Das Böblinger Landratsamt leitet erste Nachbesserungen ein. Mehr als 100 Stunden Videomaterial werden jetzt ausgewertet.

Kreis Böblingen - Das Landratsamt in Böblingen hat nach dem Schock-Video aus dem Gärtringer Schlachthof erste Maßnahmen eingeleitet. So sollen dort künftig zwei Amtstierärzte an Schlachttage vor Ort sein. Einer davon soll permanent die Betäubung und den Zutrieb der Tiere überwachen. Auch sollen dann weniger Tiere geschlachtet werden, bei Schweinen etwa 60 statt 80 pro Stunde. Darüber hinaus will der Kreis externe Ermittler einsetzen, die die Vorfälle unabhängig von der Staatsanwaltschaft untersuchen.

 

Tierschützer-Video zeigt Misshandlungen

Am Freitagabend hatte die Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz ein kurzes Video veröffentlicht, dass Misshandlungen von Tieren im Schlachthof Gärtringen zeigte. Die Aufnahmen sind an zehn Tagen im Juni und Juli mit versteckter Kamera entstanden. In einigen Sequenzen mit unzureichenden Betäubungen an Tieren war auch eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes zu sehen, die anscheinend nichts unternimmt.

Das Video hatte am Wochenende für erhebliches Aufsehen gesorgt. Es folgten mehrere Anzeigen, darunter auch gegen das Landratsamt als Aufsichtsbehörde. Der Landrat Roland Bernhard hatte daraufhin am Montag eine lückenlose Aufklärung und Transparenz zugesichert. Er gehe nicht von systemischen Fehlern sondern vom Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter aus

100 Stunden Filmmaterial sichten

Die Soko Tierschutz hatte dazu am Dienstag zugesagt, die mehr als 100 Stunden Filmmaterial zur Verfügung zu stellen. Der Leiter des Veterinäramtes hatte am Montag den Zusammenschnitt des Videos kritisiert. So würden die Sequenzen immer dann enden, wenn ein Einschreiten der Amtstierärztin zu erwarten sei.

Das Video schlägt nicht nur hohe Wellen in der Politik. So forderten etwa die Grünen im Böblinger Kreistag die sofortige Schließung des Schlachthofs, bis die Missstände beseitigt sind. Auch die Metzger der Region berichten von vermehrten Nachfragen von Kunden. Der Schlachthof, eine Genossenschaft, hatte stark mit Regionalität geworben. Viele lokale Metzgereien lassen dort schlachten.

Auch der Obermeister der Fleischerinnung im Kreis Böblingen, Matthias Scherer aus Renningen, geht wie der Landrat von Einzelfällen aus. „Natürlich sind wir auch schockiert über die Bilder. Ich bin jedoch persönlich mehrmals wöchentlich im Schlachthof und habe solche Vorgänge noch nie gesehen.“ Er werde aber erst einmal die vollständige Auswertung des Videomaterials abwarten.

Landestierschutzbeauftragte stellt Anzeige

Unterdessen hat sich die Landestierschutzbeauftragte eingeschaltet. Sie habe bereits Mitte August Anzeige erstattet, nachdem Journalisten eines Investigativ-Magazins Filmaufnahmen gezeigt hatte. Zudem habe sie im Februar eine anonyme Anzeige gegen den Gärtringer Betrieb an die Stuttgarter Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Wie deren Sprecherin erklärt, hätte diese erste Anzeige aber nicht ausgereicht, da sie nur Schilderungen und keine Beweise wie Fotos oder Filme enthalten habe. Zudem habe es Ungereimtheiten gegeben. Das Verfahren aus dem Februar wurde deshalb Ende August eingestellt.