Politiker im Kreis Böblingen müssen sich für den Regio-Express stark machen, fordert Hans-Joachim Knupfer: „Jetzt brennt der Kittel“, sagt er.

Leonberg - Die „Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn“ (Baus) hat sich bislang für die Hesse-Bahn stark gemacht und stand damit – zwischen vielen kritischen Stimmen – an der Seite Calws. Ihr neues Projekt ist nun die Forderung nach einem Metropol-Express (MEX) auf der Nordschwarzwald-Linie, sagt Hans-Joachim Knupfer aus Leonberg.

 

Herr Knupfer, was wäre der Vorteil eines Metropol-Expresses?

Wir sehen Stuttgart 21 zwar eher kritisch, aber wir sind realistisch und müssen jetzt daran teilhaben. Sinn des Tiefbahnhofs ist ja, dass die Züge nicht in Stuttgart enden, sondern weiterfahren und die Region umsteigefrei miteinander vernetzen.

Wie könnte das konkret aussehen?

Im Konzept von Stuttgart 21 ist bislang ein Metropol-Express aus Tübingen geplant, der – Stand heute – in Stuttgart endet. Den könnte man also verlängern und weiter über Leonberg und Weil der Stadt nach Calw fahren lassen. So wären sogar drei Bosch-Standorte und der Flughafen Stuttgart umsteigefrei und attraktiv miteinander verbunden. In acht Minuten fährt man ja künftig vom Flughafen zum Hauptbahnhof und in einem Rutsch dann weiter zu uns, statt mit der ständig verspäteten S-Bahn, Umsteigen und Wartereien.

Gab’s das schon einmal?

Ja. Bis 1978 sind Eilzüge nach Weil der Stadt gefahren, danach kam die S-Bahn, die immer langsamer anstatt schneller wird. Jetzt kappt man uns die Zufahrt zum Hauptbahnhof ganz. Wir stehen vor der übelsten Entwicklung der Nordschwarzwaldbahn seit 150 Jahren. Das S-Bahn-System alleine ist wesentlich zu unattraktiv und jetzt schon überlastet. Wir brauchen den Metropol-Express, sonst wird die Verkehrswende auf der Achse nach Leonberg und Calw nicht stattfinden. Alle anderen Hauptstrecken nach Stuttgart haben ihn ja in Form des heutigen Regional-Express – nur unsere Achse, die immer wichtiger wird, nicht.

Lesen Sie hier: Bürgerinitiative fordert Regio-Express nach Leonberg

Mühsam haben sich Politiker darauf verständigt, die S 6 nach Calw zu verlängern. Ist das keine Lösung?

Eine Reisezeit von 60 Minuten von Calw nach Stuttgart, auch noch mit Umstiegen zwischen zwei S-Bahn-Linien bei jeder Fahrt, ist keine Zukunftsperspektive, sondern eine Drohung. Für gut 30 Kilometer Luftlinie ist das ein Witz. Jeder Autofahrer ist da schneller.

Für den Nordschwarzwälder Metropol-Express bräuchte es eine Gleisverbindung in Feuerbach, vielleicht muss man den Feuerbacher Tunnel erweitern. Das kostet viele Millionen Euro. Ist das wirklich realistisch?

Im Bereich Feuerbach wird sehr wahrscheinlich sowieso alles nochmals umgebaut, wegen des Deutschlandtaktes für den Fernverkehr. Da kostet ein zusätzlicher Abzweig Richtung Weil der Stadt Peanuts. Das ist unsere einmalige Chance. Dafür könnte man sich vorläufig die teure und aufwendige Elektrifizierung der Strecke nach Calw sparen. Duale Batteriezüge für den gemischten Betrieb sowohl mit Akku wie mit Direkteinspeisung unter Fahrdraht sind längst serienreif und stehen jetzt in ersten Großserien erfolgreich in Betrieb. Solche modernen Systeme könnte man auch auf der Linie Tübingen-Stuttgart-Calw einsetzen. Natürlich wird der Akku dann nur zwischen Weil der Stadt und Calw gebraucht, auf der übrigen Strecke fährt man wie üblich elektrisch unter der Oberleitung. Das wird bereits bei der Hermann-Hesse-Bahn so sein.

Wer muss jetzt handeln?

Der politische Adressat der Aktion ist eindeutig: Das Land bestellt zwar die Züge für den Metropol-Express, aber der Kreis Böblingen muss sich jetzt beim Land dafür engagieren, dass der Altkreis Leonberg ins MEX-Netz will und die Gleisverbindung zum Tiefbahnhof in Feuerbach zustande kommt. Im Kreis Calw hängen 30 000 Einwohner an unserer Strecke, im Kreis Böblingen aber mehr als 80 000. Eile ist geboten, denn das Land sondiert derzeit den Ausbau der nördlichen Zulaufstrecke zum Tiefbahnhof. Bisher aber – mangels Einsatz der Kommunen – geschieht das ohne Rücksicht auf die Nordschwarzwaldbahn. Jetzt brennt der Kittel.