Das Projekt „Stadt für morgen“ birgt viel mehr als nur Verkehrsfragen

Keine Frage: Der Blick auf den Neuköllner Platz im neuen Herzen Leonbergs kündet nicht von einer Urbanität, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Sie zeugt vielmehr von einer Stadtgestaltung der Siebzigerjahre, in der die Interessen der Autofahrer das Handeln der Planer gelenkt haben. Der Gedanke, dass der Bereich zwischen dem historischen Marktplatz und dem Leo-Center Qualität braucht, um ein Zerfasern der Innenstadt zu verhindern, ist damals niemanden gekommen.

 

Genau deshalb ist die Situation jetzt so, wie sie ist. Die Eltinger Straße ist eine Art Stadtautobahn. Der Neuköllner Platz und die Altstadt haben nichts miteinander zu tun. Beide führen ein Eigenleben, das ihnen nicht gut tut. Parallel dazu wurde, um eine weitere Sünde aus der Vergangenheit zu nennen, die Diskussion um eine Umfahrung oder einen Tunnel über Jahrzehnte verschleppt. So lange, dass es heute utopisch und letztlich auch nicht mehr zweckmäßig erscheint, den Verkehr ums Leonberger Zentrum zu lenken.

Die Netz-Kritiker haben gekniffen

Es ist müßig, weiter zu beklagen, was früher alles schiefgelaufen ist. Jetzt hilft nur noch der Blick nach vorne. Insofern ist die Initiative des Oberbürgermeisters, unter dem Motto „Stadt für morgen“ konkret eine Umgestaltung anzupacken, ein richtiger und wichtiger Schritt. Der von der Stadt organisierte Diskussionsabend hat gezeigt, dass für ein verkehrsberuhigtes Zentrum bei vielen Menschen große Sympathien vorhanden sind. Umgekehrt haben jene, die sich im Netz mächtig aufgeregt haben, bei der Debatte im richtigen Leben gekniffen.

In der Sache wäre es nun zu kurz gegriffen, aus einer autogerechten Stadt einfach nur eine fahrradgerechte Stadt zu machen. Ein zukunftsträchtiger Umbau bedeutet viel mehr: Die Aufenthaltsqualität insgesamt muss erheblich verbessert werden. Neben der Verkehrsproblematik gibt es viele andere Schwachstellen: Angefangen beim lange brachliegenden Postareal, das das Herzstück des oft genannten Brückenschlags zwischen der Altstadt und dem Leo-Center ist.

Jede Menge Baustellen

Optimierungspotenzial haben zudem das Reiterstadion und der sogenannte Festplatz an der Steinstraße. Ersteres gammelt vor sich hin, auf Letzterem wird einmal in der Woche ein Markt ohne jedes Flair abgehalten – ansonsten parken dort Autos. Und was mit der alten Schuhfabrik passiert, steht weiterhin in den Sternen.

Jede Menge Baustellen also, und über dem Ganzen steht die Kardinalfrage: Wie soll es überhaupt mit Leonberg weitergehen? Mehr Wachstum bringt mehr Bedarf an Wohnungen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen. Dass der Verkehr dann zunimmt, wird selbst bei großen Bemühungen nicht zu verhindern sein. Das Projekt „Stadt für morgen“ ist also nicht nur ein Berg, der erklommen werden muss, sondern ein ganzer Gebirgszug. Es ist gut, dass nun ernsthaft der Aufstieg angegangen wird.