Michael Schwoerer sucht eine neue Herausforderung – fündig wird er bei der Firma Granzow in Eltingen.

Leonberg - Die Lagerhalle beim Elektrofachgroßhändler Granzow im Leonberger Gewerbegebiet Hertich ist riesig. Auf hohen Regalen lagert hier im Stammhaus auf über 15 000 Quadratmetern Fläche Elektrozubehör für den Fachhandel. Mehr als 20 000 verschiedene Artikel sind es. An einer der Verpackungsstationen steht Michael Schwoerer. Heute ist er zuständig für das kommissionieren. Er ist umringt von großen und kleinen blauen Kunststoffbehältern mit Ware für die Händler. Auf einem Rollband kommen sie automatisch zu seinem Arbeitsplatz.

 

Die Kisten enthalten zum Beispiel Stecker, Lichtschalter, Leuchten oder kleinere Elektrogeräte. Michael Schwoerer scannt die Ware, prüft in seinem PC sorgfältig, ob alle Daten mit dem Lieferschein übereinstimmen, druckt den Versandaufkleber und verpackt die Artikel anschließend. Je nach Größe kommt die Ware in durchsichtige, wiederverwertbare Granzow-Tüten oder auch in Kartons. Den ganzen Tag geht das so, rund 300-mal allein an seiner Station, etwa 4000 Artikel werden täglich ausgeliefert.

Neuer Job, neue Herausforderung

Seit Januar hat Michael Schwoerer einen festen Job in der Firma. Was für andere Routine ist, ist für ihn etwas ganz Besonderes. Jahrelang hat er in einer Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung gearbeitet, die zum diakonischen Unternehmensverbund Atrio Leonberg gehört. Der Name Atrio steht dabei für Arbeit, Teilhabe, Region, Inklusion und Organisation.

Lesen Sie hier: Bundesverdienstkreuz für früheren Atrio-Chef

Gefallen hat es ihm dort auch sehr gut, aber er hat eine neue Herausforderung gesucht. Vor kurzem hat er den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt geschafft, er ist jetzt fest bei Granzow angestellt. „Die Arbeit hier macht mir Spaß, sie ist abwechslungsreich“, sagt er, „aber man muss gut zu Fuß sein und lange stehen können.“

Die Chefetage ist zufrieden

Für Granzow selbst ist die Integration von Michael Schwoerer in die regulären Arbeitsabläufe ein sehr gelungenes Experiment. Angefangen hat sein beruflicher Werdegang bei dem Elektrofachgroßhändler bereits 2016 mit einer kurzen Schnupperphase. Später gab es nach einem längeren Praktikum und einem sogenannten „betriebsintegrierten“ Arbeitsplatz – er arbeitete zwar bei Granzow, war aber bei Atrio angestellt – die Chance auf eine feste Stelle in der Firma. „Michael ist hier gut angekommen“, sagt seine Chefin Anke Schick. „Er ist ein vollwertiges Mitglied des Teams und hat gleich Anschluss zu den Kollegen bekommen, das liegt auch an seinem ruhigen und besonnenen Wesen.“

Lesen Sie hier: Utz Mörbe will Integration sichtbar machen

Job-Coach Iris Michelfelder von Atrio begleitete ihn auf seinem Weg in die berufliche Zukunft. „Wenn jemand die Idee hat, in den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln, dann begleite ich die Person, stelle Kontakt zu Firmen her und organisiere erste Praktika“, sagt Iris Michelfelder. Der Job-Coach bildet zunächst eine Orientierungsgruppe mit den Interessenten. Hier wird vieles eingeübt, was zum Arbeitsleben dazugehört: Wie kommt man zur Arbeit, wie kommuniziert man oder wie arbeitet man im Team. Meist ist ein solcher Wechsel ein langer Prozess, wie auch bei Michael Schwoerer.

Jeder kann eine Arbeit finden, die ihm liegt

Das Ziel von Atrio Leonberg ist es, allen Klienten ein selbstbestimmtes Leben und soweit möglich auch ein selbstbestimmtes Berufsleben zu ermöglichen. „Dabei orientieren wir uns an den persönlichen Interessen und Wünschen jedes Einzelnen und konzentrieren uns auf die Möglichkeiten, die Menschen mit geistigen, körperlichen oder psychischen Behinderungen haben“, sagt die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Jutta Baten.

Und bei Atrio kann jeder eine Arbeit finden, die ihm liegt, egal ob in der Werkstatt, in der Gärtnerei, im Café oder im Kreativwerk. Verschiedene Wohnformen sind ebenfalls möglich. Einige der Klienten leben bei ihren Angehörigen, andere in Wohngruppen oder relativ selbstständig in der eigenen Wohnung, wo sie Assistenz von Atrio erhalten. Michael Schwoerer lebt in einem Mehrgenerationenhaus.

370 behinderte Menschen im Altkreis Leonberg werden von den 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt. Und wer es sich zutraut, der wird fit gemacht für eine Arbeit außerhalb des Hauses. Michael Schwoerer hat es gewagt, weil er es selbst so wollte und er ist erfolgreich in seinem neuen Beruf angekommen.