So ist es in seinen Augen nicht die technologische Entwicklung, die die Weltwirtschaft lenkt, sondern es sind politische Entscheidungen. Beispielhaft nennt der 50-Jährige den Handelskrieg zwischen den USA und China, aber auch die Zölle in der Europäischen Union. Die Muskelspiele zwischen den Staatslenkern vergleicht Kooths mit Sandkastenspielen der Kinder.
Statt den Handel als Chance für beide Seiten zu begreifen, würde letztlich Machtgehabe verhindern, dass langfristig überall Wohlstand herrschen könnte.
China, das von vielen mit Argwohn betrachtet wird, ist für Kooths ein wichtiger Partner: „Es wäre viel intelligenter, wenn wir die Chinesen ihr Ding machen lassen und uns anpassen.“ Denn ohne einen wirtschaftlichen Austausch mit den emporkommenden asiatischen Staaten könne Europa ökonomisch nicht überleben.
Überauslastung der Produktion
Doch das ist nicht die einzige für viele Gäste in der Stadthalle überraschende Einschätzung des Referenten aus dem hohen Norden: Stefan Kooths widerspricht der These, dass Boom und Aufschwung zwangsläufig gut sind. „Ich möchte die Brisanz aus dem Begriff Abschwung herausnehmen“, sagt der Konjunkturforscher und begründet das wie folgt:
Ein Boom führe zu einer Überauslastung in der Produktion. Unternehmer wüssten oft gar nicht, ob nun tatsächlich ihr ureigenes Produkt am Markt erfolgreich ist, oder ob sie auf einer temporär positiven Welle surfen, die aber plötzlich jäh abebben könne.
Öffentliche Aufträge im Sinkflug
Das wiederum würde Firmenchefs dazu führen, Kapazitäten aufzubauen, die am Ende nicht erforderlich sind. Der Professor plädiert für eine kontinuierliche Stabilität, die der Sicherheit der Arbeitsplätze zugute komme: Wer angesichts boomender Aufträge schnell einstelle, könne auch schnell wieder entlassen müssen, wenn die Geschäfte nicht mehr so gut laufen.
Kooths bezieht seine Thesen nicht nur auf die Privatwirtschaft. Gerade die öffentlichen Aufträge „befinden sich im Sinkflug. Da brauchen wir dringend eine Verstetigung.“ Ein Appell an die zahlreich anwesenden Kommunalpolitiker.