Rathaus und Stadträte sehen derzeit keine Notwendigkeit für einen Waldkindergarten. Doch die Kommunalpolitiker sind durchaus für das Alternativangebot offen.

Rutesheim - Über einen möglichen Waldkindergarten hat am Montag der Verwaltungsausschuss des Gemeinderates befunden. Die Stadträte zeigten sich quer durch alle Fraktionen weniger strikt bei der Ablehnung eines solchen als die Verwaltung. Sie stehen diesem Alternativangebot äußerst offen gegenüber und wollen ihm in Zukunft eine Chance einräumen.

 

Anfang Februar haben zwei Erzieherinnen, die derzeit in Waldkindergärten in Heimsheim und in Markgröningen arbeiten, bei der Stadtverwaltung angefragt, ob sie auch im Stadtwald Rutesheim einen eigenen Waldkindergarten betreiben dürfen. Sie haben dazu bereits einen Verein mit acht Mitgliedern gegründet und eine Konzeption vorgelegt. Geplant sind in dem Waldkindergarten 20 Plätze für Kinder von drei Jahre an in einer Gruppe. Geöffnet wäre der Waldkindergarten täglich sechs Stunden – und zwar von 7.45 bis 13.45 Uhr.

Nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg müssen bei einer Kindergartengruppe ständig mindestens zwei Fachkräfte anwesend sein. Die beiden potenziellen Betreiberinnen halten in ihrem Konzept fest, dass regelmäßig zwei Erzieherinnen in Vollzeit zuzüglich eine Anerkennungspraktikantin anwesend sind und eine Kraft beschäftigt wird, die ein Freiwilliges Soziales Jahr leistet.

Verwaltung sieht derzeit keinen Bedarf für einen Waldkindergarten

„Ein Kindergarten mit nur einer Gruppe ist die teuerste Betreuungsart“, gab der Erste Beigeordnete Martin Killinger zu bedenken. In seinem Amt sind die Kindergärten angesiedelt. Dabei fährt die Stadt das Modell, dass die Kitas keine explizite Leitung haben, sondern es gilt das kooperative System. Jede Gruppenleiterin ist dabei für die Arbeit in ihrer Gruppe verantwortlich.

Auch in Rutesheim wird jährlich der Bedarf an Betreuungsplätzen für die Jüngsten erörtert. „Auf dieser Grundlage sind die Beschlüsse für die große Investition für den Neubau des Hauses der Kinder mit fünf zusätzlichen Kita-Gruppen erfolgt, die bis zum Jahresende gebaut werden“, erinnerte Killinger die Stadträte. Mehr als drei Millionen Euro werden hier investiert. Eine zusätzliche Kita-Gruppe ist vorübergehend im neuen Dachgeschoss des sanierten Kindergartens Goethestraße untergebracht. Die wird zum Jahresende ins „Haus der Kinder“ umziehen.

Damit seien ausreichend Plätze in unterschiedlichen Betreuungsformen und bedarfsgerechten Öffnungszeiten geschaffen worden. „Ein zusätzlicher Bedarf von 20 Plätzen speziell für eine in einem Waldkindergarten betreute Gruppe von Kindern über drei Jahren besteht nicht“, sagte Killinger. Zudem seien in allen städtischen Kindergärten der „Lebensraum Wald“ und die Natur ein wichtiger Bestandteil. In unterschiedlichen Formen würden regelmäßig Waldwochen oder Waldtage und Themenschwerpunkte aus der Natur mit vielen praktischen Elementen organisiert.

Ausgeschlossen ist der Waldkindergarten nicht

„Der Löwenanteil an den Kita-Betriebskosten sind die Personalkosten“, sagte Bürgermeister Dieter Hofmann. Bei einer Gruppe mit 20 Plätzen lägen diese monatlich etwa bei 625 Euro pro Platz und seien damit wesentlich höher als bei Einrichtungen mit zwei oder drei Gruppen, so Killinger. Werde die Waldkita in die städtische Bedarfsplanung aufgenommen, habe sie laut Gesetz einen unbefristeten Rechtsanspruch auf Finanzierung von 63 Prozent der Betriebskosten durch die Stadt.

Stadtrat Wolfgang Diehm (BWV) brach als erster eine Lanze für einen möglichen Waldkindergarten in der Zukunft. Ein feuriges Plädoyer für diese Betreuungsform hielt Markus Scheu (UBR) aufgrund seiner familiären Erfahrung mit dem Wurzelkindergarten Leonberg. Er schlug vor, eine Liste auszulegen, in der sich Interessenten eintragen können. Claudia Berner (Gabl) empfindet einen Waldkindergarten als bereichernde Ergänzung zum jetzigen Angebot. Reinhart Boehm (CDU) sprach sich auch dafür aus, die Tür offen zulassen.

Einstimmig beschlossen wurde, gegenwärtig keinen Waldkindergarten einzurichten, aber von 2018 an in der jährlichen Fortschreibung der Planung zu prüfen, ob Bedarf für einen solchen besteht.