Die Leiterin der Weissacher Gemeinschaftsschule beklagt, dass die Berufsberatung in Corona-Zeiten nicht mehr an der Schule stattfindet.

Weissach - Nach der Schule erst einmal ins Ausland oder doch ein Freiwilliges Soziales Jahr? Und danach Ausbildung oder Studium? Aber welcher Beruf soll es nur werden? Und welche Anforderungen muss ich da erfüllen? Jugendliche auf dem Weg zum Schulabschluss stehen vor wegweisenden Entscheidungen. Damit sie frühzeitig die Antworten auf obige Fragen finden und nicht nach der Schule ohne Perspektive dastehen, gibt es seit fast 50 Jahren die Berufsberatung der Agentur für Arbeit.

 

Doch in Corona-Zeiten ist auch das anders. „Seit im Frühjahr alle Schulen schließen mussten, war kein Berufsberater mehr an unserer Schule“, sagt Karin Karcheter, die Leiterin der Ferdinand-Porsche-Gemeinschaftsschule Weissach.

Dienstreiseverbot für Mitarbeiter

An der Gemeinschaftsschule, an der alle Abschlüsse von der Hauptschule bis zum Abitur gemacht werden können, spielt die frühzeitige Berufsorientierung eine wichtige Rolle. Dabei verfüge die Schule über einen geeigneten Raum, in dem Einzelgespräche mit Schülern stattfinden können – der sich lüften und in dem sich genügend Abstand halten lässt. Dass derzeit keine Berufsberatung möglich ist, macht sie aber nicht den Mitarbeitern der Arbeitsagentur zum Vorwurf. „Ich weiß, sie würden gern kommen, aber sie dürfen nicht“, sagt sie. Aktuell gilt laut Agentur für Arbeit ein Dienstreiseverbot.

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Dafür hat Karcheter kein Verständnis. „Das Jugendamt kommt bei uns weiterhin zum Runden Tisch. Und auch das sozialpädagogische Betreuungszentrum kommt weiterhin in die Schule. Also alle, bei denen die Kinder und Jugendlichen sonst noch Hilfe erhalten“, sagt Karcheter.

Der persönliche Kontakt fehlt

Eine Nachfrage bei der Agentur für Arbeit in Böblingen ergibt gleich eine ganze Reihe an Schwierigkeiten. Vor allem die Schulschließungen im Frühjahr hätten die Berufsberater in einen zeitlichen Zugzwang gebracht. Deshalb legte man den Fokus vor allem auf die Schulabgänger, die noch keinen Ausbildungs- oder Schulplatz hatten. „Durch diese Strategie konnten wir fast alle auffangen und mit Alternativen versorgen“, sagt Nico von Hobe, der Teamleiter Berufsberatung im Kreis Böblingen.

Im aktuellen Teil-Lockdown gelte zudem ein Verbot von Dienstreisen – zum Schutz der Mitarbeiter. Derzeit versuche man, das Angebot an Videoberatungen auszuweiten und auch Videovorträge zu organisieren. „Den persönlichen Kontakt kann das aber einfach nicht ersetzen“, sagt Nico von Hobe.

Gibt es eine „Generation Corona"?

Bleiben durch Corona am Ende mehr Jugendliche auf der Strecke? Eine „Generation Corona“? „Ja, das sehen wir auch“, sagt er. Je länger der aktuelle Teil-Lockdown gehe und je häufiger Klassen in Quarantäne geschickt oder ganze Schulen für einen begrenzten Zeitraum geschlossen würden, desto schwieriger werde es für alle Beteiligten, dies im Rahmen des Berufsorientierungsprozesses wieder aufzuholen. „Unsere Berater berichten mir, dass die Jugendlichen schon anders drauf sind. Desorientierter, verunsicherter“, sagt Nico von Hobe.

„Zum Glück machen wir im Bereich Berufsberatung schon sehr viel selbst“, sagt die Leiterin der Weissacher Gemeinschaftsschule. So habe man erst im vergangenen Jahr einen ganzen Raum für Berufsorientierung mit viel Informationsmaterial eingerichtet. „Dennoch bleibt die Berufsorientierung der Agentur der Arbeit ein wichtiger Baustein in unserem Konzept“. sagt Karin Karcheter.