In Renningen wird die Schnellverbindung von Weil der Stadt nach Leonberg erneut heiß diskutiert. Eine Entscheidung steht noch aus.

Mit dem Radel lieber durch die Stadt oder außenrum? Klar, wer selbst Rad fährt, wählt die kürzeste Strecke. Eine Radstrecke mitten durch den Ort kann aber auch Konfliktpotenzial bieten. Bei den Planungen des Landkreises Böblingen für einen Schnellradweg von Weil der Stadt über Renningen nach Leonberg stehen sich im Bereich Renningen zwei Varianten gegenüber: eine entlang der Bahngleise von Malmsheim und Renningen, eine an der B 295 entlang.

 

Bei den Diskussionen darüber, welche Variation die Stadt Renningen präferiert, kochten die Emotionen im Gemeinderat zuletzt ganz schön hoch – spätestens, als die Entscheidung trotz intensiver Vorberatungen und Mehrheitsentscheidung im technischen Ausschuss gegen die B 295 doch noch mal verschoben wurde. Selbst die Vertreterin aus dem Landratsamt zeigte sich nach dem Beschluss sichtlich irritiert.

Landkreis und Stadt sind sich uneins

Radschnellwege haben das Ziel, mehr Menschen zum Umstieg vom Auto aufs Rad zu bewegen, wenn sie zur Arbeit oder zu anderen Zielen unterwegs sind. Die Strecken sollen dafür möglichst attraktiv sein, mit breiter Fahrbahn, direkten Verbindungen und wenig Straßenkreuzungen. Der Landkreis selbst befürwortet daher die Strecke entlang der Bahngleise mit Unterführung beim Wohngebiet Schnallenäcker.

Die Stadtverwaltung Renningen dagegen favorisiert die Strecke entlang der B 295. Schon als die Pläne erstmals vorgestellt wurden, hatte sie vor Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern gewarnt. Entlang der B 295 könne man zudem großteils bestehende Wege nutzen und müsse nicht erneut größere Flächen versiegeln.

Autobahn für Fahrräder?

Ähnlich betrachteten es Wolfgang Steudle und Andreas Kindler von der CDU. Steudle bezeichnete den Radschnellweg als „Autobahn für Fahrräder“, die man nicht in einem Wohngebiet haben wolle. Andreas Kindler verglich sie mit Umgehungsstraßen für Autofahrer, die gezielt um den Ort herumführen, und präferierte daher ebenfalls die B 295. „Die normalen Wege in der Stadt werden doch jetzt schon genutzt.“

Dem Argument der Umgehungsstraße widersprach allerdings Nicole Spiess vom Landratsamt, Bereich Radverkehr. „Bebaute Gebiete sollen explizit nicht umfahren werden“, sagte sie. „Denn Radfahrer nehmen immer nur einen gewissen Umweg in Kauf.“ Malmsheim beispielsweise werde durch die B 295-Route komplett abgeschnitten. In eine ähnliche Richtung argumentierten die SPD und die Grünen. Die Strecke über die B 295 sei viel zu lang bei zu hoher Steigung, sagte Jochen Breutner-Menschick von den Grünen. Kaum ein Radfahrer würde diese nutzen. Bezogen auf das Argument, dass für den Radweg durch den Ort mehr Flächen angekauft werden müssen, gab Monika Breitweg (Grüne) zu bedenken: „Der teuerste Radweg ist der, den keiner benutzt.“

Metzulat: Konflikte existieren bereits

Dennis Metzulat (SPD) argumentierte, dass die Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern auf den innerörtlichen Streckenabschnitten doch schon längst existierten und weiter existieren werden. Er sah in einem entsprechend ausgebauten Schnellradweg daher nicht das Problem, sondern eine mögliche Lösung für die bereits bestehenden Probleme.

So oder so wünschten sich die Befürworter der innerörtlichen Strecke endlich eine Abstimmung. Doch dabei kam ihnen der Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) zuvor: Damit Malmsheim nicht völlig abgehängt wird, schlug er eine Kombination aus beiden Varianten vor, um den Weg an eine bereits vorgesehene Radschnellverbindung Richtung Böblingen anschließen zu können. Die Entscheidung könne aus seiner Sicht aber erst getroffen werden, wenn die Pläne für diese Südverbindung ausgereifter sind.

Renningen vertagt seine Entscheidung

Trotz sechs Gegenstimmen ging dieser Vorschlag mehrheitlich durch. Renningen verschiebt seine Entscheidung zum Radweg. Welche Bewandtnis das haben wird, ist noch offen: Der Landkreis könne nicht für jeden Vorschlag eine eigene Sondervariante ausarbeiten, gab Nicole Spieß zu bedenken. Zumal Querverbindungen zur B 295 bereits untersucht und dann verworfen wurden, wie Benjamin Lutsch, Sprecher des Landratsamts, auf Anfrage mitteilte. „Jedoch wird sich die Landkreisverwaltung diesbezüglich mit der Stadt Renningen im Detail austauschen und das weitere Vorgehen festlegen.“

Grundsätzlich strebe der Landkreis eine Streckenführung an, die auch die Belange der jeweiligen Kommune berücksichtigt, so Lutsch. „Die Entscheidung soll somit im Konsens zwischen Landkreis und Kommune getroffen werden.“ Neben öffentlichen sollen auch private Interessen in die Planungen einfließen, erklärt Benjamin Lutsch. „Nicht zuletzt, um im weiteren Verlauf aufwendige und zeitintensive Genehmigungsverfahren zu vermeiden.“ Die finale Entscheidung über den Bau einer bestimmten Strecke trifft der Kreistag.

Wo bitte geht’s nach Ditzingen? Die Radschnellverbindung soll nach Möglichkeit nicht an der Böblinger Kreisgrenze enden. Es gibt eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2019, die mögliche Streckenführungen einer Route von Leonberg nach Ditzingen im Kreis Ludwigsburg enthält. Seither läuft die Abstimmung mit unterschiedlichen Beteiligten. Zum Beispiel geht es um die Frage, ob die Strecke durch Höfingen oder von Leonberg direkt nach Ditzingen führen soll, wobei aktuell die südliche Variante als die bevorzugte gilt. In diesem Abschnitt ist das Land Baden-Württemberg zuständig, die Planungen werden vom Regierungspräsidium Stuttgart koordiniert.