Die Buchhandlung gibt die beiden kleinen Ladenlokale auf und vereint wenig entfernt die Sortimente für Kinder und Erwachsene.

Mehrere Grußkartenständer, Spiele, Holzdöschen für den ersten verlorenen Milchzahn stehen bereits vor dem Gebäude in der Marktstraße. Derweil sind einerseits Handwerker im Ladengeschäft zugange, andererseits räumen die Mitarbeiter die Bücher in die Regale ein. Unter ihnen: Heinrich Riethmüller, viele Jahre geschäftsführender Gesellschafter von Osiander. Riethmüller arbeitet die gesamte Woche in der neuen, knapp 180 Quadratmeter großen Filiale in der Ditzinger Innenstadt mit. „Es macht Spaß“, sagt er über die Vorbereitungen der Neueröffnung am kommenden Freitag – umso mehr in einer Pandemie und coronabedingtem Lockdown. Zugleich sei die Präsenz der Familie Riethmüller auch ein „sichtbares Zeichen gegenüber den Mitarbeitern“, sagt Riethmüller.

 

Kapital der Buchhandlung

Die Mitarbeiter wiederum sind in einer kleineren Stadt wie Ditzingen das Kapital des Buchhandels: Sie kennen ihre Kunden, die Kunden vertrauen auf die Tipps ihres Buchhändlers, ihrer Buchhändlerin. Deren Empfehlungen binden die Kunden, ob im stationären oder digitalen Handel. Durch das Angebot im Buchladen zu schlendern, ist mittels eigener App auch digital möglich. Andersherum nutzt die stationäre Filiale in der Marktstraße den Blick ins digitale Schaufenster: Wer sich über die im Regal stehenden Bücher hinaus für Lesestoff interessiert, könne den am Regal angebrachten QR-Code scannen, um das Angebot bestellbarer Bücher zum Thema zu sehen. Riethmüller nennt den QR-Code deshalb auch die „Verlängerung der Ladentheke“. Bücher zu bestellen, sei schließlich kein Problem – eine Million Bücher seien über Nacht bestellbar, sagt Riethmüller über den seiner Einschätzung nach „best organisierten Buchmarkt der Welt“.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Schutz der Innenstadt – Gerichte geben der Stadt Recht

Gleichwohl: Der Umsatz beim gedruckten Buch stagniert, habe noch nicht das Vor- Corona-Niveau erreicht. Dem steht die Verdopplung beim Onlineumsatz entgegen. Riethmüller, bis 2019 sechs Jahre lang Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, ist für einen Moment mehr Händler als Verfechter der romantisierten Vorstellung vom Buch, wenn er sagt, „ein Buch hat bei uns im Regal keine Berechtigung , wenn es nicht verkauft wird“ – zumal es ja bestellbar sei. Das sei der Unterschied zur Bibliothek.

Einst ein nahtloser Übergang

Auch wenn sich inzwischen vieles online abspielt, lässt Riethmüller keinen Zweifel daran, wie bedeutend ein funktionierendes Umfeld für einen Buchhandel ist, und in Ditzingen sei man mit offenen Armen empfangen worden. Andererseits weiß auch die Stadt, was sie an einer Buchhandlung hat. Als mit Osiander eine Nachfolge für die Pan-Buchhandlung – deren Eigentümerin sich altershalber zurückgezogen hatte – gefunden wurde, war die Freude auch in der Stadtverwaltung groß. Die Nachnutzung des Ladenlokals war damit gesichert, ein Leerstand verhindert.

Allüberall fürchten Stadtverwaltungen und Gemeinderäte sowie die Wirtschaftsvereine der Orte fehlende Nachnutzungen von Ladenlokalen. Insofern freut sich Guido Braun, kommissarischer Vorsitzender der Aktiven Wirtschaft, über das Ratsvotum, das städtische Gebäude Marktstraße 13 zunächst zehn Jahre an Osiander zu vermieten. Für die beiden kleinen Ladenlokale, die Osiander dafür aufgibt, werde, so heißt es, an einer Nachnutzung gearbeitet.