Die Reise des britischen Rock- Veteranen zu Leonpalooza stresst Musiker und Veranstalter. Als er endlich da ist, muss das Konzert in die Halle verlegt werden.

Der Weg von den britischen Inseln auf den Kontinent ist weit und beschwerlich. Das hat in diesem Fall nichts mit dem Brexit zu tun, sondern mit dem Chaos im internationalen Luftverkehr. Das bekommen auch Künstler, Publikum und Organisatoren des Leonpalooza-Festivals zu spüren.

 

Vor einer Woche hätte Bob Geldofs Maschine aus London wegen des Nachtflugverbots um ein Haar nicht mehr landen dürfen. Die Instrumente und das technische Equipment mussten sich die Musiker in Deutschland ausleihen. Der irische Country-Newcomer Nathan Carter, der am Donnerstagabend hätte spielen sollen, ist erst gar nicht von der Insel weggekommen. Das Konzert musste abgesagt werden. Und auch die Show von Paul Carrack stand bis zuletzt auf wackligen Füßen.

Begrüßungskomitee wartet vergebens

Eigentlich wollte der einstige Sänger von Mike & the Mechanics ebenfalls am Vorabend anreisen – mit dem gleichen Flug wie jüngst Bob Geldof. Während die Maschine des Band-Aid-Erfinders zwar Verspätung, aber immerhin abgehoben hatte, wurde Carracks Flug am Ende gestrichen. Das Begrüßungskomitee der Leonberger Stadthalle wartete vergebens am Stuttgarter Flughafen.

Tags drauf sieht es mit den Linienmaschinen nicht viel besser aus. Dem Festivalmacher Nils Strassburg schwant nichts Gutes: Muss er das zweite Konzert absagen? Doch Altstar Carrack lässt seinen deutschen Gastgeber nicht im Stich. Der Brite chartert kurzerhand eine Privatmaschine, um rechtzeitig nach Leonberg zu kommen.

Damit wäre dieser Teil der Geschichte erzählt, gäbe es nicht noch einige Unbill auf deutschem Boden. Die Autobahn rund um Leonberg ist dicht. An sich nichts Besonderes, aber jetzt ist es besonders schlimm. Am Leonberger Dreieck liegt ein Laster quer, der Stau erstreckt sich über 16 Kilometer. Unterdessen hat das Team der Stadthalle abwechselnd bangen Blicks den Himmel und den Wetterbericht im Auge. Am Nachmittag hat es geregnet, für den Abend sind Gewitter angekündigt. Strassburg bleibt bis 19 Uhr optimistisch, erst dann entscheidet er sich, das Konzert in die Stadthalle zu verlegen.

Alles von draußen nach drinnen

Ein Riesenaufwand. Bühnenausstattung, technisches Equipment, Stühle: Alles muss von draußen nach drinnen. Die Helferinnen und Helfer der Stadthalle haben buchstäblich alle Hände voll zu tun – und das bei strömenden Regen und unter enormem Zeitdruck.

Immerhin: Paul Carrack und seine Musiker sind mittlerweile eingetroffen. Das Konzert kann also stattfinden. Das Publikum nimmt’s gelassen. Die Leute stärken sich mit mit Speis’ und Trank an den Ständen des Stadthallen-Gastroteams, die ebenfalls ins Foyer umziehen mussten.

Kein Ärger über die Verspätung

Um kurz vor halb zehn kommt neben Festivalchef Strassburg auch der Oberbürgermeister auf die Bühne. Martin Georg Cohn dankt dem Stadthallen-Team für den Kraftakt. Der große Applaus lässt erkennen, dass das Publikum die Verspätung nicht verübelt.

Entsprechend euphorisch wird Paul Carrack begrüßt. Der 71-Jährige gibt sich familiär. Am Schlagzeug sitzt sein Sohn Jack, den Bass zupft sein Weggefährte Jeremy Meek. Der Meister selbst bedient die Tasten, wie schon einst bei Eric Clapton oder Elton John. Und das Trio hat mehr zu bieten als ausschließlich die Hits, die Carrack zusammen mit dem Genesis-Gitarristen Mike Rutherford produziert hat: Blues, Soul, Jazz – der Chef spielt E-Piano und Hammond-Orgel. Heute nicht mehr jeden Tag zu hören. Glanzpunkte setzt Roman Spilek. Der deutsche Gitarrist, der eigentlich im Vorprogramm hätte spielen sollen, kommt für ein paar Stücke auf die Bühne und rundet den Sound perfekt ab.

„How Long“, „The Living Years“, „Over My Shoulder“ – der Mann mit Hut bietet seinen Fans dann doch die Hits und nette Abschiedsworte: „Das war ein komischer Tag mit einem schönen Abschluss. Und das liegt an Euch.“ Mehr ist nicht hinzuzufügen.