Kommunen stoßen an ihre Grenzen. Die Stadträte und -rätinnen sind in der Pflicht.

Inflation, Energiekrise, Krieg. Bürger müssen mehr für ihren Lebensunterhalt bezahlen. Zugleich werden Hallen geschlossen, um Flüchtlinge unterzubringen. All das zusammengenommen bildet eine wenig ansprechende Gemengelage in diesen verregneten Tagen. Auch die Rathauschefs sind sich dessen bewusst. Nicht umsonst haben sie sich im Kreis Ludwigsburg in dieser Woche zusammengeschlossen. Sie diskutierten die aus der Energiekrise resultierende Einschränkungen, die in allen Kommunen vergleichbar umgesetzt werden sollen. Vergleichbarkeit soll den Bürgerzorn minimieren. Wasser ist in allen Bädern gleich kalt, Saunen sind überall geschlossen.

 

Eine interkommunale Abstimmung genügt nicht

Doch mit interkommunalen Zusammenschlüssen allein ist es nicht getan, um den Herausforderungen dieser Tage zu begegnen. Die Menschen haben Fragen, die beantwortet werden müssen. Das war diese Woche gut im Sozialausschuss des Ditzinger Gemeinderats zu beobachten. Dort zeigte sich, dass die Bürgermeister mehr denn je in der Rolle sind, wenigstens ihren Gemeinderäten die Situation erklären zu müssen, damit diese im Alltag beherrschbar bleibt. Oberbürgermeister Michael Makurath ordnete Aussagen seiner Stadträte ein, bezog Stellung für die Geflüchteten, die – so sie die Wahl haben – ihr Ziel natürlich in Ländern mit guten Rahmenbedingungen suchten. Makurath macht für die SPD in der Region Politik, bar jeder Parteicouleur aber skizzierte er eine Situation, mit der Ditzingen „noch umgehen“ könne.

Nun ist die Stadt vergleichsweise wohlhabend, doch selbst Makurath sprach von einem „demokratischen Risiko, das sich da aufbaut“, wenn weitere Einschränkungen für die Bürger folgten, wie andernorts schon erfolgte Hallenschließungen.

Der Verwaltungschef zeigte die Gefahr auf. Er schilderte aber zugleich die Erfolge. Etwa, dass das Land erkannt habe, „dass der Baum brennt“ und Handlungsbedarf bestehe. Auf diese Weise beschönigte er nicht. Aber er ließ seine Räte eben auch nicht in einem Gefühl der Machtlosigkeit verharren. Er warb um Geduld – und nahm als Vorsitzender des Gemeinderats unausgesprochen zugleich die Stadträte in die Pflicht.

Stadträte vertreten die Bürger. Sie wirken aber auch auf sie ein, wenn sie im Gemeinderat demokratisch getroffene, gleichwohl unliebsame Entscheidungen danach verteidigen müssen. Jeder Stadtrat hat deshalb immer auch eine Vorbildfunktion. Daran sollte man sich in diesen Tagen besonders erinnern. Ende des Jahres, so heißt es in Ditzingen, steht kein weiterer Wohnraum mehr zur Verfügung. Was das für den sozialen Frieden bedeutet, wenn nicht weitere Plätze geschaffen sind, bleibt bisher unausgesprochen.

Mehr als Gullydeckel und Baugebiete

Selten war der Gemeinderat in einer Verantwortung, die sich nicht in Kitaplätzen, klappernden Gullydeckeln, Baugebieten und Hundekotbeuteln bemessen lässt. Ihm obliegt es jetzt, der Situation das Beste abzutrotzen, nicht pessimistisch in dieser zu verharren. Und wenn es nur dadurch ist, dass er öffentlich das Geleistete würdigt.

Die Politik zum Handeln aufzufordern, ist das eine, was Kommunalpolitiker machen können. Doch Handlungsspielräume – und sind sie noch so klein – zu nutzen, das andere. Die Arbeitskreise Asyl machen es vor, sind Anlaufstelle für die Geflüchteten in allen Belangen. Sie zeigen, wie es gelingen kann, Situationen zu befrieden, wenn Räume klein und Ressourcen knapp sind. Man stelle sich vor, auch die Ehrenamtlichen vom AK Asyl würden plötzlich pessimistisch sein und aufhören, zu handeln. Nicht auszudenken.