Für das historische Alte Rathaus am Marktplatz und für weitere Häuser in der Zwerchstraße bekommt die Stadt die Plakette und die Urkunde „Schwalbenfreundliches Haus“.

Leonberg - Am Alten Rathaus am Leonberger historischen Marktplatz herrscht derzeit eine rege Bautätigkeit. Da ist so viel los, dass selbst der Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) und der Baubürgermeister Klaus Brenner vorbeikommen, um sich ein Bild davon machen. Denn sie haben die Umbauarbeiten an dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus nicht veranlasst.

 

Das ist den emsigen Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern auch völlig egal, denn sie müssen sich beeilen, ihr Heim fertigzustellen, ihren Nachwuchs flügge zu bekommen und dann im Herbst in Richtung Afrika zu entfleuchen. Am Werk sind nämlich schwarz-weiße Mehlschwalben, die mit lautem Gekreische von der Nachbarschaft empfangen werden, wenn sie mit einen Lehmklumpen im Schnabel anfliegen, um kunstvoll ihre Nester mit dem kleinen Einschlupfloch zu mauern. Die gefiederte Nachbarschaft stört die Nähe nicht, denn man schätzt das Beieinander.

Die Mehlschwalbe ist die Sommerbotin

„Es ist schon erstaunlich, wo sie in der trockenen Altstadt den nassen Lehm finden, wahrscheinlich fliegen sie hinunter bis zur Glems“, sagt Elke Selig vom Naturschutzbund (Nabu) Leonberg. „Die Mehlschwalbe ist bei uns die Sommerbotin, denn ihre Rückkehr läutet die warme Jahreszeit ein.“ Auch Stadtschwalbe und Kirchschwalbe genannt, ist sie neben Ufer-, Rauch- und Felsenschwalbe die vierte Art, die hierzulande brütet.

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„Die Mehlschwalbe gehört zum Glück zum Erscheinungsbild und auch zur Geräuschkulisse des Leonberger Marktplatzes und auch anderer Straßen in der Altstadt“, freut sich Elke Selig. Ehemann Rainer Selig hat zwölf fertige und im Bau befindliche Nester am Alten Rathaus gezählt, aber auch an anderen Fachwerkhäusern am Marktplatz und in der Zwerchstraße herrscht reges An- und Abfliegen.

Alts Rathaus ohne Knaggen

Am Alten Rathaus nutzen die Vögel die Nischen an den herausragenden Balken des Fachwerks, um ihre Nester aufzumauern. Das verdanken sie dem Umstand, dass die Leonberger 1468 beim Bau ihres Rathauses fortschrittlich waren. Sie haben auf Knaggen verzichtet, die sonst beim Fachwerk mit auskragenden oberen Stockwerken errichtet wurden, um sich hier aufbauende Lasten zu tragen – ohne Knaggen haben die Schwalben mehr Platz. Die Knagge ist laut Bauhistorikern auch der Ursprung für das Attribut „beknackt“.

Seit jeher fühlen sich die Schwalben am Rathaus wohl. Sie müssen hier nicht nur selbst bauen, am Fachwerk sind auch künstliche Nester angebracht. Wer ein solches ergattert, erspart sich das Bauen – was gut in die Bemühungen der Stadt für bezahlbaren Wohnraum passt.

Plakette und Urkunde für die Stadt

Doch warum hat die Vorsitzende der Nabu-Gruppe Leonberg, Elke Selig, den Oberbürgermeister und den Baubürgermeister auf den Marktplatz eingeladen? Mit dabei hat sie für die beiden Plaketten und Urkunden für ein „Schwalbenfreundliches Haus“. In ganz Deutschland würdigt nämlich der Nabu Menschen, die Schwalbennester an oder in ihren Gebäuden erhalten, mit einer Plakette und einer Urkunde, auch um auf die Schwierigkeiten der Schwalben hinzuweisen, geeignete Nistplätze zu finden. Was an der modernen Bauweise liegt und weil viele Zeitgenossen sich an ihren Hinterlassenschaften stören.

„Die Schwalben sind am Rathaus willkommene und gern gesehene Besucher“, freut sich Martin Georg Cohn. „Diese gefiederten Bewohner des Marktplatzes sind als Boten des Sommers für viele Besucher ein Zeichen des Wohlfühlens und stehen für ein besonderes Flair “, ist der Oberbürgermeister überzeugt. Im Freien zu sitzen, die Gastronomie der Altstadt zu genießen, die Rufe der Schwalben zu hören und ihnen bei ihren Flugkünsten zuzusehen, sei gerade jetzt, wo die Menschen vieles intensiver wahrnehmen würden, etwas Besonderes, das es zu schützen gelte.