Nach nur sechs Punkten aus zwölf Saisonspielen trennt sich das Tabellenschlusslicht der Fußball-Verbandsliga von seinem Trainer Jens Härter.

Ditzingen - Natürlich spielen die Zahlen eine Rolle: Mit nur sechs Punkten aus den ersten zwölf Saisonspielen und acht Zählern Rückstand auf das rettende Ufer ist der TSV Heimerdingen in der Fußball-Verbandsliga akut abstiegsbedroht. Und dennoch hat die Nachricht des Vereins überrascht, dass Trainer Jens Härter und der TSV ab sofort getrennte Wege gehen. Denn eine Trainerentlassung gab es beim TSV Heimerdingen noch nie – im Gegenteil: Der „Dorfverein“ ist eigentlich für seine heimelige Atmosphäre bekannt, Trainer blieben meist über mehrere Jahre und gingen nur, wenn sie diesen Wunsch selbst äußerten.

 

Und auch, wenn es nunmehr die erste Trainerentlassung in der Vereinsgeschichte gibt, hat sie nur bedingt mit den üblichen Mechanismen des Fußballgeschäfts zu tun. „Natürlich ist der Trainer immer das schwächste Glied in der Kette, aber wir können ihm eigentlich nicht viel vorwerfen“, sagt Abteilungsleiter Uwe Sippel. Die Maßnahme richte sich eigentlich nicht gegen Jens Härter. „Wir wollen mit diesem Schritt dafür sorgen, dass die Mannschaft kein Alibi mehr hat und hoffen auf neue Impulse“, führt der Abteilungsleiter weiter aus.

Auf der Suche nach Stabilität

Beim letzten Spiel vor der durch Corona bedingten Zwangspause gegen den FSV Hollenbach hat Sippel weniger das Ergebnis von 0:8 erschreckt als die Tatsache, dass da keine Mannschaft mehr auf dem Platz stand. „Wir waren an einem Punkt, wo wir handeln mussten“, stellt der Abteilungsleiter klar. Er hoffe, dass es gelingt, wieder Stabilität und ein Gefüge in die Mannschaft zu bringen.

Die Saison stand von Anfang an unter keinem guten Stern für den TSV Heimerdingen, der schon in der abgelaufenen Runde die Klasse nur gehalten hatte, weil sie wegen Corona abgebrochen worden war und es keine Absteiger gab. Mit acht Abgängen und elf Neuzugängen gab es eine enorme personelle Fluktuation, zudem plagen sich die Heimerdinger seit Monaten mit großen Verletzungssorgen herum. Der neue Kapitän Tim Schlichting hat noch kein Spiel in dieser Runde bestreiten können, einige Leistungsträger mussten nach Verletzungen früher wieder ran als es ihnen vielleicht gut getan hätte.

Viele individuelle Fehler

„Wir sind auch unglaublich schwer in Tritt gekommen, weil lange nicht feststand, wann die Saison überhaupt losgeht und es dann plötzlich doch ganz schnell ging“, erinnert sich Sippel. In vielen Begegnungen habe oft ein Quäntchen Glück gefehlt, häufig hätten individuelle Fehler zu Niederlagen geführt. Zudem sei die Liga in diesem Jahr sehr stark. „Jens Härter kann weder für die vielen Verletzten etwas, noch für die wegen Corona grundsätzlich schwierigen Umstände“, stellt sich Sippel hinter den Coach. Auch die Tatsache, dass er die ersten fünf Spiele wegen Urlaubs verpasst habe und zuletzt zwei wegen Krankheit, kreide man ihm in keiner Weise an. „Menschlich und persönlich ist es mir sogar unglaublich schwer gefallen, ihm unsere Entscheidung mitzuteilen“, sagt Sippel.

Für Jens Härter ist die Entlassung alles andere als tragisch. „Nach den bisherigen Ergebnissen habe ich damit gerechnet, dass dieser Schritt jederzeit kommen kann“, sagt er. Sechs Punkte aus zwölf Spielen seien schlichtweg kein Ruhmesblatt, und als Trainer stehe er einfach in der Verantwortung. Ihm sei klar gewesen, dass seine erste Station als Cheftrainer mit der Corona-Situation, den zahlreichen Verletzten und seinen Fehlzeiten eine Herausforderung war.

Abschied per WhatsApp

„Ich kann jetzt aber nichts ändern und bin weder verbittert noch nachtragend“, erklärt er. Es sei ja auch nicht so, dass er mit zwei blauen Augen aus einem Boxring gestiegen wäre. In der WhatsApp-Gruppe hat er sich von der Mannschaft verabschiedet. „Ein paar Spieler haben mich auch angerufen“, freut er sich. Den ein oder anderen werde er sicher wiedersehen, und er kann sich auch vorstellen, ab und zu bei Spielen des TSV vorbeizuschauen. „Ich genieße es auch, dass ich jetzt wieder mehr Zeit für die Familie habe“, sagt Härter, der als Coach nicht unbedingt wieder in die erste Reihe strebt, sondern sich eher wieder eine Co-Trainer-Rolle vorstellen kann.

Von einer Entscheidung über einen Nachfolger ist Abteilungsleiter Sippel noch weit entfernt. „Ich werde jetzt erst einmal mit den verdienten und erfahrenen Spielern sprechen und ihre Meinung hören, an welchen Stellschrauben wir drehen können, um wieder eine echte Mannschaft auf den Platz zu kriegen“, benennt er seine nächste Aufgabe. Ein Stück weit nimmt er die Verantwortung für die schlechte sportliche Situation auch auf die eigene Kappe: „Vielleicht hätte ich schon früher mehr in die Mannschaft hineinhorchen sollen“, räumt er ein.

Weit entfernt von Panik

Im Verein sei man jedoch weit entfernt davon, in Panik zu verfallen und um jeden Preis neue Spieler zu verpflichten, um die Klasse noch zu erhalten. „Dafür haben wir weder das Geld noch gibt es die Notwendigkeit dazu“, stellt Sippel klar. Die sportliche Situation sei noch nie die alleinige Maxime des TSV Heimerdingen gewesen. „Wir wollen herausfinden, wer von den Spielern bereit ist, mit uns auf den Weg zurückzukehren, bei dem der Verein über allem steht und individuelle Interessen dahinter“, sagt er. Dabei habe man die Situation über das Ende dieser Saison hinaus im Blick – soweit das in Zeiten einer Corona-Pandemie überhaupt möglich sei.