Die Kreissparkasse Böblingen baut um. Gerade ältere Kunden stellt der Wegfall des persönlichen Kontakts vor Probleme. Der Kreisseniorenrat mahnt: Auch Ältere sollen Handy und Online-Banking verwenden.

Kreis Böblingen - Vor einer Woche hat der Vorstand der Kreissparkasse Böblingen (KSK) das neue Standort- und Beratungskonzept vorgestellt. Im Laufe der nächsten Monate soll das Filialnetz schrittweise umstrukturiert werden. Das bedeutet: Zehn Filialen werden geschlossen und in bereits bestehende Standorte integriert. 13 Standorte sollen gestärkt werden, indem sie zu größeren Beratungscentern werden. Zudem werden die Servicezeiten angepasst: Ab Februar schließen die Filialen durchgängig um 17 Uhr, am Dienstagnachmittag gibt es keinen persönlichen Service mehr.

 

Mit dem neuen Konzept wolle man veränderten Kundenbedürfnissen Rechnung tragen. Mehr bargeldlose Transaktionen hätten zu einer rückläufigen Frequenz in den Filialen geführt. Diese Entwicklung wurde durch Corona verstärkt. Stand Juni 2021 nutzen 67,5 Prozent der Kunden der Kreissparkasse Böblingen Online-Banking, etwa sieben Prozent mehr als noch im Januar 2019.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Drei Standorte im Altkreis machen zu

Wie ganz anders die Menschen vor Ort die Entwicklung sehen, geht aus einem Brief unserer Leserin Sabine Hartmann aus Schafhausen hervor. „Wir brauchen die Filiale am Ort, hier wird zur Zeit die neue Ortsmitte gebaut und die soll belebt werden“, sagt sie. Da könne es nicht sein, dass die Kreissparkasse sich zurückzieht. Sie müsse Zeichen setzen gegen Aussterben von Präsenz, von Läden und Dienstleistungen in den Dörfern, gegen die Entmündigung von älteren Bürgern und gegen die Ausgrenzung von Teilen der nicht oder wenig mobilen Gesellschaft.

Ein großes Stück Eigenständigkeit

Die Bank vor Ort ermögliche Älteren ein großes Stück Selbstständigkeit. „Sie können hier ihre Bankgeschäfte vor Ort erledigen, Geld abheben, Überweisungen tätigen und beraten werden“, zählt Sabine Hartmann auf. Die Mitarbeiter in Schafhausen seien kompetente und hilfsbereite Menschen, die kein Geldautomaten ersetzen könne. In einer Welt, in der vermehrt menschlicher Kontakt verloren gehe, könne die Sparkasse ein wertvolles Zeichen dagegen setzen mit einer Filiale im Ort, meint Sabine Hartmann.

„Der Trend setzt sich weiter fort“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale in Stuttgart. Tatsache sei, dass alle großen Institute immer wieder Filialen schließen und die Kunden in die Selbstbedienungsbereiche der Filiale „leiten“, wo die Automaten stehen. Die Mitarbeiter in den größeren Beratungscentern sollen vermehrt Beratungs- und Verkaufsgespräche führen und weniger mit „Kleinkram“ beschäftigt sein. Beschwerden von Kunden bei der Verbraucherzentrale hielten sich in Grenzen – doch wenn, dann seien eher Ältere die Beschwerdeführer.

Viele über 65-Jährige haben kein Smartphone

Manfred Koebler, der Vorsitzende des Kreisseniorenrates in Böblingen, kennt derartige Sorgen seiner Mitglieder: „Es ist hart, wenn zehn Filialen schließen.“ Insbesondere, da viele Senioren im Hinblick auf Online-Banking skeptisch seien und das Gefühl hätten, ihre Daten „zu veräußern“ oder zu viel von sich selbst im Internet preiszugeben. Doch Koebler glaubt auch: „Die Sparkasse muss der Digitalisierung Rechnung tragen – mit allen Vor- und Nachteilen.“ Er sei zudem „erschrocken“, wie viele über 65-Jährige kein Smartphone besäßen und ist sich sicher: „Wir Älteren müssen unbedingt Smartphones verwenden.“

„Unsere Erfahrung zeigt, dass auch bei älteren Menschen mittlerweile eine hohe Kompetenz in puncto Online-Banking und Nutzung moderner Medien vorhanden ist“, sagt Detlef Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Böblingen. Um alle Altersgruppen mitzunehmen, werde Infomaterial zum Online-Banking angeboten. Mit dem „Service auf Termin“ könne der Sparkassenbesuch mit anderen Terminen vor Ort ohne Wartezeit kombiniert werden. Für die Versorgung mit Bargeld sei mit den SB-Automaten vor Ort gesorgt. Diese blieben auch in zu schließenden Standorten erhalten.

Neues Standortkonzept der Kreissparkasse

Verringerung
 des Filialnetzes um zehn auf 28 Standorte im Kreis.

Filialschließungen
 wird es im Altkreis in Schafhausen, Flacht und Gebersheim geben. Die Standorte werden zum Dezember 2022 in bestehende Filialen integriert.

Stärkung
 von insgesamt 13 Standorten, die zum Juli 2022 zu größeren Beratungscentern werden, darunter in Leonberg, Weil der Stadt, Renningen und Rutesheim.

SB-Stellen
 mit Geldautomaten in den geschlossenen Standorten sollen die Kunden weiterhin mit Bargeld versorgen. 

Veränderte Kundenbedürfnisse
 nennt die Kreissparkasse Böblingen als Hauptgrund für die über den gesamten Landkreis verteilten Filialschließungen. Die Frequenz in den Bank-Filialen sei rückläufig, die Nutzung von digitalen Angeboten, wie Online-Banking, Videoberatung und Sparkassen-App nehme zu.