Der Vorstand der Volksbank Leonberg-Strohgäu ist mit dem Geschäftsjahr 2020 zufrieden. Verwahrentgelt sei nicht zu vermeiden.

Leonberg - Eine gute und eine schlechte Nachricht haben die beiden Vorstände der Volksbank Leonberg-Strohgäu, Jürgen Held und Wolfgang Ernst, bei der Vorstellung der Bilanz 2020 zu verkünden. Für erstere ist die Bank selbst verantwortlich: Mitglieder bekommen 2,5 Prozent Dividende für das Geschäftsjahr 2020 sowie vier Prozent Bonus aus dem Gewinnvortrag des Geschäftsjahres 2019.

 

Die andere ist der Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geschuldet: Vom 1. April an wird auch die Volksbank Leonberg-Strohgäu von ihren Privatkunden sogenanntes Verwahrentgelt ab einer Einlage von 100 000 Euro verlangen – was auf Negativzinsen hinausläuft.

Rund zwei Millionen Euro Jahresüberschuss

Das Jahr 2020 hat der Volksbank trotz der Herausforderungen ein robustes Kundengeschäft beschert. Im Sommer und Herbst gab es, analog der positiven Entwicklung an der Börse, einen regelrechten Aufschwung. „Dies ist vor allem dem großen Engagement aller 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken. Alle haben sich unter erschwerten Bedingungen in den Dienst unserer Kunden gestellt“, resümiert der Vorstandsvorsitzende Jürgen Held. „Der Jahresüberschuss liegt mit rund zwei Millionen Euro zwar unter Vorjahresniveau, aber wir können mit der Entwicklung unserer Bank trotzdem zufrieden sein“, sagt Jürgen Held.

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Das seit Jahren im siebenstelligen Bereich zurückgehende Zinsergebnis konnte die Bank durch das Dienstleistungsgeschäft vor allem im Immobilienbereich teilweise kompensieren. Die Bilanzsumme der Bank ist um 7,2 Prozent gestiegen. Was auch der Hintergrund für den Dividenden-Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrat ist. Letztendlich wird die Vertreterversammlung darüber entscheiden, ob dieser Vorschlag angenommen wird. Gegenwärtig wird geklärt, wann und im welchen Format die wichtige Versammlung stattfinden kann. Die sechs Mitgliederversammlungen im Einzugsgebiet der Bank finden dieses Jahr nicht statt.

Viele Immobilienfinanzierungen

„Unseren Kunden haben wir über 100 Millionen Euro neue Kredite zur Verfügung gestellt. Die Zuwächse resultieren vor allem aus der hohen Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen“, erläutert Held. Aber die Bank habe auch Kunden, die von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind, gezielt unterstützt, Tilgungen ausgesetzt, Liquiditätsdarlehen gewährt und Ratenzahlungen gestundet. Auch die Maßnahmenpakete des Bundes, der Länder und Kommunen würden helfen, selbst wenn die Abwicklung teils schleppend verlaufe.

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Erst im Laufe dieses Jahres werden wohl die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie deutlich und zeigen was künftig auf jeden zukommt. „Ich kann jeden Betroffenen nur auffordern, das Gespräch mit seinem Bankberater zu suchen – erst recht in Krisensituationen“, empfiehlt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Loenberg-Strohgäu.

Privater Konsum geht zurück

Was ein Zeichen von Vertrauen in die Bank ist, wird andererseits zum Problem. „Es ist sehr viel Geld im Umlauf und das wird zu uns rübergeschichtet“, sagt Jürgen Held. Wegen des massiven Rückgangs der privaten Konsumausgaben sind die bilanziellen Einlagen der Kunden deutlich, um rund 79 Millionen Euro gestiegen. Das Problem ist, dass angesichts des „Anlagenotstands“ für Kunden und Banken, wie es Held formuliert, nicht möglich ist, diese Einlagen gänzlich in Kredite und andere ertragsbringende Anlagen zu investieren.

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„In der Folge kommen wir nicht umhin, ein Verwahrentgelt auf Einlagen zu berechnen“, erklärt Held. Doch es gebe Anlagealternativen, und in der andauernden Nullzinsphase geht die Tendenz ohnehin in diese Richtung.

Wachstumsschub wird erwartet

„2021 wird wohl das Jahr der Chancen an den Kapitalmärkten werden“, meint Helds Vorstandskollege Wolfgang Ernst. Eine expansive Geld- und Fiskalpolitik sowie Fortschritte bei der Pandemiebekämpfung dürften zu einem Wachstumsschub führen. In diesem Umfeld würden Anlagen wie Investmentfonds und Aktien attraktive Perspektiven, meint die Fondsgesellschaft der genossenschaftlichen Finanzgruppe Union Investment. In Deutschland sowie in anderen Volkswirtschaften dürfte zur Bekämpfung der Krise eine Abkehr von einer Sparpolitik hin zu höheren Staatsausgaben erfolgen. „Für die Kapitalmärkte ist dies die wichtigste neue Entwicklung in diesem Jahrzehnt“, sagt Wolfgang Ernst. Zugleich dürfte die äußerst lockere Geldpolitik fortgesetzt werden. „Wir erwarten für die nächsten Jahre keinen Zinsanstieg“, sagt Wolfgang Ernst.

Die Pandemie hat die Nutzung von mobilen und digitalen Bankdienstleistungen über alle Altersklassen hinweg enorm beschleunigt. Wolfgang Ernst: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen auch nach der Corona-Krise die Vorzüge der analogen und digitalen Welt miteinander kombinieren werden. Unsere Aufgabe besteht darin, unserer Kundschaft einen komfortablen Zugang zu und einen reibungslosen Wechsel zwischen all diesen Kanälen zu ermöglichen.“ Für Standard-Bankgeschäfte müssten nutzerfreundliche, digitale Anwendungen bereitgestellt werden, bei komplexen Themen die Beraterinnen und Berater für persönliche Gespräche zur Verfügung stehen. Bereits im ersten Quartal 2021 wird eine neue Online-Banking-Plattform für Firmenkunden eingeführt.