Eltern wollen die Testpflicht in Kitas grundsätzlich abgeschafft wissen – und schicken einen Brief an den OB.

Leonberg - Einige Eltern im Landkreis Böblingen werden aufatmen. Die Testpflicht beim Besuch von Kindertageseinrichtungen wird von diesem Donnerstag, 1. Juli, an aufgehoben.

 

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„Allerdings kann es bei einer sich erneut verschärfenden Infektionslage notwendig werden, diese wieder einzuführen“, heißt es aus dem Landratsamt. „Die Testungen in den Kitas haben bisher gezeigt, dass Infektionen frühzeitig erkannt werden können – gerade bei höheren Inzidenzen ist dies wichtig“. Der Inzidenzwert ist seit Ende April (am 26. April lag er bei 199,8) sukzessive zurückgegangen, momentan liegt er bei 5,6.

Leonberger Eltern verfassen offenen Brief

Noch bevor diese Testpflicht jetzt aufgehoben wurde, haben sich in Leonberg Eltern zusammengetan, um gegen diese strikte Regelung in den Kindertageseinrichtungen zu protestieren. Sie verfassten einen offenen Brief, den sie an den Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) adressierten.

Darin heiß es unter anderem: „Kein Landkreis geht so hart bei den Testungen der Kita-Kinder vor wie unserer. In anderen Bundesländern gibt es keine Testpflicht bei Kita-Kindern. Und wenn man sich die Statistiken dazu anschaut, fallen die Zahlen dort genauso wie in Baden-Württemberg. Was auch hier wieder zeigt, dass die Testungen an Kita-Kindern nicht verhältnismäßig sind.“

Testpflicht je nach Bundesland unterschiedlich

Unterstützung bekommen die Leonberger Eltern von Dennis Metzulat, parteiloser Gemeinderat in Renningen, aber Mitglied der SPD-Fraktion, der mit vielen Eltern im Kreis vernetzt ist. „Es gab unterschiedliche Punkte, wo sie gesagt haben, es reicht“, sagt der Vater von vier Kindern. Nachdem die Testpflicht aufgehoben ist, gehe es nun „im Kern darum, diese für die Kinder endgültig zu beenden und sich dafür einzusetzen, dass sie auch im Herbst nicht wieder eingeführt wird. Kinder sind aus unserer Sicht keine Treiber der Pandemie“, erklärt Metzulat.

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Daniel Fürderer, einer der Initiatoren des offenen Briefs an Oberbürgermeister Cohn, hat in den vergangenen Monaten für sich selbst herausgearbeitet, wie sich der Flickenteppich der Testpflicht durch Baden-Württemberg zieht. „Bundesweit lässt sich festhalten, dass es nur in Baden-Württemberg Testpflicht von Kita-Kindern gab. Die Inzidenzen der unterschiedlichen Bundesländer verlaufen aber nahezu identisch, also ist festzuhalten, dass die Testpflicht von Kita-Kindern keinen nachweisbaren Einfluss auf die Inzidenz-Verläufe respektive die Pandemie hat. In manchen Städten unseres Bundeslands wurde sie teilweise nicht einmal eingeführt.“

OB Cohn will abwägen

Dabei ist dem Vater von einer vierjähriger Tochter und einem zweijährigen Sohn vor allem Aufklärung und Transparenz wichtig. „Wenn die Pandemie da ist, sind strenge Maßnahmen notwendig, und ich halte mich an die Regeln.“ Doch müsse es erlaubt sein, Maßnahmen zu hinterfragen, wenn die Inzidenzzahlen gering seien. „Man muss schauen, was für die Gesellschaft wichtig ist“, so der Leonberger.

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Oberbürgermeister Martin Georg Cohn kann das Ansinnen der Eltern nachvollziehen, die sich gegen eine Weiterführung der Testpflicht an Kitas aussprechen: „Doch die neue Delta-Variante des Coronavirus zeigt in vielen Teilen der Welt, dass wir ohne Maßnahmen und trotz Impfungen vielleicht schon bald wieder mit vielen Infizierten und Kranken rechnen müssen.“ Deshalb gelte es abzuwägen, welche Maßnahmen heute, bei landkreisweit einstelliger Inzidenz, verhältnismäßig und zumutbar seien, um etwa die Bildung, Gesundheit und auch die Wirtschaft zu schützen.

Viele Eltern auch für Testpflicht

Aus all diesen genannten Gründen habe sich die Stadtverwaltung dafür entschieden, in den kommenden Tagen zu prüfen, ob entweder der Kreis Böblingen die Testpflicht in Kitas beibehält oder Leonberg eine Allgemeinverfügung anordnen kann und die Testpflicht in Leonberger Kitas verpflichtend weitergeführt werden könnte.

„Wenn eine eigene Allgemeinverfügung möglich sein sollte, zieht die Stadt diese Möglichkeit zumindest in Erwägung – abhängig auch von der Pandemie-Entwicklung in den folgenden Tagen.“, sagt Martin Georg Cohn.

Denn klar sei auch: „Viele Kitaleitungen berichten uns, dass ein Großteil der Eltern eine Testpflicht in Kitas über den 30. Juni hinaus begrüßen würden – zum Schutze aller.“