Naherholung in der Ortsmitte soll möglich sein. Darüber sind sich alle einig, auch in Ditzingen. Doch solche Flächen nachträglich zu schaffen, ist meist nicht ohne kontroverse Diskussionen möglich.

Ditzingen - Hat die Verwaltung von langer Hand geplant, den Platz an der Glems doch autofrei zu gestalten? Der Gemeinderat hatte bei der Abstimmung einst für den Durchgangsverkehr – und gegen die Verwaltung – votiert. Die hielt an ihrer Position fest, was ihr einige Räte in den vergangenen Monaten unterschwellig zum Vorwurf machten. Der Bürgermeister Ulrich Bahmer (CDU) nahm nun die Vorwürfe am Dienstag auf, als er im Ausschuss für Technik und Umwelt einen neuerlichen Vorstoß begründete.

 

Es seien „keinerlei Tricks“ , auch keine Taktik, „geschweige denn Salamitaktik dahinter“. Bei der Eröffnung des Platzes habe der Vorsitzende des Regionalverbands, Thomas Bopp, mit einer Anmerkung den Stein des Anstoßes gegeben, das Votum des Gemeinderats zu hinterfragen. Am Dienstag war das Thema dann auf der Tagesordnung. Die Entscheidung fiel knapp aus: Mit sieben zu fünf Stimmen empfahl der Ausschuss dem Gemeinderat, es bei der autofreien Regel zu belassen. Entschieden ist damit noch nichts.

Kritik am Vorgehen hält an

Der Gemeinderat beschließt am Dienstag nächste Woche – was, das ist offen. Denn in der Aussprache im Ausschuss wurde deutlich, dass die Kritik an der autofreien Regel vor allem aus den Reihen von CDU und Freien Wählern weiterhin Bestand hat. Man gebe der einen Sache eine Chance, der anderen nicht, sagte Christian Rombold (CDU). Er monierte, nicht auch geprüft zu haben, wie sich ein für Autos offener Platz entwickle. Während die CDU ein Bild der Geschlossenheit abgab, wurden bei den Freien Wählern und der FDP auch kompromissbereite, vermittelnde Stimmen laut. „Der Bürger hat bestimmt“, sagte etwa Bernhard Arzt. Horst Ludewig (FDP) knüpfte eine Zustimmung an einen nur minimalen finanziellen Aufwand.

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Christian Rombold hatte mit seiner Bemerkung auf die Vorgeschichte abgehoben. In der Planung war kontrovers über die Gestaltung diskutiert worden. „Es wurde nicht so beschlossen, wie es jetzt ist“, so Rombold.

Der Platz an der Glems wurde für den Autoverkehr gesperrt. Die innerörtliche Fläche soll die Aufenthaltsqualität in der Stadt erhöhen. Foto: Simon Granville
Im Grunde war es in der Diskussion von Beginn an um die Frage gegangen, wie Naherholung in der über Jahrzehnte gewachsenen Ortsmitte der Großen Kreisstadt möglich gemacht werden kann. Im Herbst 2017 hatte sich die Stadt dafür erfolgreich um Fördergelder des Verbands Region Stuttgart beworben, sie erhielt 300 000 Euro. Nach kontroverser Diskussion blieb die diagonale Durchfahrt zwischen der Glems- und der Bauernstraße offen. Das Thema hatte so sehr polarisiert, dass kurzzeitig die Fördergelder der Region auf der Kippe standen: Die Zuschüsse durften nicht verwendet werden, um die letztlich beschlossene verkehrsberuhigte Straße zu finanzieren. Die Straße begrenzt den Platz an der nordöstlichen Seite.

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Der Platz wurde gebaut und war im vergangenen Frühjahr dann so frequentiert, dass er wegen der Unfallgefahr auf Beschluss des Gemeinderats für den Verkehr gesperrt wurde. Im Sommer organisierte die Stadt für die Kinder diverse Aktionen, eine mobile Cocktail- und Coffeebar machte dort Station. Laut der Verwaltung nutzten je rund 50 bis 100 Kinder die Angebote, während die Erwachsenen dort verweilten oder abends kamen. Dies nahm die Stadt zum Anlass, das Thema erneut aufzurufen. Der Gemeinderat beauftragte die Verwaltung, die Erfahrungen der Anwohner und des Stadtbusbetreibers abzufragen. Auf dieser Basis wird nun auch die Entscheidung im Gemeinderat fallen.

Erste Pläne stammen aus dem Jahr 2008

Bereits im Winter 2018 war die Glems in diesem Abschnitt renaturiert worden, unter anderem wurden Störsteine eingebaut. Die Flusssteine sollen die Eigendynamik des Gewässers fördern. Der Platz selbst wurde im Anschluss daran gestaltet. Gleichwohl reichen die Pläne zu einer Aufwertung der Uferfläche schon sehr viel weiter zurück: Die ursprünglich geplanten Glemsterrassen fielen im Jahr 2008 der Finanz- und Wirtschaftskrise zum Opfer.