitik, in der die vorhandene Infrastruktur auf Dauer genutzt werden kann.“ Die Belange der Landwirtschaft bezieht er ausdrücklich mit ein.