Gastronomen leiden besonders unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen. Die Kommunen im Altkreis unterstützen die Wirte mit verschiedenen Maßnahmen.

Altkreis - Nieselregen und acht Grad – ein schöner Spätsommer und Frühherbst ist den Gastronomen in diesem Jahr nicht vergönnt gewesen. Und so sind Tische und Stühle im Freien verwaist, sofern sie noch stehen. Egal, ob in Gerlingen, Ditzingen, Leonberg oder Weil der Stadt. „Egal, wie viele Decken ich da raus lege, da setzt sich keiner mehr hin“, sagt Lothar Mattner vom Bistro Domizil am Leonberger Marktplatz.

 

Solange es sommerlich warm war, platzte seine Terrasse quasi aus allen Nähten – und das bis spät in den Abend. Den Corona-konformen Abstand hat er zu Beginn der Sommersaison gemeinsam mit einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes hergestellt. Generell sei die Unterstützung seitens der Stadt sehr gut gewesen. Ob ihm nun mehr Platz zur Verfügung gestellt wurde, damit die Zahl der Tische und Stühle gleich bleiben kann. Oder die Sperrstunde nach hinten geschoben wurde.

Außenbewirtung als Retter

Das lobt auch Marcio Bezerra vom „Bossa Brasil“ in der Schlossstraße. Auch er hatte bis Ende September einen Freisitz auf der Fläche von zwei Parkplätzen. „Ich hätte sogar noch mehr haben können, aber so viel hätte ich allein nicht stemmen können“, sagt er. Sein Lokal gibt es jetzt seit zweieinhalb Jahren. „Ohne die Tische draußen hätten wir zumachen können“, schildert er seine Lage.

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Nach dem Corona-Shutdown haben die Kommunen im Altkreis ihre Gastronomen mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen unterstützt. Das häufigste Angebot: Die Gastronomen können für die Außenbewirtung zusätzliche Flächen – über das bisher genutzte Maß hinaus – in Anspruch nehmen. „Dies dient dazu, dass die Gastronomen die vorhandenen Tische weiter auseinander platzieren können, um die Abstände einhalten zu können. Aber auch, dass sie weitere Sitzmöglichkeiten schaffen können“, erklärt Jens Schmukal, der Sprecher der Stadt Ditzingen. Zusätzliche Gebühren dafür wurden nicht erhoben.

Sperrstunde verschoben, Flächen angeboten

Ähnliches haben auch Leonberg und Renningen gemacht. Renningen hat die Sondernutzungsgebühren, die bei Außengastronomie auf öffentlichen Flächen anfallen, seit März erlassen. „Die notwendigen Abstände, die aufgrund der Corona-Verordnungen eingehalten werden müssen, begrenzen auch in vielen Renninger Lokalen die Kapazitäten“, begründet dies Alicia Paulus von der Renninger Wirtschaftsförderung. Entsprechende Anträge habe man großzügig gehandhabt. „Eine längere Bewirtung am Abend ist zum Schutz der Anwohner vor Lärmstörungen jedoch nicht möglich“, sagt Paulus.

In Leonberg durften die Gastronomen für ihr Freiluft-Angebot auch Parkflächen nutzen. Zehn Betriebe haben hier das Angebot für mehr Platz angenommen. Die Genehmigungen sind noch bis Ende November gültig. Außerdem gab es die Möglichkeit, die Sperrstunde an Freitagen und Samstagen von 23 auf 24 Uhr zu verschieben. Dies hatten sechs Lokale beantragt, was bis Ende September genehmigt war. „Das Angebot hat auch über den Herbst und Winter Bestand – Nachfragen gab es für die Verlängerung der Sperrzeitverkürzung trotz Ablauf der Genehmigungen bisher keine“, berichtet der Leonberger Pressesprecher Tom Kleinfeld.

So lange wie möglich Außenbewirtung ermöglichen

Auch Weil der Stadt will es seinen Wirten ermöglichen, im Herbst und Winter Gastronomie draußen zu anzubieten. „Die Außenbewirtschaftungserlaubnis verlängern wir ausnahmsweise ohne Gebührenerhebung. Dies gilt für Gaststätten, die schon eine Außenbewirtung betreiben“, berichtet Marion Beck, die Citymanagerin von Weil der Stadt.

Die Stadt Gerlingen hat auf Initiative des Stadtmarketingvereins Mein Gerlingen eine ganze Reihe von Regelungen auf den Weg gebracht. So soll Außenbewirtung auch noch nach dem Oktober möglich sein, und für die Nutzung öffentlicher Flächen dafür werden für das ganze Jahr 2020 keine Sondergebühren erhoben. Sollte ein Gastronom etwa ein Zelt aufbauen wollen zur Bewirtung auf einer öffentlichen Fläche, so werde dies einzeln geprüft.

„2020 war bisher Corona-bedingt ein sehr herausforderndes Jahr. Deshalb ist es uns wichtig, ihnen eine Außenbewirtschaftung so lange wie möglich zu ermöglichen, um das Infektionsrisiko zu reduzieren und trotzdem den Betrieb auch in der kalten Jahreszeit aufrecht zu erhalten“, sagt die Hauptamtsleiterin Ulrike Hoffmann-Heer, und auch Bürgermeister Dirk Oestringer sagt, „die Gastronomie in der Innenstadt ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Stadtlebens“.

Heilpilze sind erlaubt, aber auch gefragt?

In allen befragten Kommunen im Altkreis dürfen die Lokale übrigens draußen Heizpilze aufstellen. „Die sind bei uns sowieso schon erlaubt“, sagt Jens Schmukal von der Stadt Ditzingen. Ob das die Gastwirte auch tun? Lothar Mattner in Leonberg jedenfalls nicht. „Abgesehen davon, dass ich es für ökologischen Unsinn halte, werden dann sicher nicht die Abstände eingehalten, wenn ich einen Heizpilz unter die Schirme stelle“, sagt er.

Wie er durch den Winter kommen will? Wie in den Vorjahren soll es vor dem Lokal eine Hütte geben, an der Glühwein und heiße Suppe verkauft werden. „Wir planen außerdem, draußen ein Zelt aufzustellen“, sagt Mattner. Er hofft zudem, beim Weihnachtsdorf, dem Ersatz für den Nikolausmarkt, dabei zu sein. Dafür interessiert sich auch Marcio Bezerra. „Aber es gibt bislang nicht genug Infos, wie das ablaufen soll.“ Er habe genug Kundschaft im Moment, nur nicht genügend Platz und müsse deshalb Reservierungen ablehnen. Angesichts der steigenden Corona-Zahlen herrscht aber große Unsicherheit, ob die Unternehmer ihre Lokale wirtschaftlich durch den Winter bringen können. „Die Angst ist da“, sagt Marcio Bezerra.