Mit teils prominenter Verstärkung hat eine Gruppe Ehrenamtlicher aus Weissach Dutzende Menschen aus der Grenzregion gebracht.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Große Strecken mit dem Doppelstockbus zurücklegen, das ist bei Wöhr Tours aus Weissach eigentlich nichts Neues, denn mit Fernreisen kennt man sich bei dem Familienunternehmen aus. Am Montagmittag ist ein Bus aus dem Fuhrpark der Firma aber von einer besonderen Fahrt zurückgekehrt. An der ukrainischen Grenze hat ein kleines Team von Ehrenamtlichen Dutzende Flüchtlinge und einen prominenten Fahrgast eingesammelt.

 

Medikamente, Windeln, sonstige Hygieneartikel und Babysachen: Vor der Abfahrt haben viele Helfer am vergangenen Donnerstag den doppelstöckigen Reisebus mit den Hilfsgütern voll beladen. Geschäftsleute und Privatpersonen aus Weissach und Umgebung hatten zudem Essen und Getränke gespendet, damit sowohl die Flüchtenden als auch die Helfer unterwegs versorgt sein würden. „Wir wurden unglaublich toll unterstützt“, sagt Monika Wöhr-Kühnemann, die Geschäftsführerin bei Wöhr Tours.

Bis zur polnisch-ukrainischen Grenze gefahren

Am Freitagnachmittag ging die Tour schließlich los. Drei bei der Firma angestellte Fahrer hatten sich freiwillig gemeldet, in ihrer Freizeit die Strecke zurückzulegen. Mit dabei war auch Busfahrerin Alexandra Brecht, die älteste Tochter der Geschäftsführerin, und eine Ehrenamtliche aus Heimerdingen, die die Aktion tatkräftig unterstützen wollte.

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Erster Anlaufpunkt war ein Lager in Polen, wo die Spenden auf Paletten geladen werden konnten, damit sie von dort weitertransportiert und verteilt werden können. Um schnell zu dem Ablade-Ort zu gelangen, ist das Team aus Weissach die erste Nacht durchgefahren. Nachdem die Sachspenden untergebracht waren, genehmigte es sich eine Rast in einer kleinen Pension, um etwas Schlaf nachzuholen. Erledigt war der gesamte Auftrag aber noch längst nicht, denn die Gruppe hatte sich vorgenommen, auf dem Rückweg einige Geflüchtete mit in die Heimat zu nehmen. Deshalb fuhr das Team am Sonntag weiter direkt bis zur Grenze, um diese Menschen dort abzuholen.

Rea Garvey nutzt die Mitfahrgelegenheit

Um zu erfahren, wo genau ihre Hilfe gebraucht wird, arbeitete das Team von Wöhr Tours mit „Arthelps“ zusammen, einer ebenfalls in Weissach ansässigen gemeinnützigen Gesellschaft, die sich seit Jahren für und in der Ukraine engagiert. Der Kontakt kam auf privaten Weg zustande. „Wir haben schon in Deutschland alles organisiert“, erklärt Monika Wöhr-Kühnemann. So kam die Hilfe ohne Umwege an.

Einer der „Arthelps“-Botschafter ist der bekannte Sänger und Songwriter Rea Garvey. Er hat bereits mehrere Projekte in der Ukraine unterstützt. Der Prominente war am Wochenende ebenfalls ehrenamtlich im Einsatz und nutzte den Weissacher Bus als willkommene Mitfahrgelegenheit. Rea Garvey war von der Grenze zur Ukraine bis nach Warschau mit an Bord. In der polnischen Hauptstadt stieg er mit einigen Geflüchteten aus. Diesen Umweg schlug der Doppelstockbus auf der Rückreise ein, weil ein Teil der Flüchtlinge in Polen bleiben wollte.

Weitere Hilfsaktion ist angedacht

Die übrigen Menschen aus der Ukraine nahmen dankbar das Angebot wahr, mit nach Deutschland zu kommen. Müde, aber erleichtert sind sie am Montag in Filderstadt angekommen. In einem Auffanglager wurden die circa 40 Personen bereits erwartet und herzlich empfangen. Zwölf Menschen, darunter mehrere Kinder, blieben nicht dort. Sie wurden nach einem Mittagessen vom Weissacher Busunternehmen zum Bahnhof gebracht, weil sie bei ihren Verwandten wohnen möchten. „Alle sind also gut untergekommen“, sagt die Firmenchefin.

Familien wollen Flüchtlinge aufnehmen

Wenn es nach dem Wunsch von Monika Wöhr-Kühnemann und ihren Mitarbeitern geht, soll die nächste Hilfsaktion bereits in wenigen Tagen starten. Vielleicht schon am Sonntag soll der Bus erneut in Richtung Ukraine aufbrechen, um weitere Sachspenden weiterzuleiten und zusätzliche Geflüchtete aus der Grenzregion zu bringen. Sie weiß, dass es beispielsweise in Heimerdingen, Flacht und Hemmingen genug Familien gibt, die Menschen aufnehmen würden. Zudem konnten bei der ersten Tour gar nicht alle Spenden in dem Bus Platz finden. „Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend, einfach toll“, sagt die Geschäftsführerin.

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Sie ist momentan dabei, abzuklären, wann und wie die nächste Aktion vonstatten gehen kann. Zusammen mit einer anderen Organisation prüft sie, ob der Bus das nächste Mal drei große Lager an der rumänischen Grenze ansteuern kann, um sie mit Spenden zu beliefern.