36 Prozent des CO2-Ausstoßes wird durchs Heizen verursacht – und darauf haben Kommunen Einfluss. Der Gemeinderat Weil der Stadt reagiert und plant eine Zentralheizung für das komplette Weil der Städter Neubaugebiet, vielleicht mit Holz aus dem Wald.

Weil der Stadt - Es lohnt sich, alle Häuser im künftigen Neubaugebiet Häugern zentral und einheitlich zu beheizen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Stuttgarter Büros „RBS-Wave“. „Ein zentrales Nahwärmesystem ist sehr zu empfehlen“, sagt Benjamin Peter, der Projektleiter von RBS wave. „Auch wirtschaftlich ist das deutlich besser, als die Einzelhaus-Versorgung.“

 

Im Auftrag der Weiler Stadtverwaltung hat das Büro die Studie erstellt. Das zeigt: Wenn Städte und Gemeinden heute Neubaugebiete ausweisen, dann müssen sie dabei weit mehr bedenken, als nur Straßen zu bauen und die Baugenehmigungen für die Bauherren zu erteilen. Bezahlbares Wohnen ist das eine Schlagwort, von dem viele erwarten, dass sich Kommunen darum kümmern. Klimaschutz ist der andere Aspekt, bei dem Städte und Gemeinden in Verantwortung stehen.

„Städte und Gemeinden haben beim CO2-Ausstoß erheblichen Einfluss“, hatte der Stuttgarter Ingenieur und Energieexperte Joachim Nitsch schon im Januar unserer Zeitung erklärt. 36 Prozent des CO2-Ausstoßes in Deutschland werde durch das Heizen verursacht, sagte Nitsch und schlussfolgerte: „Gerade beim Heizen sind Städte die ersten Ansprechpartner, um das in den Griff zu bekommen.“

Es ist nicht nur umweltfreundlich, es rechnet sich auch

Das hat die Weiler Stadtverwaltung vor. „Wir haben damit die Chance, dieses Quartier so aufzustellen, dass wir dort Klimaneutralität erreichen“, erklärt der Beigeordnete Jürgen Katz. Das Gutachten von RBS-Wave zeigt, dass das nicht nur umweltfreundlich ist, sondern sich auch rechnet – und möglicherweise die Stadtkasse etwas füllt. „Dafür sollte man auch das Wort Anschlusszwang in den Mund nehmen“, sagt der Bürgermeister Thilo Schreiber und meint, dass die Käufer der Grundstücke im Häugern möglicherweise verpflichtet werden, sich dem zentralen Heiz-System anzuschließen. Über die Stadtwerke, die der Gemeinderat noch in diesem Herbst gründen will, könnte die Stadt wirtschaftlich profitieren.

Erdgas wäre die wirtschaftlichste Lösung, heißt es im Gutachten. Dem Erdgas könnte man bis zu 60 Prozent Biomethan beimischen. Später, so die Vision, könnte die Anlage mit CO2-neutralem Wasserstoff betrieben werden. „Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen“, sagt Jürgen Katz.

Geht es auch mit Holt aus dem Stadtwald

Der Gemeinderat muss all das nun entscheiden. Bei der Vorstellung des Gutachtens zeigten die Fraktionen ihre Sympathien für die Pläne. Georg Riehle (CDU) schlug zudem die Variante mit einer zentralen Holzhackschnitzel-Anlage vor. „Wenn ich nach Österreich fahre, sieht man dort überall an den Ortseingängen eine Holzhackschnitzel-Anlage“, sagte Riehle. „Bei Biomethan müssten wir ja von Schafhausen bis Hausen nur Mais anpflanzen.“ Die Variante mit der Holzhackschnitzel-Anlage hatten die Ingenieure von RBS-Wave gar nicht in ihr Gutachten mit aufgenommen. „Ja, das ist sehr ökologisch“, sagte Tim Katzenmaier, der Teamleiter Energietechnik von RBS-Wave zwar, aber: Man bräuchte ein riesiges Holzlager und hätte mehrfach in der Woche Liefer-Lastwagen im Wohngebiet. Außerdem gebe es Emissionen aus dem Schornstein. Das sei zwar nur Wasserdampf, viele Menschen würden sich trotzdem daran stören. „Wenn sich jeder im Häugern ein Schwedenofen ins Haus stellt, haben wir auch erhöhte Emissionen“, fand der Stadtrat Georg Riehle. Katzenmaier versprach, auch die Variante mit der Holzhackschnitzel-Anlage zu untersuchen.

3500 Megawattstunden Wärme brauchen die Bewohner im Häugern künftig jedes Jahr. 2000 davon könnte das Holz im Stadtwald liefern, sagte der Beigeordnete Jürgen Katz. Man müsse aber schauen, ob das neue Schulzentrum nicht besser geeignet sei für eine solche Anlage.

Der grüne Fraktionschef Alfred Kappler forderte indes den Anschlusszwang. „Das ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll“, erklärte er.