In Weil der Stadt sind die Online-Termine für die Stadthalle schon nach 20 Minuten vergeben.

Weil der Stadt - Es hat lebhaftes Treiben rund um die Stadthalle geherrscht an diesem strahlend schönen Sonntagvormittag. Menschen kamen und gingen, viele hielten ihren gelben Impfausweis in der Hand. In Weil der Stadt war eine große Impfaktion angesagt, die erste dieser Art in der Keplerstadt. So hatte denn auch der Bürgermeister Christian Walter sein Impfdokument von 1990 „herausgekramt“, wie er sagte. Er gehörte zu jenen 500 Bürgerinnen und Bürgern, die eine Dosis des Impfstoffs Johnson & Johnson bekamen.

 

Eine zweite Impfung ist beim Johnson & Johnson-Vakzin nicht nötig – ein Vorteil bei der Terminvergabe und der Impfstoffbeschaffung. Zwar haben schon andere Kommunen Impfkampagnen organisiert, doch dass dies nun mit einem Einmalimpfstoff gemacht werde, sei auch im Landkreis eine Premiere, sagte der Landrat Roland Bernhard. Von Vorbehalten gegen den Impfstoff sei bei den Menschen an diesem Sonntag nichts zu spüren, berichteten die insgesamt acht Weil der Städter Ärzte, die für Fragen zur Verfügung standen. Die Leute kämen bestens aufgeklärt her, sagten die Ärzte Klaus Fischer und Eberhard Röhm. Sie wüssten oft gut Bescheid und hätten sich im Vorfeld informiert. Das bestätigte auch die ärztliche Leiterin der Aktion, die Weil der Städter HNO-Ärztin Natascha Friese. Fragen zur Impfung gebe es kaum, „höchstens ob man nach der Impfung am gleichen Tag noch ein Bier zum Grillen trinken darf“, sagte die Medizinerin mit einem Augenzwinkern. Und bei vielen ziehe das Argument zugunsten des Einmalimpfstoffs, dass sie bald in den Urlaub fahren wollen.

Impfmarathon über sieben Stunden

Im Ruhebereich im Anschluss an die Impfung sitzen auffallend viele jüngere Menschen, das Vakzin ist ab 18 Jahren freigegeben. Ein junger Mann sagte, er habe sich bereits im Rahmen der Anmeldung online über den Impfstoff und den Ablauf der Impfung informiert. Und hier in der Stadthalle laufe alles super und sei toll organisiert. Dafür, dass der siebenstündige Impfmarathon reibungslos ablief, sorgten rund 50 Aktive. Das waren neben den Ärzteteams und den städtischen Angestellten vor allem 32 Ehrenamtliche des DRK.

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Die Initiatoren des Impftages waren die Stadt und das DRK. Manuel Riehm arbeitet bei der Stadtverwaltung und ist beim Weil der Städter DRK-Ortsverein aktiv. Jürgen Katz ist der Leiter des Corona-Verwaltungsausstabs. „Es finden sich die örtlichen Netzwerke zusammen, denn Blaupausen für solche Aktionen gab es auch für die Kommunen nicht“, sagte der Erste Beigeordnete.

Stadt kauft Software für Termin-Buchung

Die beteiligten Ärzte bezogen den Impfstoff über den Böblinger Apotheker Michael Hult. „Über Pfingsten haben viele Ärzte nichts bestellt, das hat uns in die Hände gespielt“, sagte Natascha Friese. Die Stadt kaufte eine Software, mit der die Impftermine online gebucht werden können und die Impfung dokumentiert wird. Mit den Kosten für Organisation und Verpflegung der Aktiven vor Ort kostet dies die Kommune rund 10 000 Euro.

Von den 500 Impfdosen wurden 144 für Menschen ohne Internet-Zugang reserviert. „An dem Tag hat sich eine lange Schlange durch die halbe Stadt gebildet“, schilderte Bürgermeister Walter den großen Andrang. Die restlichen Online-Termine seien innerhalb von 20 Minuten nach Freischaltung vergeben gewesen. „Wir hatten drei- bis viermal mehr Anfragen als Impfstoff zur Verfügung stand“, so Corona-Task-Force-Leiter Jürgen Katz. Er gehe davon aus, dass man eine solche Aktion noch einmal machen werde, vorausgesetzt, es gibt genügend Impfstoff.

Unterdurchschnittliche Impfquote

Der Landrat ermunterte alle Beteiligten, die Aktion zu wiederholen. Er wies darauf hin, dass der Landkreis Böblingen mit einer Impfquote von 45 Prozent Erst- und 20 Prozent Zweitgeimpften landesweit immer noch unterdurchschnittliche Zahlen habe. Neben der Vor-Ort-Aktion in der Stadthalle hat die Stadt gemeinsam mit dem DRK und den Ärzten Impfteams aufgestellt, die in den kommenden Tagen zu mobil stark eingeschränkten Menschen in Weil der Stadt gehen und sie zuhause impfen. Zehn Anmeldungen gibt es bisher für dieses besondere Angebot.