Legal wäre das, aber auch legitim? „Ich sehe uns als Vorbild, voranzugehen“, stellt Walter klar und nennt als Beispiel den Stuttgarter Gemeinderat. Dort war er bis Ende Oktober sechs Jahre lang selbst Mitglied und Vorsitzender der Fraktion „Puls“. In Stuttgart hatten sich teilweise nur 15 von 60 Stadträten getroffen, natürlich unter Beibehaltung der Größenverhältnisse der Fraktionen. Die Gemeindeordnung lässt solche Schrumpf-Gemeinderäte zu. „Ich will das mit den Fraktionen besprechen“, sagt er. „Wenn der Wunsch nach voller Besetzung besteht, treffen wir uns natürlich alle.“
Öffentlich ist er in Weil der Stadt bislang nicht aufgetreten
Bis zum Samstag, dem letzten Oktober-Tag, war Christian Walter nicht nur Stadtrat in Stuttgart, sondern dort auch noch Lehrer an einer Gemeinschaftsschule. „Es war seit August eine komische Zeit“, sagt der 30-Jährige. „Man ist gewählt, aber noch nicht im Amt.“ Öffentlich ist er in Weil der Stadt bislang nicht aufgetreten, aus Respekt vor seinem Vorgänger Thilo Schreiber. Im Hintergrund, erzählt er, hat er aber schon viele Gespräche geführt. „Manche Bürgerinnen und Bürger kamen auf mich zu und haben gesagt: Sie wollen mir ihr Thema erklären, bevor ich im Amt bin und mit Arbeit überschüttet werde.“
Auch viele Wünsche hat er sich schon angehört – und er hat schon Gespräche mit dem Kämmerer Ulrich Knoblauch zum Haushalt 2021 geführt und weiß deshalb, dass es kein Geld für Wünsche gibt. „Es gibt eine Sehnsucht nach Transparenz“, hat Walter in den Gesprächen festgestellt. „Man muss immer wieder erklären, warum dieses oder jenes nicht geht.“ Weil die Stadtverwaltung hier vieles nicht leisten könne, sei das ehrenamtliche Engagement in der Stadt umso größer.
Bis Jahresende will sich der neue Bürgermeister um Themen kümmern, die bereits vorgearbeitet sind. Als nächstes steht die Gründung der Stadtwerke an. Inhaltlich hat das Thilo Schreiber abgeklopft. „Allerdings hat der Gemeinderat noch nie in öffentlicher Sitzung darüber eine Strategiediskussion geführt“, sagt Walter. Das sei, betont er, keine Kritik an seinem Vorgänger. Die Amtsübergabe von Thilo Schreiberund auch die bisherige Zusammenarbeit mit dem Beigeordneten Katz sei „hervorragend“. Dennoch wird deutlich, dass Walter die Akzente etwas anders setzen will. „Die öffentliche Debatte über solche Weichenstellungen wie die der Stadtwerke ist wichtig, auch wenn Herr Schreiber das super vorbereitet hat.“
Im kommenden Jahr will er sich um Bürgerbeteiligung kümmern
Und über was hat der neue Bürgermeister seit August nachgedacht? Welche Projekte bringt er mit nach Weil der Stadt? „Im kommenden Jahr will ich mich um moderne Formen von Bürgerbeteiligung kümmern, verknüpft mit Digitalisierung“, sagt er. Eine App sei eine Möglichkeit oder ein Bürgerhaushalt, wie es ihn in Stuttgart gibt. „Der Gemeinderat ist daran nicht gebunden. Es zeigt aber, wo den Bürgern der Schuh drückt“, sagt Walter.
Jetzt muss er aber erst einmal sein Büro einrichten. Den Schreibtisch hat er von seinem Vorgänger übernommen, denn viel Geld für Luxus hat Weil der Stadt selbst für den Chef nicht. Am ersten Arbeitstag muss er auch noch manches organisieren, wie den IT-Zugang. Die meisten Mitarbeiter kann er zunächst nur per Rundmail begrüßen. Christian Walter ist selbst mittlerweile ein bisschen Weil der Städter. Eine Zweitwohnung hat er in der Stadt, im kommenden Jahr will er dann umziehen.
Wann er dann richtiger Bürgermeister mit Stimmrecht im Gemeinderat ist, ist noch nicht absehbar. Bislang gibt es noch nicht einmal einen Verhandlungstermin beim Verwaltungsgericht. In Rutesheim war Susanne Widmaier 15 Monate lang Amtsverweserin.