Die Entscheidung sei kein Schnellschuss. Dennoch hält der Kreis am Wunsch nach einem regionalen Schlachthof fest.

Kreis Böblingen - Landrat Roland Bernhard hat die am Donnerstag verfügte, vorübergehende Schließung des Schlachthofs in Gärtringen verteidigt. „Das ist richtig und sachgerecht“, sagte Bernhard am Freitagmittag auf einer Pressekonferenz im Landratsamt Böblingen. Der Schritt sollte nicht überraschend kommen. „Wir haben bereits am Montag gesagt, wir werden eine Schließung prüfen und das haben wir getan.“ Auch der Justiziar des Landratsamt habe bei dieser Entscheidung mitgewirkt.

 

Der Landkreis als untere Veterinärbehörde hatte mit der Anordnung am Donnerstag auf Missstände in dem Gärtringer Schlachtbetrieb reagiert, die am vergangenen Woche durch ein Video der Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz bekannt geworden waren. Darin waren Misshandlungen und mangelnde Betäubung von einigen Tieren zu sehen. „Das Video hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, betont Roland Bernhard. Denn gegen den Schlachthof habe es zu dem Zeitpunkt bereits sechs Anordnung des Veterinäramtes mit über 30 Unterpunkten gegeben.

„Betreiber hatte lange genug Zeit“

„Wir hatten Auflagen erteilt und dafür Fristen gesetzt. Dem wurde nicht gefolgt. Dann kamen die Anordnungen, die nur in wenigen kleineren Punkten erfüllt wurden. Dann haben wir Zwangsgelder angeordnet. Wir waren zuletzt schon in der Zwangsvollstreckung“, schildert der Landrat das Prozedere. In vielen Punkten ging es dabei um bauliche Mängel an dem genossenschaftlich betriebenen Schlachthof. Der Chef, Wilhelm Dengler, hatte am Freitagmorgen in einer Pressemitteilungerneut darauf hingewiesen, dass bauliche Maßnahmen Zeit bräuchten.

Er habe in den vergangenen Tagen viele E-Mails von Landwirten und Metzgern erhalten, die die Entscheidung als Schnellschuss kritisierten, berichtete der Landrat. „Das ist kein Schnellschuss. Der Betreiber und die Genossenschaft hatten lange genug Zeit, die Missstände zu beheben. Das kann die Genossen nicht auf dem linken Fuß erwischen“, meint Bernhard. Auch wenn der Schlachthof-Chef beteuere, die Pläne für den Umbau lägen bereits fertig vor. „Wir wissen, was wir von den Versprechungen des Herrn Dengler zu halten haben“, sagt Roland Bernhard. Den betroffenen Landwirten und Metzgern biete man Hilfe dabei an, eine „Interimslösung“ zum Schlachten zu finden.

Dringende Bitte um Filmmaterial

Kritik übte der Landrat aber auch an der Tierrechtsorganisation, die versteckte Kameras im Schlachthof installiert und einige Szenen zu einem dreieinhalbminütigen Video zusammengeschnitten hatte. „Wir bitten die Soko Tierschutz eindringlich darum, uns das gesamte Filmmaterial zur Verfügung zu stellen.“ Denn nur so könne man untersuchen, ob die Amtstierärztin, die in einigen Sequenzen zu sehen ist, tatsächlich ihren Aufgaben beim Überwachen des Schlachtvorgangs nicht nachgekommen ist.

Sie ist in Szenen zu sehen, wo Schlachttiere augenscheinlich nicht genügend betäubt sind. „Immer dann, wenn ein Einschreiten zu erwarten ist, kommt der Schnitt“, hatte Veterinäramtsleiter Wilhelm Hornauer schon am Montag gesagt. „Wir können hier nicht vorgehen, solange der Sachverhalt nicht klar ist“, sagt der Landrat mit Blick auf die Forderung von Tierschützern, die Mitarbeiterin sofort zu entlassen. „Wenn sich herausstellt, dass sie chronisch passiv agiert hat, bin ich entschlossen, da vorzugehen. Aber ich bin strikt gegen Vorverurteilungen.“

Ziel soll der Neustart sein

Vom Schlachthof-Betreiber fordere man endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept, das auch den Ansprüchen des Tierschutzes genügt. „Das Ziel ist, einen Neustart hinzubekommen“, betont Roland Bernhard. Man wolle, dass der Gärtringer Schlachthof im Sinne der Regionalvermarktung eine Perspektive habe. „Aber nicht um jeden Preis. Nicht um den Preis des Tierschutzes.“ Letztlich handele es sich aber um einen Schlachthof, sagt der Landrat. „Es geht ums Töten der Tiere. Die Entscheidung über seine Essgewohnheiten muss jeder selbst treffen. Wenn es um Fleisch geht, muss es artgerecht sein.“