David Modro macht sich als Obmann der Schiedsrichtergruppe Leonberg nicht nur Gedanken um fehlenden Nachwuchs, sondern geht mit überdurchschnittlichem Engagement voran.

Die Begegnung zwischen der SKV Rutesheim und dem TV Darmsheim ist nur ein Saisonvorbereitungsspiel zwischen einem Verbands- und einem Landesligisten gewesen – doch für David Modro war es etwas Besonderes. Im Alter von nur 27 Jahren leitete der Unparteiische bereits sein 1000. Fußballspiel. „Das ist mein gesellschaftlicher Beitrag“, erklärt er. Zudem betreibe man nebenher Sport und bekomme noch ein nettes Taschengeld.

 

Dass David Modro bereits in so jungen Jahren so viele Spiele geleitet hat, liegt an zwei Dingen: Zum einen hat er im Mindestalter von 14 Jahren mit der Schiedsrichterei begonnen, zum anderen pfeift er mit 77 Spielen pro Saison mehr als dreimal so viel wie seine Kollegen aus der Schiedsrichtergruppe Leonberg, die durchschnittlich auf 25 Partien kommen.

David Modro, der bei der damaligen TSG Leonberg bis zur B-Jugend selbst Fußball spielte, hat sich für dieses Hobby nicht nur wegen seiner Begeisterung für den Sport entschieden, sondern weil er auch schon früh erkannt hat, dass er in diesem Bereich etwas erreichen kann. „Ich habe schon in jungen Jahren bei der TSG als Vereins-Linienrichter agiert und mich wohlgefühlt, Einfluss auf ein Spiel zu nehmen“, erinnert er sich. Immer häufiger habe sich sein Fokus dann auf die Schiedsrichter gerichtet, mit deren Entscheidungen er nicht immer einverstanden war. „Dann habe ich es einfach mal selbst ausprobiert“, erzählt der 27-Jährige.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Der Nachwuchs bleibt das Hauptproblem

An seine erste Partie als 14-jähriger Unparteiischer erinnert er sich noch genau: „Das war ein D-Jugendspiel zwischen Gerlingen und Weissach. Ich habe die ganze Nacht davor vor lauter Nervosität nicht geschlafen“, weiß er noch gut. Inzwischen pfeift er Spiele bis zur Landesliga und wird als Schiedsrichterassistent bis zur Oberliga eingesetzt. „Als Fußballer wäre ich wahrscheinlich nicht so weit gekommen“, sagt er und schmunzelt. Sein Rekord waren 134 Einsätze in einer Saison, derzeit wird er meist in den Landesligen 2 und 3 eingesetzt.

An drei Spiele kann sich der IT-Spezialist für E-Content noch besonders gut erinnern: Zum einen die stimmungsvolle Oberliga-Partie zwischen dem SV Göppingen und den Stuttgarter Kickers im April 2019 vor 5000 Zuschauern. Zum anderen an das Oberliga-Derby zwischen den Kickers und dem VfB Stuttgart II im November 2019: Als Linienrichter stand er so günstig, dass er als Einziger erkannte, wie ein Schuss eines Kickers-Spielers erst hinter der Torlinie von einem VfB-Abwehrspieler mit der Hand geklärt wurde. So konnte er seinem Schiedsrichter Lars Erbst ein gültiges Tor signalisieren. „Das war das 1:0 für die Kickers, und ich stand direkt vor den VfB-Ultras“, erzählt er. Seine dritte erinnerungswürdige Partie war das Landesliga-Derby als Schiedsrichter zwischen dem TSV Neu-Ulm und Türk Spor Neu-Ulm, das er vor 1000 Zuschauern ohne eine einzige gelbe oder rote Karte über die Bühne brachte.

25 neue Jungschiedsrichter werden pro Jahr benötigt

Seit dem vergangenen Jahr hat David Modro als Vorsitzender der Schiedsrichtergruppe Leonberg noch mehr Verantwortung übernommen. Er ist jetzt für 130 Unparteiische verantwortlich. Wie überall ist der fehlende Nachwuchs das größte Problem, dem er sich mit seinem Team zu stellen versucht. „Wegen der Fluktuation durch das Ausscheiden älterer Kollegen bräuchten wir pro Neulingskurs im Jahr eigentlich 25 neue Jungschiedsrichter“, sagt er. Seit Jahren sind es jedoch maximal 20, von denen zudem ein gutes Drittel später nicht zur Verfügung steht: Trainer in Ausbildung, die einen Schiedsrichterkurs absolvieren und nur das Minimum von fünf Spielen leiten.

„Um alle Spiele problemlos besetzen zu können, rechnet man in der Gruppe mit einem Schiedsrichter pro Mannschaft. Wir haben jedoch nur 75 aktive Unparteiische bei 150 Mannschaften“, macht er das Dilemma an Zahlen klar. Nur zwölf der 75 seien unter 18 Jahren, der Jugendspielbetrieb sei nur mithilfe älterer Kollegen aufrechtzuerhalten. Auch im Aktivenspielbetrieb fehlt es vorne und hinten: „Wir können keinem Verein in den untersten Klassen versprechen, dass selbst in entscheidenden Spielen um den Aufstieg ein Schiedsrichter gestellt werden kann“, mahnt David Modro.

B-Liga-Spiel ohne offiziellen Unparteiischen

Die Nöte der Schiedsrichter hat er den Vereinen vor der Saison in einem Brandbrief erläutert und angekündigt, dass B-Liga-Spiele und Jugendpartien unterhalb der Bezirksstaffel nicht mit offiziellen Schiedsrichtern besetzt werden können. Tatsächlich war dies bei neun Spielen in der Kreisliga B und Frauen-Bezirksliga der Fall. In den Jugendkreisstaffeln wird derzeit in der C- und D-Jugend kein Schiedsrichter mehr eingeteilt. Wenn die Tendenz so weiter geht, droht dies auch für die B-Jugend-Kreisstaffel.

David Modro ist ein bisschen enttäuscht, dass auf den Brandbrief nur fünf Vereine reagiert hätten. „Wir bieten den Vereinen vor jedem Neulingskurs an, mit einem erfahrenen Schiedsrichter ins Training zu kommen und Fragen zu beantworten“, nennt er ein Beispiel für das Engagement der Schiedsrichtergruppe, die auch auf Facebook und Instagram aktiv ist. Es müsse allen klar sein, dass das Problem nur mit den Vereinen zu lösen sei. Aber derzeit stellen 20 von 29 Clubs im Altkreis zu wenig Schiedsrichter und nehmen lieber Strafzahlungen in Kauf.