Während sich die Freibadgäste in Leonberg und Renningen über die heißen Temperaturen freuen, kämpfen die Kleingärtner und Bauern mit der Trockenheit.

Altkreis - Die Kastanie am Hirschbrunnen in Leonberg lässt die Blätter hängen. Zumindest die, die noch dran hängen. Nicht nur hier, auch an vielen anderen Stellen in den Kommunen im Altkreis sieht die Vegetation nach Herbst aus. Die Pflanzen leiden unter der Hitze, vor allem unter der anhaltenden Trockenheit, und werfen ihre Blätter ab.

 

Die Pflanzen leiden dreifach

„In den Wäldern sieht es genauso aus“, hat Albert Kaspari bemerkt. Dem Vorsitzenden des Obst-, Garten- und Weinbauvereins Eltingen-Leonberg bereitet die derzeitige Situation große Sorgen. „Viele Bäume sind gestresst. Das Obst erreicht nicht die normale Größe, die Blätter verdörren“, sagt Kapsari, etwa auf dem Baumpatengrundstück des OGWV, einer Streuobstwiese. Dabei hätten die Bäume schon sehr unter dem Spätfrost im Mai gelitten, viele Triebe seien abgestorben. Dazu nun Trockenheit und Sonnenbrand. „Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Gewitter mit Hagel und die Katastrophe ist komplett.“

Die Wengerter in der Leonberger Feinau müssen ihre Rebstöcke bewässern. „Auch hier ist im Frühjahr ein Großteil erfroren, der nun keinen Ertrag mehr bringt, aber trotzdem gepflegt werden muss“, sagt Albert Kaspari. Der deutsche Riesling, der auch in der Feinau angebaut wird, könne zwar ganz gut damit umgehen, weil er sehr tiefe und lange Wurzeln ausbilde. Um andere Rebsorten werde man auf lange Sicht aber wohl nicht herumkommen, wenn der Klimawandel weiter voranschreitet.

Brunnentourismus in Renningen

Nicht nur die Wengerter müssen zusätzlich gießen, sondern auch die Gartenbesitzer. Nur was tun, wenn am Kleingarten kein Wasseranschluss ist? Ein Regenfass kann ja auch nur gefüllt werden, wenn es genug Regen gibt. In Renningen ist derzeit ein regelrechter Brunnentourismus zu beobachten. Am Oberbrunnen am oberen Ende der Nord-Süd-Straße stehen die Menschen teilweise Schlange, um ihre mitgebrachten Behältnisse mit dem Quellwasser zu füllen. „Technisch gesehen ist das nicht verboten“, sagt der Erste Beigeordnete, Peter Müller. Die Stadt habe die Wasserentnahme aus öffentlichen Brunnen nicht untersagt.

Was allerdings nicht gestattet ist: Mit dem Auto an den Brunnen heranzufahren, was viele es tun, um größere Behälter zu befüllen. Denn die Feldwege dürfen nur von landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt werden. Dafür gibt es eine Verwarnung durch das Ordnungsamt, man erwischt wird. „Die Kollegen gehen dort im Rahmen ihrer üblichen Kontrollgänge vorbei“, sagt Müller. Verstärkte Kontrollen gebe es keine, die Anlage liege im Außenbereich. Müller weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den Brunnen der Stadt nicht um Trinkwasser handelt, es also nicht zum Verzehr geeignet ist.

Wasser zum Gießen aus den örtlichen Flüssen, Bächen und Seen zu holen, ist derzeit durch den Landkreis Böblingen untersagt. Übrigens nicht nur für Kleingärtner, sondern auch für die Landwirtschaft. „Der Kreis Böblingen gehört zu den Wassermangelgebieten“, erklärt Rebecca Kottmann, die Pressesprecherin im Landratsamt. Deshalb gebe es im Sommer eine entsprechende Allgemeinverfügung, die aktuell noch bis einschließlich September gilt. Ausnahmen gibt es nur zwei. Herrenberg hat eine gemeindeeigene Entnahmestelle. Und an der Würm, unterhalb des Schwippezuflusses bei Schafhausen, darf Wasser geholt werden.

Der Wasserverbrauch steigt

Auch der Mensch braucht natürlich im Sommer mehr Wasser. „Wir hatten mit einem Wasserverbrauch von 265 000 Kubikmetern Wasser im Juli dieses Jahres ein historisches Hoch“, berichtet Tom Kleinfeld, Pressesprecher von Leonberg. Das sei ungefähr zehn Prozent mehr als in den selben Monaten der Vorjahre. „Allerdings ist der Verbrauch, über den gesamten Sommer betrachtet, während der vergangenen Jahre generell angestiegen.“

Freibäder sind ausgebucht

Sonnenbrand bekommen derzeit aber nicht nur die Blätter der Bäume. In den Freibädern in Leonberg und Renningen genießen die Badegäste die Sonne in vollen Zügen. „Wir sind tagsüber und am Abend immer ausgebucht“, berichtet Tom Kleinfeld. Nur das Zeitfenster am Morgen sei lediglich zu etwa 50 Prozent ausgebucht. Aktuell dürfen gleichzeitig 650 Personen im Leobad sein. „Wir haben ebenfalls von 450 auf 550 Personen erhöht – aber nur am Wochenende“, berichtet Marcello Lallo, der Fachbereisleiter Bürger und Recht im Renninger Rathaus. Im Renninger Freibad seien alle Kontingente ausgebucht. „An solch heißen Tagen hatten wir im Vorjahr noch rund 3000 Badegäste am Tag“, nennt er zum Vergleich. „Dafür liegt man aber jetzt entspannt und alle nehmen Rücksicht aufeinander“, erzählt er aus eigener Erfahrung.

Schlange stehen für ein Eis

Abstand halten auch die Kunden vor der„Eiserei“ in Rutesheim, wo sich die Schlage den Gehweg entlang windet. Auch gegenüber auf dem Rathausvorplatz sitzen viele Menschen. „Der Platz ist jetzt richtig schön belebt“, sagt Kerstin Mack, die mit ihrem Partner Peter Rebmann seit Juni die neue Eisdiele in Rutesheim betreibt. An den ganz heißen Tagen kämen aber nicht automatisch mehr Kunden. „Bei der Hitze gehen viele gar nicht erst raus“, sagt Mack. „Dafür kommen dann umso mehr am Abend“, hat Rebmann beobachtet. Ein besseren Start für das junge Lokal hätte sich das Paar gar nicht wünschen können – trotz aller Corona-Vorsichtsmaßnahmen. „Es läuft wirklich sehr gut“, sagt Kerstin Mack.