Das Landratsamt muss eine Anfechtung gegen die Bürgermeisterwahl Weil der Stadt prüfen.

Weil der Stadt - Beim Landratsamt Böblingen liegt ein Widerspruch gegen die Weil der Städter Bürgermeisterwahlen am 2. und 16. August vor. Das bestätigt Benjamin Lutsch, der Sprecher des Landratsamts, unserer Zeitung. Helmut Epple, einer der neun Kandidaten, hat fristgerecht die Wahl angefochten. „Wir werden zeitnah über den Einspruch entscheiden“, kündigt Lutsch an.

 

Am 2. November sollte der Wahlsieger Christian Walter eigentlich als neuer Bürgermeister eingesetzt werden. Damit ist unklar, ob das möglich ist. Seine Arbeit wird er auf jeden Fall aufnehmen können, aber möglicherweise – falls das Verfahren dann noch läuft – zunächst als „Amtsverweser“. Damit hätte Walter zwar den Titel Bürgermeister, er hätte aber noch nicht alle Rechte. Zum Beispiel hätte er kein Stimmrecht im Gemeinderat.

Kampf für die Gleichstellung

„Wir prüfen die Vorwürfe und haben auch schon unsere Stellungnahme dazu abgegeben“, sagt Jürgen Brändle, der Hauptamtsleiter der Weiler Stadtverwaltung. Dass Helmut Epple Einspruch einlegen würde, hatten viele in Weil der Stadt erwartet. Er selbst sieht sich damit als Vorkämpfer für Gleichstellungsrechte. Zum Beispiel, schreibt er in seiner Begründung, widerspreche es dem Gleichbehandlungsgesetz, dass die Stadt sein Geburtsjahr veröffentlicht habe. „Das diskriminierte mich gegenüber jüngeren Bewerbern.“ Auch habe der spätere Wahlgewinner Christian Walter zu viele Wahlplakate aufgehängt. Außerdem habe Walter Wahlkampf auf Spielplätzen gemacht, was diese zweckentfremde. Und die Stadtverwaltung habe ihm Informationen vorenthalten, was ihn in seinem Wahlkampf behindert habe, sagt Epple.

Ob er sich damit in Wahrheit nur selbst profilieren will? Helmut Epple, früherer Arzt und heutiger Privatier mit Wohnsitz in Weissach-Flacht widerspricht im Gespräch mit unserer Zeitung: „Das ist nach Rutesheim erst die zweite Bürgermeister-Klage“, sagt er. „Es geht mir um Weil der Stadt, nicht um persönliche Animositäten.“

In der Tat erinnern die Vorgänge an Rutesheim. Schon bei der dortigen Bürgermeisterwahl im Februar 2018 war Helmut Epple angetreten, dann unterlegen. Und dann hatte er die Wahl angefochten. Auch Susanne Dornes war deshalb zunächst nur Amtsverweserin und konnte erst 15 Monate nach ihrem Amtsbeginn als Bürgermeisterin eingesetzt werden, nachdem das Verwaltungsgericht die Anfechtung abgewiesen hatte.

In Falle Weil der Stadts muss nun zunächst das Landratsamt entscheiden, ob es dem Widerspruch stattgibt. Epple fordert nämlich die Annullierung und Wiederholung der Wahl. Falls das Landratsamt den Widerspruch abweist, könnte Epple beim Verwaltungsgericht dagegen klagen – so, wie er es in Rutesheim getan hatte. Das scheint wahrscheinlich, denn schon in seinem Widerspruchsschreiben kündigt er an, notfalls vor den Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg und das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. „Die Gleichstellung bedarf dringend einer Klärung auf nationaler Ebene“, erklärt er unserer Zeitung.

Kosten hat er deshalb nicht viele. 200 Euro kostet der Widerspruch beim Landratsamt. Alles in allem, schätzt er, habe ihn das Verfahren in Rutesheim 450 Euro gekostet. „Rechtsanwälte verlangen von mir nichts“, behauptet er. „Es hat einen gewissen Werbeeffekt, einen Helmut Epple vertreten zu dürfen.“

Handfeste Auswirkungen

Christian Walter wäre dann vom 2. November an nur Amtsverweser. Dass das handfeste Auswirkungen haben kann, zeigt ein Fall in Villingen-Schwenningen. Mit 19 zu 18 Stimmen hatte der dortige Gemeinderat im Oktober 2019 den Klimanotstand ausgerufen. Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) durfte nicht mitstimmen, weil er nach einer Wahlanfechtung von Fridi Miller nur Amtsverweser war. Hätte er mit abstimmen können, hätte Roth mit seiner Stimme die Ausrufung des Klimanotstandes blockieren können – was er laut eigenem Bekunden getan hätte.