Die fünf neuen Mitglieder im Gemeinderat ecken mit ihren Meinungen an – doch sie wollen dranbleiben.

Wimsheim – Sie sind die „Neuen“. Seit gut drei Monaten sitzen die fünf Vertreter der beiden Listen Wimsheim.Miteinander (WM) und Liste Bürgerinitiative (BI) im Gemeinderat. Bei der Kommunalwahl im vergangenen Mai hatten sie aus dem Stand fünf der zwölf Sitze geholt. Seitdem wälzen sie Vorlagen und Beschlüsse, versuchen sich so schnell wie möglich in das weite Feld der Kommunalpolitik einzuarbeiten. „Keine leichte Sache“, darüber sind sich die fünf einig. Doch sie wollen etwas verändern in ihrem Dorf, sehen den Kampf für mehr Bürgerbeteiligung als wichtige Aufgabe ihrer Arbeit.

 

„Wir dürfen nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden“, mahnt die BI-Rätin Sandra Beck-Lankocz. Das sei in der Vergangenheit schon passiert. Zustimmendes Kopfnicken von ihren beiden Listen-Kollegen, Holger Lehmann und Stefan Döttling sowie von Rita Boller und Frank Benzinger (WM). Die fünf fordern mehr Transparenz im Rathaus. Sie wollen, dass die Menschen bei Projekten, die ihr Örtchen für die Zukunft prägen, auch ein ordentliches Wörtchen mitzureden haben.

Es soll anders laufen als bei Hafner. Anderthalb Jahre hatten sie gemeinsam mit anderen Bürgern gegen die Ansiedlung der Pforzheimer Goldscheideanstalt gekämpft. Jedoch ohne Erfolg, die Firma baut längst im Wimsheimer Gewerbegebiet. Doch so ganz umsonst scheint der Widerstand wohl nicht gewesen zu sein. „Die Bürger hatten kein Vertrauen mehr in den alten Gemeinderat, das hat die Wahl gezeigt“, erklärt Holger Lehmann. Die Bürger wollten „frischen Wind“. Der BI-Rat erinnert sich an den Wahlsonntag: „Als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, das war ein Wechselbad der Gefühle.“ Lehmann ist stolz, nicht nur auf das Ergebnis. „Unser Wahlkampf war taktisch klug, das hat auch der Bürgermeister gesagt.“

Apropos Bürgermeister. Die Zusammenarbeit mit Mario Weisbrich empfinden die fünf nach eigener Aussage als schwierig. Er lege ihnen Steine in den Weg, erzählt einer. Und so richtig eingelebt scheinen sich die neuen Räte im Gremium auch noch nicht zu haben. „Der neue Wind bedarf bei allen Beteiligten noch der Eingewöhnung“, sagt Stefan Döttling. Dies fällt auf, besucht man die öffentlichen Gemeinderatssitzungen. Die Stimmung ist angespannt, der Ton zwischen „alten“ und „neuen“ Räten ist bisweilen mehr als rau.

Doch davon wollen sich Rita Boller, Sandra Beck-Lankocz und ihre männlichen Kollegen nicht abschrecken lassen. Sie verfolgen ihre Ziele, mit denen sie im Wahlkampf angetreten sind. „Wir wollen das Potenzial unserer Gemeinde nutzen und die Zukunft gemeinsam gestalten“, erklärt WM-Rat Frank Benzinger. Neue, moderne Wohnformen für ältere Menschen schaffen, Bürgerwerkstätten einrichten, alte Bausubstanz versuchen zu erhalten – das haben sie sich auf die Fahnen geschrieben. Ganz ohne Hafner geht es aber dann doch nicht. Rita Boller hofft, dass sie den Bau eines weiteren Technikgebäudes vielleicht noch verhindern können.

Was das Reizthema Ortsmitte angeht, wollen Holger Lehmann und die anderen nach wie vor wachsam bleiben. Die Bürgerinfoveranstaltung im November sei nötig gewesen. Der Gemeinderat habe erstmals erfahren, wie die aktuellen Pläne bei der interessierten Bevölkerung wirklich ankommen. Und den Bürgern sei zum ersten Mal nachvollziehbar erklärt worden, wie der aktuelle Bebauungsvorschlag entwickelt worden sei. Trotz alledem: „Konsens zu dieser Planung bestand innerhalb der anwesenden Bürgerschaft nicht“, sagen sie. Auch wenn die Verwaltung das im Amtsblatt berichtet habe.

Die Vertreter von BI und WM wollen dranbleiben, treiben ihre Forderung nach mehr Mitspracherecht weiter voran. Dass im Frühjahr erstmals nach Jahrzehnten eine Bürgerversammlung in Wimsheim stattfinden soll, vielleicht ist das ein erstes Etappenziel. Doch die kommenden viereinhalb Jahre werden arbeitsreich, für alle Beteiligten. Die einstigen Hafner-Gegner haben noch viele Papierberge vor sich.