Ab Montag helfen in Böblingen Soldaten. Derweil gibt es andere Quarantäne-Regeln für Schulen und Kitas.

Böblingen/Pforzheim - Die stark angestiegenen Corona-Fallzahlen bringen die Gesundheitsämter bei der Kontakt-Nachverfolgung an ihre Grenzen. „Wir erreichen derzeit nicht alle Kontaktpersonen noch am gleichen Tag“, sagt Brigitte Joggerst, die Amtsärztin im Enzkreis. Wer Kontakt mit einem positiv Getesteten hatte, solle daher zunächst zuhause bleiben und sich dort isolieren, insbesondere keinen Besuch empfangen.

 

Dasselbe melden die Kollegen aus Böblingen. 64 neue Fälle hat es im dortigen Landkreis allein am Mittwoch gegeben. „Da kann man sich vorstellen, wie viel Kontakt all diese jeweils zu anderen Menschen hatten“, sagt Simone Hotz, die Sprecherin des Landratsamts Böblingen. Von Montag an gibt es dort aber Mithilfe. 30 Soldaten aus Stetten am kalten Markt unterstützen das Gesundheitsamt bei der Suche nach Kontaktpersonen. „Ich begrüße es sehr, dass diese Unterstützung so schnell geleistet werden kann“, sagt Landrat Roland Bernhard, der diese Hilfe angefordert hatte. „Es ist absolut unerlässlich, dass wir bei den Kontaktpersonen den Überblick behalten. Das ist ein entscheidender Baustein, um dem Anstieg der Fallzahlen zu begegnen.“

Nicht mehr alle Schüler werden getestet

Eine Folge der steigenden Fallzahlen ist, dass die Testkapazitäten knapp werden. Die Gesundheitsämter ziehen deshalb Konsequenzen. Künftig werden bei Ausbrüchen in Schulklassen oder Kitas nur noch Schüler getestet, die unmittelbar in Kontakt waren oder in der Folge Symptome zeigen. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei den Testungen ganzer Klassen oder Gruppen wenige weitere positive Fälle auftreten“, erklärt Anna Leher, die Leiterin des Böblinger Gesundheitsamts.

Es muss also auch nicht mehr automatisch die ganze Klasse in Quarantäne. „Damit gehen wir jetzt zielgerichteter vor“, sagt sie. Ähnliches berichten ihre Kollegen im Enzkreis. „Seit Beginn der Pandemie hatten wir keinen einzigen Fall, in dem sich Kinder in der Kita oder in der Grundschule bei einem anderen Kind angesteckt haben“, sagt Angelika Edwards, die stellvertretende Leiterin des dortigen Gesundheitsamts. „Wenn ein Kind getestet worden ist, klären wir mit der Einrichtungs- oder Schulleitung, wie die Situation gewesen ist.“ Anders verhält es sich, wenn eine Erzieherin oder eine Lehrkraft positiv getestet worden ist: „Hier müssen wir zunächst davon ausgehen, dass sie mit allen Kindern in Kontakt und ansteckend war – deshalb stufen wir sie dann in die Kategorie eins ein“, erklärt Edwards. Umgekehrt klärt das Amt auch, ob die Lehrkraft oder Betreuerin des infizierten Kindes in Quarantäne muss oder nicht.

Brigitte Joggerst, die Leiterin des Enzkreis-Gesundheitsamtes empfiehlt unabhängig davon jedem, auf Symptome wie trockenen Husten, Fieber oder den Verlust des Riech- und Geschmacks-Empfindens zu achten. Auch die Zahl derer, die bei der Arbeit oder anderswo Kontakt zu einem Infizierten hatten, steigt an. „Im Gegensatz zum Frühjahr, als es deutliche Kontaktbeschränkungen gab, erleben wir derzeit nicht selten 20 und mehr Kontakte bei einem einzigen Fall“, sagt Joggerst. Ein Beispiel seien Feiern, bei denen meist sämtliche Teilnehmer als Kontaktpersonen der Kategorie eins gelten. „Die müssen wir alle anrufen, informieren und mündlich eine Quarantäne anordnen.“ Zudem würde dabei ein Termin für einen Test vereinbart.

Die Quarantäne dauert zwei Wochen – trotz Test

„Das sind oft längere Telefonate, weil die Menschen natürlich verunsichert sind und fragen, wie sie sich verhalten sollen“, berichtet Heike Theilmann. Sie ist Mitarbeiterin in der Kontaktverfolgung im Enzkreis. „Die meisten wissen ja nicht, was Quarantäne bedeutet“, sagt sie.

Die Quarantäne dauert zwei Wochen vom Kontakt mit der infizierten Person an. Ein negativer Test verkürzt diese Quarantäne übrigens nicht. Die 14 Tage müssen eingehalten werden. „Ja, diese Frage wird uns sehr häufig gestellt“, bestätigt Anna Leher, die Böblinger Amtsärztin.

Die Mitarbeiter der Gesundheitsämter bitten unterdessen, dass sich Bürger weniger häufig bei ihnen melden. Wer medizinischen Rat wolle oder ohne Aufforderung des Gesundheitsamts auf einem Test bestehe, solle sich an den Hausarzt wenden. „Wir müssen es schaffen, uns darauf zu konzentrieren, das Ausbruchsgeschehen weiter unter Kontrolle halten zu können“, erklärt Anna Leher. „Dazu müssen wir Anfragen und Nachfragen auch vermehrt an die Kolleginnen und Kollegen der Ärzteschaft außerhalb des Gesundheitsamts umleiten.“ In der Behörde sei man in erster Linie dafür zuständig, den Kontakt mit infizierten Personen zu halten und deren weitere Kontakte zu informieren. „Im Zweifel sollte man auch geduldig sein und warten, bis wir uns melden – und seine Kontakte reduzieren.“