In Corona-Zeiten muss auch die Berufsorientierung an den Schulen neue Wege gehen. Die moderne Technik ist dabei Fluch und Segen.

Kreis Böblingen - Normalerweise kommen die Berufsberater schon zwei Jahre vor dem Abschluss in die Schulkassen. Es werden Berufe vorgestellt, der Ausbildungsmarkt betrachtet und Bewerbungen geübt. Doch in Corona-Zeiten ist vieles anders, wie Nico von Hobe, der Teamleiter der Berufsberatung im Landkreis Böblingen der Agentur für Arbeit, erklärt.

 

Herr von Hobe, die Leiterin der Weissacher Gemeinschaftsschule würde gerne wieder Mitarbeiter der Berufsberatung in ihrer Schule begrüßen. Warum ist das nicht möglich?

Auf der einen Seite freut uns, dass der Schule unsere Arbeit so wichtig ist. Auf der anderen Seite können wir die Berufsorientierung leider aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Restriktionen nicht in der bisher gewohnten Form durchführen.

Was bedeutet das konkret?

Hier muss man ein wenig zurückblicken. Durch den Lockdown Ende März waren zunächst alle Schulen zu. Da auch die Agentur für Arbeit – wie fast alle anderen Behörden – für den Publikumsverkehr geschlossen war, konnten die Schülerinnen und Schüler auch nicht ersatzweise in unseren Räumlichkeiten beraten werden. Zudem wurden unseren Mitarbeitenden Außendienste und Außentermine generell untersagt. Als die Schulen im Mai sukzessive wieder geöffnet wurden, hat dies zunächst vor allem die Prüfungsklassen betroffen. Unsere Berufsberater durften daraufhin wieder an die Schulen. Es fanden aber Einzelberatungen statt mit sogenannten „unversorgten Jugendlichen“, welche noch keinen Studien- oder Ausbildungsplatz, keine FSJ-Stelle oder einen Platz an anderen Schulen hatten.

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Und wie sieht es seit den Ferien aus?

Da waren zwar wieder Veranstaltungen an den Schulen möglich, aber auch hier hatten wir noch Jugendliche ohne Anschlussperspektive, die wir bevorzugen mussten. Auch Einzelgespräche mit Schülern, die jetzt in den Abschlussklassen sind, wurden priorisiert. Da zahlreiche Betriebe und auch Behörden schon im Herbst keine Bewerbungen mehr für den Ausbildungsbeginn im Folgejahr annehmen.

Doch dann nahmen die Corona-Fälle wieder zu.

Ja. Wir hätten die Einzelberatungen sehr gerne auch nach den Herbstferien weitergeführt unter der Maßgabe, dass an den Schulen vor Ort ein gleichwertiges oder strengeres Hygienekonzept gilt. Die Bundesagentur für Arbeit ist, was den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeitenden angeht, sehr konsequent. Dass dies gut war, zeigt die Tatsache, dass sich bisher niemand in der Berufsberatung mit dem Covid 19-Virus infiziert hat. Unsere Berater und Beraterinnen betreuen jeweils mehrere Schulen im Landkreis und pendeln zwischen den Schulen auch innerhalb einer Woche. Aktuell führen wir alternative Konzepte ein, wie etwa Videoberatungen und Klassenvorträge per Video. Dies gelingt in vielen Fällen schon gut, wir mussten aber auch feststellen, dass es bis zum reibungslosen Echtbetrieb mitunter kein einfacher Weg ist.

Wo liegt das Problem?

Die technischen Hürden sind hoch. Die IT-Systeme sowohl in den Schulen als auch bei uns im Haus sind gut gesichert. Hier finden sich erst nach und nach Wege, eine Videoberatung durch zwei Firewalls hindurch möglich zu machen. Nicht immer sind die technischen Voraussetzungen kompatibel und wir haben auch kein W-Lan. Zudem ist der Datenschutz wichtig, steht aber manchmal einer pragmatischen Lösung im Wege.

Inwiefern?

Wegen der IT-Sicherheits- und Datenschutzproblematik können wir gegenwärtig nicht alle von den Schulen genutzten Portale wie Zoom, Microsoft-Teams und so weiter uneingeschränkt nutzen. Die IT-Abteilung unserer Zentrale arbeitet mit Hochdruck daran, sukzessive möglichst viele dieser Kanäle zugänglich zu machen. Aber es gibt auch Erfolge im Kreis Böblingen. Wir konnten im November schon an mehreren Schulen Videoberatungen durchführen. Aber leider funktioniert der eine technische Weg nicht zwangsläufig an allen anderen Schulen.

Unter welchen Bedingungen wird die Berufsorientierung vor Ort in den Schulen wieder möglich sein?

Aktuell gilt die Sperre für Außendienste bis Ende November analog den Regelungen der Bundes- und Landesregierungen. Sobald die Infektionszahlen soweit rückläufig sind, dass das Infektionsrisiko es zulässt, werden Außendienste wieder möglich.

Wie können sich Jugendliche jetzt über ihre berufliche Zukunft informieren?

Viele unserer Informationsangebote sind über die Internetseite Arbeitsagentur.de aufzurufen, mit Informationen zu Berufen und einem Selbsterkundungstool. Außerdem haben wir für die Berufsberatung im Kreis Böblingen eine Hotline eingerichtet unter der Nummer 0 70 31 / 21 35 90.